Offene Grundrisse, Parkettböden und Multimediatechnik finden sich in vielen Neubauwohnungen. Die Ansprüche der Mieter sollen erfüllt werden.

"Wir bauen für unsere Mitglieder und nicht für einen anonymen Markt." Diese Aussage von Ingo Theel, Vorstandsmitglied bei der Baugenossenschaft Freier Gewerkschafter (BGFG), hatte schon vor hundert Jahren Gültigkeit, als die ersten Baugenossenschaften in Hamburg gegründet wurden. Damals bauten die Genossenschaften für ihre Mitglieder innovative Gebäude mit familiengerechten Grundrissen, elektrischen Anschlüssen, Toiletten in der Wohnung und anderen Neuheiten. Damit setzten sie in den Arbeiterquartieren, in denen Wohnungselend herrschte, ein deutliches Signal.

Noch heute sind Genossenschaftswohnungen aus der Gründungszeit beliebt. "Wir führen lange Wartelisten für unsere alten Wohnungen in der Neustadt", sagt Bernd Grimm, Vorstand bei der Allgemeinen Deutschen Schiffszimmerer-Genossenschaft. Innovativ und attraktiv sind Plänen zufolge auch die Genossenschaftshäuser, die derzeit errichtet werden. "In der Nachkriegszeit wurden viele Wohnungen gebaut, die heute nicht mehr in die Landschaft passen", sagt Ingo Theel. Diese Bestände werden entweder modernisiert oder abgerissen.

Mit den Neubauten, die auf diesen Grundstücken errichtet werden, positionieren sich die Baugenossenschaften neu, indem sie zu ihren Wurzeln zurückfinden und wegweisend bauen. Maisonettewohnungen, offene Grundrisse, Parkettfußböden und Multimediaverkabelungen finden sich in vielen Neubauwohnungen Hamburger Baugenossenschaften, um den Ansprüchen der Mieter gerecht zu werden. "Es muss für alle Mitglieder etwas dabei sein", betont Ingo Theel. "Ich nenne es 'lebensgerechtes Bauen'. Wir bauen für alle Phasen des Lebens und auch für die nächste Generation." Das Spektrum reiche von der kleinen "Starterwohnung" für junge Leute bis zur familiengerechten Wohnung mit bis zu sechs Zimmern, von der Staffelgeschosswohnung mit eigenem Fahrstuhl bis zur kleinen seniorengerechten Wohnung.

"Die Architektur muss nicht spektakulär sein", betont Ingo Theel. "Wichtig ist, dass man dort gern wohnt." Als Vorstand betrachte er einen Architekten-Entwurf auch unter der Frage, ob er selbst dort einziehen würde. "Und die muss ich dann mit einem Ja beantworten."

Einige Baugenossenschaften zeigen in der HafenCity, im Bavaria-Quartier auf St. Pauli und in anderen Szenevierteln Flagge, weil ihre Mitglieder dort wohnen möchten. Das erfordert angesichts der knappen Baugrundstücke mitunter kreative Lösungen. So bebaut die Hansa-Baugenossenschaft im Karolinenviertel ein lang gezogenes, schmales Grundstück, das man noch vor ein paar Jahren als unbebaubar bezeichnet hätte. Dazu Vorstandsassistentin Birgit Lenz: "Direkt hinter dem Gebäude steht die Hochgarage der Hamburg-Messe, sodass die Rückfront des Gebäudes fensterlos gebaut wird." Licht falle durch die großen Fenster an der Südseite des Hauses in die Wohnungen, die durch flexibel verschiebbare Wände nach vorne geöffnet und geschlossen werden könnten. In dem Haus entstehen auch sieben Maisonette-Wohnungen. Das Interesse an diesen Einheiten ist groß, obwohl die Miete zwischen zehn und elf Euro/m⊃2; kalt liegt. "Im Schnitt liegt unsere Miete bei sieben Euro", betont Birgit Lenz.

Ein ehrgeiziges Ziel hat sich auch der Bauverein der Elbgemeinden (BVE) gesetzt. "Wir bauen in Iserbrook Doppelhäuser für acht Euro pro Quadratmeter, in denen Familien mit mindestens zwei Kindern wohnen sollen", sagt Vorstandsmitglied Axel Horn. Diesen Preis konnte die Baugenossenschaft nur durch die Zusammenarbeit mit einem Systemhausanbieter erzielen. 30 bis 40 Häuser sollen in den nächsten Jahren entstehen. In der Grimm- und in der Andersenstraße baut der BVE Doppelhäuser mit je vier Wohnungen für besser verdienende Haushalte. Die Mieten liegen zwischen 9,50 und zehn Euro/m⊃2;. "Die unteren Wohnungen haben einen Garten, der mit einem speziellem Oberflächenverdunstungssystem für Regenwasser ausgestattet ist, wodurch die Bäume vier, fünf Wochen länger grün sind als normal", sagt Horn. Weitere Häuser seien in Planung.

Der Eisenbahnbauverein Harburg verfolgt unterdessen das Ziel, künftig nur noch Passivhäuser bauen zu wollen. Dazu Vorstandsmitglied Joachim Bode: "Wir setzen diesen Plan jetzt auf Grundstücken um, die wir auf dem freien Markt kaufen." Alle Passivhäuser sollen einen Fahrstuhl haben und seniorengerecht mit Dusche und Wanne ausgestattet sein. Der Eisenbahnbauverein gehört zu den Genossenschaften, die ihren Bestand angesichts der wenigen Baugrundstücke auch durch Ankauf von Häusern vergrößern wollen. So können Baulücken geschlossen werden und nicht mehr zeitgemäße Häuser durch einen Passivhausneubau ersetzt werden.

Eine "Baulücke" will auch die Baugenossenschaft Freier Gewerkschafter in Rothenburgsort schließen. "Derzeit prüfen wir, wie wir dieses Grundstück in Innenstadtnähe optimal nutzen können", sagt Ingo Theel. Wahrscheinlich werde in dem Neubau auch eine Wohnung entstehen, die eigens für studentische Wohngemeinschaften geplant sei. "Es gibt am Markt eine Nachfrage für solche Wohnungen, auf die wir flexibel reagieren wollen", sagt Ingo Theel.