Grün steht für Aufbruch und bringt einen Hauch Natur ins Haus. Rosa beruhigt, wie ein Projekt in der Schweiz beweist. Experten raten bei der Auswahl von Tönen, sich weniger von Trends leiten zu lassen und dem eigenen Gespür zu folgen.

Im Grunde ist es wie mit Kleidern: Man umgibt sich in den eigenen vier Wänden mit Farben, die einem zusagen und einem die gewünschte Atmosphäre verschaffen. Im besten Fall sorgen sie für eine gute Laune. Nach dem langen, kalten Winter sehnen sich die meisten von uns jetzt nach frischen, fröhlichen Farben.

Flure beispielsweise führen meist ein tristes Schattendasein. Wer seine Gäste freundlich empfangen und sich ein wenig die Natur ins Haus holen will, kann sich für ein zartes Grün entscheiden. Ein Vorschlag, der sich so nicht nur im Buch des Farbdesigners Kevin McCloud "Meine Farben. Aktuelle Farbkombinationen für individuelle Räume" (DVA, 19,95 Euro) findet, sondern auch auf der Webseite www.farbqualitaet.de , die neben zahlreichen Tipps für Hobbyhandwerker auch das virtuelle Spiel mit Farben ermöglicht.

"In der Tat vermittelt Grün Frische", sagt Sabine Brückner, Innenarchitektin mit Büro in Barmbek. Alljährlich beobachtet sie bei Kunden zum Frühling hin eine "Sehnsucht nach Aufbruch, ganz so wie in der Natur, nur dass dieses Bedürfnis in diesem Jahr besonders groß ist." Dabei gehe der Trend eher zu den hellen, feinen Farben. "Nicht das Knallige ist gefragt, sondern eher das Subtile", sagt Brückner und spricht damit auch die Materialität von Farben an. So gebe es Weißtöne, die durch die Hinzugabe von Perlmutt oder Lavendel, einen glänzenden oder leicht violetten Schimmer erhielten, der sich meist erst auf den zweiten Blick ergebe. "Bei dieser Form der Wandgestaltung wird das Raumklima gleich mit verändert", sagt Brückner. Ein Beispiel: Ein Raum in einer Kita sollte nicht nur farblich neu gestaltet, sondern von innen so gedämmt werden, dass der Lärmpegel im Raum gemindert wird. Brückner entschied sich für einen Baumwollstrukturputz, der an einer Wand halbhoch in Grün ausläuft, sodass der Eindruck einer Wiese entsteht. "Prompt haben die Kinder Blumen gebastelt und auf die Wand geklebt."

Zurzeit ist die Einrichterin dabei, ein Schlafzimmer zu gestalten, in dem das Höhlenmotiv erkennbar wird. Sie entschied sich für einen feinen Lehmputz in Cremeweiß mit Anteilen von Stroh. "Wenn das Material anschließend leicht ausgewaschen wird, wirkt die Oberfläche glänzend", sagt die Innenarchitektin. Gleichzeitig empfahl sie, das Bett im Fliederton mit Vorhängen und einem Teppich in Sandtönen zu umgeben. "Farben, die überhaupt sehr gut miteinander harmonieren", sagt Brückner.

Und was rät sie Kunden, die nicht wissen, welche Farben zum Einsatz kommen sollen? "Rausgehen, sich umschauen und fotografieren, was einem gefällt. Gemeinsam erarbeiten wir dann eine raumtaugliche Farbpalette", sagt die Hamburgerin. Grundsätzlich empfiehlt sie in Räumen, die viel genutzt werden, dezent mit Farben umzugehen. Bei Räumen, die eher kurzzeitig genutzt werden, kann man dagegen schon mal mutiger sein. "Von einem Gäste-WC in Dunkelblau, ohne natürliches Licht rate ich ab!", sagt Brückner.

Eine Empfehlung, der sich Farbgestalterin Claudia Birkenbach uneingeschränkt anschließt. Gleichwohl ist sie, ebenso wie Brückner, dagegen, Kunden Vorgaben bei der Farbwahl zu machen. "Auch, weil ich schon unzählige Male beobachtet habe, dass jeder instinktiv spürt, mit welchen Farben er sich umgeben möchte." Ein Beispiel: Die Architektin mit Zertifikat als Feng-Shui-Beraterin und als Farbgestalterin ( www.kraftraum.info ) beobachtet, wie eine Frau unschlüssig in einem Farbfächer hin und her blättert. "Als ich sie fragte, was sie da mache, erzählte sie mir, dass sie nicht wisse, wie sie ihre Büroräume gestalten solle. Alle würden ihr zu Beigetönen raten, aber eigentlich tendiere sie mehr zu Blau." Birkenbach stellte in der späteren Beratung fest: Die Farbe Blau gehörte längst zur Corporate Identity der Geschäftsfrau, da auch Visitenkarte und Webseite von ihr in Blau und Violett gestaltet waren.

In einem anderen Fall musste Birkenbach einer guten Freundin nur noch ein wenig auf die Sprünge helfen: "Sie wünschte sich einen Raum, der Energie ausstrahlt. Grundlage für die Planung war ein rot gehaltener Teppich, von dem sich meine Freundin magisch angezogen fühlte." Birkenbach entwarf im Rahmen einer Einrichtungsstudie drei Räume, unter anderem auch einen mit einer psychedelisch anmutenden Tapete. "Wie zu erwarten, entschied sich meine Freundin für ein warmes Wollweiß an der Wand." Kissen, Sessel und der besagte Teppich aber setzen die gewünschten Akzente in Rot.

Ein Fall, der zeigt, wie man sich Farben annähern kann. Auf eine ähnliche Methode weist Buchautor Kevin McCloud hin, in dem er rät, sich zunächst Kissen zu kaufen, ehe andere Dinge angeschafft werden und das Farbschema um sie herum aufzubauen. Noch eine andere Option eröffnet die Hamburgerin Petra Daniels-Abel mit ihren puristischen Lichtmöbeln ( www.xentelon.com ). Hier leuchten Glasflächen in den gewünschten Farbnuancen oder programmierten Lichtwechseln mithilfe moderner LED-Technik. Der Korpus der Möbel ist mit Klavierlack in Schwarz oder Weiß versehen. Idee dahinter: Sie sollen dem Licht als Reflexionsfläche dienen.

Zurzeit verhandelt die Ingenieurin und Interieur-Designerin mit Bang & Olufsen über eine Präsentation ihrer Möbel im Hanse Viertel. Interessenten können sich einen Eindruuck von der Kollektion aber auch bei der Hamburger Firma göpotec Gesellschaft für Licht und Elektrotechnik verschaffen. Sie produziert die Möbel (ab 2000 Euro) für die Designerin. Wie stark Farben unsere Psyche beeinflussen, zeigt eine Zelle in der Sicherheitsabteilung des Untersuchungsgefängnisses Pfäffikon (Zürich). Sie ist ganz in Rosa gehalten und kommt nur zum Einsatz bei randalierenden Häftlingen. Der Gefängnisleiter hat unlängst bestätigt: "Nach spätestens einem Tag in der rosa Zelle ist Ruhe." Hintergrund: In den USA wurde bereits vor gut 30 Jahren von einem Wissenschaftler belegt, dass die Farbe beruhigend auf aggressive Gefängnisinsassen wirkt. Nicht zuletzt deshalb wird "Baker Miller Pink" deshalb dort schon seit Längerem in Schulen für hyperaktive Kinder, im Strafvollzug und in Psychatrien eingesetzt.