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Hamburg. Wir sind 2002 in eine Wohnung einer freien Genossenschaft eingezogen, dafür haben wir Anteile erworben (pro m⊃2; 300 Euro). Nach Abschluss des Bauvorhabens zeigte sich, dass ein Teil unserer Einlagen nicht verbaut worden waren. 2007 stellte eine Gruppe von Mitgliedern den Antrag, die zu viel gezahlten Anteile auszuzahlen. Dieser Antrag wurde immer wieder vertagt. Zwischenzeitlich wurden Mängel in den Dachaufbauten festgestellt, die eine Totalsanierung in diesem Jahr erforderlich machen. Die Mitgliederversammlung hat nun entschieden, dass die zu viel gezahlten Anteile nicht ausgezahlt werden. Doch ist es rechtens, dass unser Geld ungefragt der Genossenschaft als Anleihe zur Verfügung steht, ohne dass wir dafür eine Gegenleistung erhalten haben? Bislang erhalten wir keine Dividende aus unseren Anteilen, alles ist in Rücklagen geflossen, die jetzt zur Sanierung der Dächer notwendig wird.

In einer Genossenschaft werden alle Entscheidungen von den Mitgliedern getroffen. Bei kleineren Genossenschaften geschieht dies im Rahmen der meist jährlich stattfindenden Mitgliederversammlungen. Bei größeren Genossenschaften wählen in der Regel die Mitglieder Vertreter, die dann die entsprechenden Beschlussfassungen vornehmen. Im vorliegenden Fall ist offensichtlich die Mitgliederversammlung der Genossenschaft mehrheitlich der Auffassung gewesen, einer Herabsetzung des Eigenkapitals nicht zustimmen zu wollen. Dieser Beschluss ist für alle bindend - auch für den Vorstand, dem es dann nicht gestattet ist, Auszahlungen vorzunehmen. Dasselbe gilt auch für die Dividende. Insofern müssen Sie hier Mehrheitsbeschlüsse akzeptieren. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass alle Mitglieder ein Interesse daran haben, dass ihre Genossenschaft wirtschaftlich stabil ist und über eine angemessene Eigenkapitalausstattung verfügt - und zu diesem Eigenkapital gehören auch die Anteile der Mitglieder.

Experte: Ulrich Stallmann, Mitglied im Arbeitskreis Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften.