Früh engagierte sich der Architekt für die Sanierung alter Mietshäuser im Bestand von Saga und Neue Heimat. Zurzeit beschäftigt er sich mit einem Anbau an die Fabrik in Altona.

"Ich wollte keine Hochhäuser bauen, ich wollte das Bestehende erhalten." Als junger Architekt betrat der 1944 geborene Ulf von Kieseritzky mit diesem Anspruch Neuland. In den Siebzigerjahren hatten Bauten aus der Kaiserzeit keine Lobby in der Baubehörde, wenn sie in traditionellen Arbeitervierteln standen. War ein Quartier zum Sanierungsgebiet erklärt, rückten unweigerlich Bagger mit Abrissbirnen an. Schon als Student hatte sich Ulf von Kieseritzky gegen diese Politik gewehrt.

In Ottensen, wo der in Leipzig und Köln aufgewachsene Architekt Ende der Sechzigerjahre lebte, gehörte er zu den Bewohnern, die in Initiativen verhinderten, dass das heutige Szeneviertel abgerissen wurde, um Platz für die Bürostadt City-West und einen mehrspurigen Autobahnzubringer zu schaffen.

Als Student an der Architektur-Fachhochschule und der Hochschule für bildende Künste hatte sich von Kieseritzky zusammen mit Kommilitonen das heute selbstverständliche Thema "Bauen im Bestand" mühsam erkämpfen müssen. "Wir haben als Studenten das Thema 'Instandsetzung und Modernisierung von Altbauten' selbst besetzt. Das gab es damals noch nicht im Lehrplan." Immerhin hatten die Bauinstitute es bereits entdeckt und auch schon umfangreiches Material erarbeitet.

In seiner Diplomarbeit konnte der gelernte Tischler seinen umfassenden Anspruch an Architektur anhand eines konkreten Projekts seinen Prüfern präsentieren. "Es ging um ein Haus in Ottensen, bei dem wir nicht nur die technischen und architektonischen Möglichkeiten erörterten, sondern auch die sozialen Aspekte mit einbezogen haben. Letztlich ging es ja um die Menschen, die dort lebten, und um die Quartiere, die erhalten werden sollten."

Mitte der Siebzigerjahre war es für junge Architekten schwierig, eine Anstellung zu finden. "Die Büros haben damals Mitarbeiter entlassen", erinnert sich von Kieseritzky. Und so ging er gemeinsam mit einem Studienkollege Klinken putzen. "Wir haben die Stadt, die Saga und die Neue Heimat von unserer Idee überzeugen wollen." Und sie hatten Glück. Sie durften einige Projekte für die Wohnungsgesellschaften erarbeiten, um zu beweisen, dass es sich lohnte, Gebäude zu erhalten. "Damals hatten 90 Prozent der Mietshäuser in Ottensen Gemeinschaftstoiletten im Treppenhaus", sagt von Kieseritzky. "Diese Häuser hielt niemand für erhaltenswert." Heute reißen sich Wohnungssuchende um Altbauwohnungen in Ottensen.

Ulf von Kieseritzkys Büro liegt in einem ehemaligen Gewerbebau in Ottensen. Sein erstes Büro, das er mit zwei Partnern betrieb, hieß GEMO (Gesellschaft für Modernisierung, Objektplanung und Stadtuntersuchung). Seit 1989 arbeitet er ohne Partner in seinem Büro "Architektonik von Kieseritzky" (AVK) - immer noch im gleichen Gebäude.

Der Begriff "Architektonik" verweist auf seinen allumfassenden Anspruch an Architektur und den Menschen, die in seinen Häusern leben und arbeiten. In Ottensen und anderen Stadtteilen hat er zahlreiche Gewerbebauten zu Wohn-, Kultur- und Bürohäusern umgewandelt - darunter der Kulturpalast in Billstedt, die Motte, die Werkstatt Drei, das Monsun-Theater und die Dosenfabrik in Ottensen. "Die Dosenfabrik und eine angrenzende Glaserei befanden sich in einem Hinterhof, und die Behörde wollte, dass die Glaserei abgerissen wird", erinnert sich der Architekt. "Wir haben sie gegen deren Willen erhalten und aufgestockt. Das Ganze ist aber gut gegangen, weil wir dafür einen Preis aus Bonn erhalten haben, mit dem der Bezirk sich schmücken konnte."

Verdichtung von Innenhöfen sei ein weiteres spannendes Thema, befindet der Hamburger Architekt, der in den vergangenen Jahren auch Bürgerhäuser, Kindertagesstätten und Stadtteilzentren zu seinen Entwürfen zählen kann. Derzeit plant von Kieseritzky einen Anbau an die Altonaer "Fabrik" mit einem Saal mit 150 Plätzen und einem Café. Er wird mit einer Stahlskelettkonstruktion über dem einstöckigen Hinterhof-Altbau, der erhalten bleibt, schweben.

Auch beim Umbau von Wohnhäusern kann der Architekt auf eine langjährige Erfahrung zurückblicken. So zählte Rudolf Augstein zu seinen Kunden.

Wie man historische Einzelhäuser erhalten und modernisieren kann, demonstriert von Kieseritzky am Beispiel eines alten Pastorats in Groß-Flottbek. Der Fachwerkbau wurde zu einem Wohnhaus mit mehreren Wohnungen umgebaut, die von einer Familie bewohnt werden. Die durchfeuchtete Bausubstanz musste restauriert und der Boden neu gearbeitet werden. "Um das Dach zu belichten und zu belüften, haben wir mit Zustimmung des Denkmalschutzamtes zusätzliche Gauben eingebaut."

Das Innenleben des Hauses zeigt eine Symbiose von modernen und alten Elementen. So wurden Galerien eingebaut und einzelne Fachwerkteile der Optik zuliebe freigelegt. "Es ist immer hilfreich, wenn der Bauherr eigene Vorstellungen hat, die man dann gemeinsam entwickelt", sagt Ulf von Kieseritzky.