Soziale Verantwortung ist ein Leitsatz. Mitglieder haben viele Möglichkeiten, gute Nachbarschaft zu leben. Ziel ist eine neue Form der Stadtgesellschaft, in die sich jeder einbringen kann.

"Wir haben einen Auftrag, und der heißt, wirtschaftlich zu denken und dabei in sozialer Verantwortung zu handeln." Holger Kowalski, Vorstandsmitglied des Altonaer Spar- und Bauvereins, ist überzeugt, dass Wohnungsbaugenossenschaften ihren Mietern einen Mehrwert bieten, der weit über das bloße Wohnen hinausgeht. Es gibt keine Genossenschaft in Hamburg, die nicht Freizeitaktivitäten wie Ausflüge, Skatrunden, eine soziale Betreuung und anderes mehr für ihre Mieter organisiert. So unterhält allein die Baugenossenschaft der Freien Gewerkschafter neun Nachbarschaftstreffs. So sollen Beziehungen gestärkt werden. Die Genossenschaften unterstützen solche Veranstaltungen nicht nur finanziell, sondern nutzen sie auch als Forum, damit Mitglieder und Vorstände zwanglos ins Gespräch kommen, betont Bernd Grimm, Vorstand der Allgemeinen Deutschen Schiffszimmerer-Genossenschaft (ADS). Seit 40 Jahren arbeitet er für die älteste Hamburger Baugenossenschaft und bemüht sich, den genossenschaftlichen Gedanken auch schon den Auszubildenden zu vermitteln.

"In Krisenzeiten, in denen Mieter erleben, wie kommunale Wohnungsunternehmen verkauft und soziale Angebote heruntergefahren werden, besinnen sich viele Wohnungssuchende auf die Sicherheit, die Baugenossenschaften ihren Mitgliedern bieten", sagt Iris Beuerle vom Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen. Viele Genossenschaften würden über gemeinnützige Stiftungen verfügen, die sie in ihrem sozialen Engagement unterstützten. Die Gesellschaft verändere sich, die Genossenschaften aber würden an ihren alten Werten festhalten. Dazu gehöre auch der Leitsatz "Mensch vor Rendite".

"Dieser Grundsatz ist wichtig, aber er greift nicht weit genug", befindet Holger Kowalski vom Altonaer Spar- und Bauverein. Der genossenschaftliche Gedanke könne auf Dauer nicht funktionieren, wenn er als Einbahnstraße praktiziert werde. Nachbarschaften müssten sich als Solidargemeinschaften begreifen und aktiv an der Entwicklung der Genossenschaft mitwirken. "Wir müssen zu unseren Wurzeln zurück, um auf die Herausforderung unserer Zeit angemessen reagieren zu können."

Die Bürgergesellschaft habe sich verändert, man fordere mehr Mitspracherechte und Mitbestimmung. Seine Baugenossenschaft habe neue Strukturen geschaffen, um Probleme mit den Mitgliedern zu lösen. "Wir wollen den Dialog stärken, indem wir Mitglieder an Planungen beteiligen", erklärt Kowalski. Außerdem sei es wichtig, dass eine Genossenschaft in ihrem Stadtteil vernetzt sei. So habe der Spar- und Bauverein mit dem Thalia-Theater eine Vorführung veranstaltet, in dem die Geschichte einzelner Mieter thematisiert wurde. Solidarität erfordere aber Engagement auf beiden Seiten, betont Kowalski. Nur Forderungen aufzustellen, sei zu wenig, sagt er und paraphrasiert John F. Kennedy: "Frag mich nicht, was deine Genossenschaft für dich tun kann, sondern was du für sie tun kannst?" Die Chancen, die das genossenschaftliche Wohnen biete, seien auch von der Politik erkannt worden, ist sich Iris Beuerle sicher und verweist auf das neue Recht, eine Genossenschaft schon bei drei Mitgliedern gründen zu können. Mittlerweile gäbe es an die 15 Kleinstgenossenschaften in Hamburg, die den solidarischen Gedanken schon aufgrund ihrer Größe lebten.

Neue Perspektiven eröffneten sich auch durch die Zusammenarbeit zwischen großen Baugenossenschaften und Baugemeinschaften. Auch das sei ein Beitrag zur Bildung einer neuen heterogenen Stadtgesellschaft. "Baugenossenschaften sind auch ihren wohlhabenderen Mitgliedern verpflichtet", betont Iris Beuerle. "Der Vorwurf, sie würden sich vom sozialen Gedanken verabschieden, wenn sie ein paar Wohnungen in der HafenCity bauen, ist bei einem Bestand von insgesamt 130 000 Einheiten in Hamburg absurd." Bernd Grimm von den Schiffszimmerern kann dem Engagement seiner Genossenschaft in der HafenCity zudem eine sentimentale Seite abgewinnen. "Ganz in der Nähe sind wir gegründet worden." Zurück zu den Wurzeln kann man auch im modernen Gewand finden.