Trotz Hürden - Hersteller sind in den Startlöchern.

Hamburg. Windkraftanlagen gehören mittlerweile zu den ausgereiften Technologien der umweltfreundlichen Stromgewinnung. Das Bild prägen allerdings bislang nur große Windräder. Doch Experten sind sich einig: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, kann Strom aus Wind auch in kleinem Maßstab zur lohnenden Alternative werden.

Thomas Endelmann, Sprecher des Bundesverbandes Kleinwindanlagen (BVKW) sieht in Deutschland ein großes Potenzial. "Die Entwicklung könnte durchaus dem Siegeszug der Fotovoltaik in den letzten Jahren entsprechen", sagt der Branchenkenner. Bis zu 700 000 Anlagen prognostiziert Endelmann bis zum Jahr 2020. Bis es aber soweit sei, müssten noch zwei große Probleme gelöst werden. Zum einen sei das die Frage der Genehmigungsverfahren, und zum anderen warte die Branche auf eine adäquate Einspeisevergütung für den mit Kleinwindanlagen produzierten Strom.

Als Kleinwindanlagen werden nach Definition des BVKW alle Windturbinen mit einer Leistung bis zu 300 Kilowatt bezeichnet. Bei den derzeit marktgängigen Anlagen für den Hausgebrauch liegt die Leistung allerdings zumeist unter zehn Kilowatt.

Obwohl die meisten der kleinen Strommühlen eine Gesamthöhe von zehn Metern nicht überschreiten, gelten in vielen Bundesländern die gleichen baurechtlichen Anforderungen wie für große Windkraftanlagen. "Man muss aufwendige Gutachten zu Vogelflug, Schallschutz und Standsicherheit einreichen", sagt Endelmann. Die Entscheider in den Bauämtern wüssten oft nicht, was zu tun sei.

Bislang haben nur wenige Bundesländer Kleinwindanlagen von der Genehmigungs- und Anzeigepflicht befreit. Dazu zählen Bayern, Baden-Württemberg, das Saarland und Sachsen-Anhalt. Anfang Februar 2010 ist nun auch in Schleswig-Holstein ein neuer Erlass in Kraft getreten, in dem unter anderem, abhängig von der Anlagenhöhe, die Abstandsflächen zu Grundstücksgrenzen geregelt werden.

Neben den baurechtlichen Unsicherheiten gilt die niedrige Einspeisevergütung als zweiter großer Hemmschuh, wenn es um den Durchbruch dieser Technologie geht. "Da Kleinwindanlagen im Energie-Einspeise-Gesetz EEG nicht gesondert behandelt werden, gilt dieselbe Einspeisevergütung, wie für Großanlagen. Und die liegt derzeit bei neun Cent pro Kilowattstunde. Damit lohnt die Investition kaum", erklärt Endelmann. Auch würde sich eine Kombination aus Windkraft und Fotovoltaik nicht rechnen, obwohl sie technisch sinnvoll sei. Strom aus Fotovoltaik werde aktuell mit 39 Cent pro Kilowattstunde vergütet. Sie wird ab Juli auf 33 Cent abgesenkt, wie am Dienstag von der Koalition beschlossen wurde. Trotzdem stehen zahlreiche Anbieter mit diversen Bauweisen und technischen Lösungen in den Startlöchern. "Auf dem Markt tummeln sich viele Enthusiasten mit einer Menge guter Ideen aber häufig zu wenig Kapital", so Endelmann. Besonders für den Aufbau funktionierender Serienfertigungen und Vertriebssysteme fehle es an Geld.

Der noch jungen Technologie zum Durchbruch zu verhelfen, hat man sich auch beim Energieversorger RWE vorgenommen. RWE Innogy GmbH unterstützt den britischen Hersteller Quietrevolution mit Risikokapital. "Ziel ist es, die Turbinen in die Serienproduktion zu überführen", sagt Unternehmenssprecher Konrad Böcker.

Bei dem aktuellen Modell qr5 handelt es sich um einen sogenannten Vertikalachser mit senkrechter Rotorachse. Die besondere Konstruktion kann Fall- und Wechselwinde gut aufnehmen und eignet sich damit auch für städtische Regionen. Ein erstes Pilotprojekt in Deutschland mit zwei Anlagen läuft seit Ende 2009 auf dem Dach des Essener Technologie- und Entwicklungs-Centrums (ETEC). Die fünf Meter hohen Rotoren haben eine Nennleistung von 4,2 Kilowatt bei einer Windgeschwindigkeit von elf Metern pro Sekunde. Je nach Windstärke erzeugen sie zwischen 3000 und 8000 Kilowattstunden Strom pro Jahr.

"Bislang sind diese Anlagen noch sehr teuer", sagt Böcker. Aktuell kosten sie je nach Ausführung etwa 40 000 Euro. "Erst wenn die Herstellungskosten auf die Hälfte fallen, wird eine größere Verbreitung möglich."

Den Sprung auf den deutschen Markt plant auch der amerikanische Anbieter Windtronics, ein Unternehmen des Honeywell-Konzerns. Das Modell WT 6500 ist mit 35 Dezibel vergleichsweise leise und damit auch für den Einsatz in Wohngebieten geeignet. Die Leistung liegt nach Herstellerangaben zwischen 2000 und 2750 Kilowattstunden pro Jahr. Mit einem Rotordurchmesser von gut anderthalb Metern kann die Anlage auf jedes Dach montiert werden. Windtronics baut derzeit ein Händlernetz auf, will ab 2011 in den hiesigen Markt einsteigen. Die Anlagen werden in den USA derzeit für etwa 6000 US-Dollar angeboten.