Wärmedämmung muss das Stadtbild nicht verändern, es gibt verschiedene Techniken und alternativen zur Außensanierung.

Hamburg. Es ist ein Dilemma: Die hohen Heizkosten und die seit Anfang des Jahres verschärfte Energieeinsparverordnung setzen viele Eigentümer unter Druck. Einerseits sollen Gebäude so wenig Energie verbrauchen wie möglich, andererseits sind die für Dämmmaßnahmen geeigneten Wärmedämmverbundsysteme in Verruf geraten, seitdem Kritiker befürchten, Hamburg verwandle sich von einer "roten Stadt" in eine "Stadt der Putzfassaden".

Doch der Architekt Jan Günther von der Arbeitsgemeinschaft Energetische Sanierung (Ages, www.ages-hh.de ) wiegelt ab, spricht ebenso wie der Bausachverständige Sven-Erik Dethlefs von einer "Klaviatur technischer Möglichkeiten", auf die man zurückgreifen könne.

Ähnlich sieht es Nicola Beck, Leiterin des EnergieBauZentrums, das Beratungen zu diesem Thema kostenlos anbietet. Die Dämm-Expertin stellt zunächst nüchtern fest: "Bei dieser Debatte stehen sich unterschiedliche Interessen gegenüber. Die einen stellen die Kosten und die Energieeinsparung an oberste Stelle, die anderen eher den Erhalt des Stadtbildes." Die kostengünstigste Variante, die Außenwände eines Hauses zu dämmen, biete aber das Wärmedämmverbundsystem mit Polystyrolschaumplatten und Putz. "Wegen der mangelnden Diffusionsoffenheit von Polystyrol kann man auch auf die Mineralwolle zurückgreifen, die zwar teurer ist, dafür aber bessere Eigenschaften aufweist", so Beck.

Darüber hinaus biete sich bei vielen Backsteingebäuden auch die Kerndämmung an. Dabei werde die Luftschicht zwischen zwei Mauerwerkschichten mit Perliten, Poystyrol-Kügelchen, Silikatleichtschaum oder Mineralfaserstoffen gefüllt. "Die Maßnahme ist vom Preis-Leistungs-Verhältnis sehr günstig, hat aber den Nachteil, dass deutlich mehr Wärmebrücken möglich sind als bei einer Außendämmung." Insofern sei letztere aus bauphysikalischen Gesichtspunkten immer zu bevorzugen.

Möglich sei auch eine Innendämmung bei sehr schützenswerten oder unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden. "Wer aber glaubt, gar nicht dämmen zu müssen, der irrt", sagt Beck. "Die Dämmwirkung von vor allem früher verwendeten Steinen ist schlecht." Und wer glaube, alles andere dämmen zu können, nur die Wände nicht, der laufe Gefahr, dass Feuchtigkeit an den kalten Wänden kondensiere und zu Schimmel führe.

Interessiert, die Diskussion zu versachlichen, ist auch Jan Günther von der Ages. "Wir würden nie auf die Idee kommen, das Hamburger Rathaus von außen dämmen zu wollen", versichert der Architekt. Dieses solle, ebenso wie schöne Gründerzeitbauten, erhalten bleiben. "Ich muss aber gestehen, um die vielen roten Backsteinbauten in Wandsbek oder Barmbek tut es mir weniger leid", sagt Günther. Dass mancherorts bereits "hässliche Putzfassaden" zu sehen seien, sei auch darauf zurückzuführen, dass diese Arbeiten nicht immer fachmännisch ausgeführt würden. "Es ist eine monotone Arbeit, die leicht auszuführen ist und deshalb auch nicht immer von Fachkräften vorgenommen wird", sagt Günther. Insgesamt zeige sich an diesen Arbeiten, dass jede Dämmung auch die Frage einschließe, was Eigentümer bereit seien zu investieren. "Bei den Häusern mit schönen Fassaden war es damals auch so, dass diese Eigentümer sich nicht scheuten, mehr auszugeben als notwendig." Diese Einstellung spiegele sich auch darin wider, wie sorgsam Maßnahmen geplant und vorgenommen werden. "Ich kann beispielsweise einen zugigen Altbau nicht vollkommen dicht machen, ohne dafür zu sorgen, dass die Entlüftung im Inneren weiter funktioniert", sagt der Dämmspezialist. Die DIN 1946 sehe deshalb bei solchen Maßnahmen den gleichzeitigen Einbau von kontrollierten Lüftungsanlagen vor.

Gleichzeitig spiegelt sich in der Dämm-Debatte auch das Kosten-Nutzen-Dilemma wider, wonach die Kosten für viele der Maßnahmen sich nur begrenzt auf die Bewohner umlegen lassen. Kleiner Lichtblick: Die Wohnungsbaukreditanstalt und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) fördern solche energetischen Maßnahmen. "Die verschiedenen Zuschüsse liegen oft zusammen bei 25 bis 30 Prozent der Gesamtkosten", so Günther.

Das Kosten/Nutzenverhältnis beleuchtet auch kritisch Sven-Erik Dethlefs ( www.sven-erik-dethlefs.com ), wenn er als Bausachverständiger hinzugezogen wird. "Ich habe kürzlich einer Eigentümerversammlung davon abgeraten, das Angebot einer Firma anzunehmen, die das Gebäude für viel Geld dämmen wollte", sagt der Architekt. Es sei erkennbar gewesen, dass die Maßnahmen nicht ausreichen würden, um das Haus dicht zu machen und dass zahlreiche Wärmebrücken entstehen würden. "Ich habe in diesem Fall zu einer Hydrophobierung der Fassade geraten, also zum Anstrich der Außenwände mit einer wasserabweisenden Farbe, und der gleichzeitigen Ausbesserung des schadhaften Mauerwerks und der Fugen." Die Feuchtigkeit werde so vom Gebäude ferngehalten, und die Räume blieben innen trocken. "Innen kann dann zusätzlich eine Kalzium-Silikatdämmung eingebaut werden", sagt der Bausachverständige. Oder auch eine Vakuumdämmung, die den Vorteil habe, erheblich dünner zu sein. Gerade bei schönen Fassaden seien diese Maßnahmen sinnvoll, da die Außenansicht auch den Wert einer Immobilie ausmache. "Im Grunde sind Gebäude wie Autos. Von einem Oldtimer verlange ich auch nicht, dass er nur drei Liter verbraucht", sagt Dethlefs.