Etwa 75 Prozent der deutschen Einfamilienhäuser sind mit Tondachziegeln, Dachsteinen oder Schiefer eingedeckt.

Immer häufiger auch mit Titanzink, denn das wartungsfreie und langlebige Material erlaubt Architekten mehr Gestaltungsfreiheit. Ausschlaggebend für die Wahl der Eindeckung ist bei der Mehrzahl der Hauseigentümer, wie eine aktuelle Infratest-Umfrage zeigt, Sicherheit, Langlebigkeit und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Umwelt- und Ökobilanz nimmt eher einen hinteren Platz ein. Doch das könnte sich schon bald ändern, wie Nachfragen bei Dachexperten in Köln und Hamburg zeigen.

Welches Material zum Einsatz kommt, obliegt jedoch nicht nur dem Zeitgeist und Geschmack, sondern auch der Neigung des Daches. Die Mehrzahl der Häuser in Deutschland verfügt über eine Dachneigung von 22 Grad und ist damit unproblematisch einzudecken. In Hamburg beobachtet Dachdeckermeister Marco Zahn, zugleich Sprecher der Dachdecker-Innung Hamburg, den Trend hin zum mediterranen Dach mit eher flacher Neigung. Insgesamt sei das vergangene Geschäftsjahr "super" gelaufen, wie er anmerkt. "Unser Betrieb in Bramfeld war zu 90 Prozent mit Dachsanierungen befasst." Vor allem junge Käufer von älteren Häusern wüssten ein dichtes Dach zu schätzen. "Denn Wärme steigt bekanntlich nach oben, und bei einem undichten Dach geht sie verloren."

Übrigens spricht man im Handwerk nicht von Dachpfannen, sondern unterscheidet zwischen dem Dachziegel aus Ton und dem Dachstein aus Beton, wie Manfred Gunkel, technischer Berater beim Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks in Köln, erläutert. Nach seinen Angaben kann man davon ausgehen, dass Dächer mit dieser Eindeckung eine Lebensdauer von 40 Jahren und mehr haben können. Marco Zahn kann sich daran erinnern, es auch schon einmal mit einem Dach zu tun gehabt zu haben, dessen Ziegel gut 90 Jahre gehalten haben. Die meisten Bauherren entscheiden sich indessen schon weit früher für eine neue Eindeckung, wenn nämlich Moos oder Flechten das einst freundliche Rot des Daches verdrängen.

Neue Herstellungsverfahren garantieren jedoch, dass Ziegel auch noch nach Jahrzehnten wie neu aussehen, insbesondere, wenn sie engobiert oder glasiert sind, die Oberfläche also veredelt wird. Gunkel gibt allerdings zu bedenken: "Eine Vermoosung mindert nicht den Nutzwert, sondern sollte als natürliche Patina des Ziegels gewertet werden." Spannender findet er da schon eher Arbeiten an der Entwicklung von Solarziegeln, insofern blickt er erwartungsvoll auf die vom 24. bis zum 27. Februar in Köln stattfindende Messe "Dach + Holz International". Auf der Messe werden Interessierte auch mehr erfahren können über das neue "umweltaktive Dach" von Hersteller Braas. Das Unternehmen wirbt damit, einen Dachstein entwickelt zu haben, der mit einer Stickoxid-reduzierenden Oberfläche versehen ist, und zwar mit Titandioxid. "Mit Hilfe von Sonnenstrahlen reduziert das in die Oberfläche des Dach-Steins eingebundene Titandioxid schädliche Stickoxide aus der Luft", heißt es bei Braas ( www.braas.de ).

Überhaupt spielt der Klimaschutz auf dem Dach eine immer größere Rolle. So vermeldet der Deutsche Dachgärtner Verband, dass jedes Jahr in Deutschland Millionen Quadratmeter Dachfläche begrünt und in Naturoasen verwandelt werden. Marco Zahn beobachtet dies vor allem bei Häusern aus den 70er- und 80er-Jahren mit Flachdach. "Hier greifen Eigentümer bei der anstehenden Sanierung immer häufiger auf die Begrünung zurück." Allerdings müssten solche Arbeiten von darauf spezialisierten Unternehmen vorgenommen werden.

Die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt begrüßt dieses Umdenken, räumt aber ein, dies noch zu wenig zu fördern. "Wir arbeiten aber daran", sagt Sprecher Volker Dumann. Immerhin präsentiere sich die Stadt 2011 als EU-Umwelthauptstadt, da passe die Förderung von begrünten Dächern gut ins Konzept. "Denn das Kleinklima profitiert von solchen Dächern, da auf diese Weise Feinstaub gebunden und Sauerstoff produziert wird." Nutzen daraus zieht aber nicht nur die Umwelt, sondern auch das Wohnklima. Räume sind im Sommer gut gekühlt und im Winter gut gedämmt, wie Studien zeigen.

"Ähnliche Vorzüge bietet auch das Wasserdach", sagt der Hamburger Architekt Heiner Limbrock, Partner im Büro bhl Architekten. Allerdings habe er sich vor gut zehn Jahren eher aus ästhetischen Gründen dafür entschieden, einen Neubau in Neumühlen, nahe dem Elbwanderweg, mit einem solchen Dach zu versehen. Die Idee dabei: Wer von oben auf das Dach schaue, soll den Eindruck gewinnen, das Wasser der Elbe spiegele sich auf dem Haus. "In Wirklichkeit sorgt eine ausgefeilte Technik und eine absolut saubere Abdichtung der Fläche dafür, dass immer etwa zehn Zentimeter des Daches unter Wasser stehen", sagt Limbrock. Würde er heute das Haus nochmal planen, würde er sich wieder für dasselbe Dach entscheiden, diesmal aber eher aus Gründen des Klimaschutzes. "Wasserdächer haben in der Architektur eine lange Geschichte", sagt der Planer."Und sie sorgen für ein angenehmes Wohnklima."