Die Ausstellung “Multiple City“ zeigt Stadtkonzepte für Hamburg aus den letzten 100 Jahren. Wären die Ideen Wirklichkeit geworden, sähe die Stadt heute völlig anders aus.

Die Visionen und Ideen von Stadtplanern und Architekten vom besseren Wohnen und Leben zeigt die Ausstellung "Multiple City - Stadtkonzepte 1908-2008//Hamburg", die im Rahmen des Architektursommers ab 15. Juli im Museum für Hamburgische Geschichte zu sehen ist. Anhand von Plänen, Fotos und Entwürfen werden historische und aktuelle Architekturideen aus Hamburg und aller Welt dort lebendig - von der Gartenstadt Helleraus über das Modell vernetzter Regionen in der Broadacre City von Frank Lloyd Wright bis zur digitalen Telepolis.

Eines der spektakulären Großprojekte, die den Hamburgern aber erspart geblieben sind, hatte der damalige Chef der Neuen Heimat, Albert Vietor, in Auftrag gegeben. Für das "Alsterzentrum" hätte der Stadtteil St. Georg bis auf einige Gebäude am Rande und zwei Kirchen vollständig abgerissen werden müssen. Der visionäre Entwurf sah den Bau einer halbmondförmigen Kette von sich pyramidenartig nach oben verjüngenden, bis zu 63 Stockwerke hohen Wohntürmen vor, die Platz für 20 000 Menschen geboten hätten. Die Hochhaussiedlung, neben der das Atlantic-Hotel wie ein winziger Spielzeugbau ausgesehen hätte, sollte zwei Milliarden Deutsche Mark kosten.

Aufgrund des heftigen Widerstands der Bürger, die statt der radikalen eine behutsame Sanierung des eng bebauten Viertels forderten, verschwand der Entwurf in der Versenkung.

"Stadtplaner neigen zur Hybris, die Stadt retten zu wollen", sagt Sandra Schürmann, die die Ausstellung konzipiert hat. Architekten planten gern so, als hätten sie völlig freies Feld, sie möchten architektonische Fehler der Vergangenheit ausmerzen und ihre Ideen von einer besseren Welt umsetzen. Die Wohn- und Lebensverhältnisse der gar nicht so fernen Vergangenheit boten dafür auch genügend Anlass. Denn in den eng bebauten Altstadtvierteln herrschten fürchterliche Wohnbedingungen, ohne Luft und Sonne, von den hygienischen Verhältnissen ganz zu schweigen. Die aufgelockerte Stadtplanung der 50er-Jahre und viele damals wegweisende Projekte wie die licht gebauten Grindelhochhäuser sind auch vor dem Hintergrund der krank machenden Lebensbedingungen der Vergangenheit entstanden, aber auch aus dem Bombenkrieg, der die engen, dicht besiedelten Wohnviertel zur Falle werden ließ. "Wir wollen Verständnis für die Stadt als historisch gewachsenen Raum wecken und dazu auffordern, sich mit den verschiedenen Strömungen und Moden der Architektur auseinanderzusetzen", sagt Projektleiterin Sandra Schürmann. Architektur stehe immer im sozialen und wirtschaftlichen Kontext der Zeit. Beispielsweise veränderte die Industrialisierung auch die Architektur. Siedlungen sollten nicht mehr neben qualmenden und rußenden Fabriken stehen. Die Idee, am lauten und schmutzigen Hafen zu wohnen, war früher geradezu absurd. Auch die kopfsteingepflasterten Hinterhöfe mit ihrem Kleingewerbe in Winterhude oder Ottensen, heute gesuchtes Umfeld für Kreative, waren damals keineswegs "in". Heute finden Wohnen und Arbeiten wieder zusammen, die Menschen zieht es wieder zurück in die Innenstädte und auch gern in unmittelbare Hafennähe.

Die Schau ist eine Übernahme aus dem Architekturmuseum der Technischen Universität München, die um Themen, die die Hamburger bewegen, ergänzt wurde: Gezeigt werden Entwürfe für die Stadtlandschaft, die Wiederentdeckung des Zentrums, der Umgang mit der Bautradition, neue und alte Konsumwelten sowie das Leben und Bauen am und mit dem (Hoch-)Wasser.

Zu der Ausstellung gehört ein umfangreiches Begleitprogramm mit Führungen, Vorträgen, Spaziergängen. Informationen dazu im Internet unter: www.hamburgmuseum.de sowie www.claussen-seggelke.de