Westlich des Kanals sind 230 Wohnungen geplant, am Ostufer Gewerbebauten mit Büros und Laboren. Investoren werden noch gesucht.

Seit Jahren macht man sich im Bezirksamt Bergedorf Gedanken, um ein rund 16 Hektar großes Gebiet in der Nähe der Bergedorfer City. Hier soll auf beiden Seiten des Schleusengrabens ein Wohn- und Gewerbegebiet entwickelt werden. "Die Fläche gehört zu den vergessenen Arealen mit Entwicklungspotenzial in Hamburg", sagt Bezirksamtsleiter Christoph Krupp. Stadtplaner wie Uli Hellweg, Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung (IBA) in Wilhelmsburg, sprechen von Metrozonen und meinen damit "Orte an inneren Stadträndern", die einen Beitrag zur Belebung der Stadtzentren leisten können, wenn man sie entwickelt.

Metrozonen sind ein IBA-Thema, und so hat die IBA auch für Bergedorf einen stadtplanerischen Wettbewerb ausgeschrieben. Gewonnen hat ihn das niederländische Büro "mecanoo architecten" aus Delft. Damit nimmt die Vision eines neuen Wohngebiets an den begrünten Ufern des 1442 gebauten Schleusengrabens konkrete Gestalt an.

Die Holländer haben eine Siedlung am Wasser im Grünen geplant, die sie "Schleusengärten" nennen. "Wenn alles gut geht, werden hier spätestens bis zum IBA-Jahr 2013 am Westufer 230 neue Wohnungen entstehen und am Ostufer Gewerbebauten mit Büros, Laboren und ähnlichen Einrichtungen", sagt Bezirksamtsleiter Krupp. Der Bezirk ändert derzeit den B-Plan, sodass in einem Vierteljahr Investoren gesucht werden können.

Der Entwurf von "mecanoo architecten" hat die Jury unter Vorsitz des Hamburger Architekten Prof. Bernhard Winking nicht nur wegen seiner städtebaulichen Konzeption überzeugt. Sie war auch davon angetan, dass er einen flexiblen Prozessverlauf des gesamten Baugeschehens mitliefert. Die ringförmige Anordnung der Baufelder um eine historische Fabrikhalle als Kern der "Schleusengärten" erlaubt es, sie nach und nach zu bebauen, ohne dass die noch nicht bebauten Flächen brach liegen. Sie können zwischenzeitlich anders als Grün- oder Parkflächen genutzt werden.

Auch erlaubt diese Anordnung, dass die strikte Trennung von Wohnen auf der einen Kanalseite und Arbeiten auf der anderen bei Bedarf aufgehoben werden kann. "Auch am anderen Kanalufer kann eine Wohnbebauung stattfinden, die dennoch räumlich vom Gewerbeteil getrennt ist", sagt die Architektin Karin Renner, die der Jury als zweite Vorsitzende angehörte. Diese Flexibilität haben die Holländer sich dadurch eröffnet, dass sie das Thema "Wohnen am Wasser" ernst genommen und die Wasserflächen entsprechend erweitert haben. Da das gesamte Areal als Einheit begriffen werden soll, wird eine Fußgängerbrücke beide Ufer miteinander verbinden. "Die niedrige ,Elfbrücke' aus dem Entwurf wird es aber in dieser Form nicht werden", sagt Bezirksamtsleiter Krupp. Eine Brücke müsse hoch genug sein, damit Barkassen und Alsterdampfer hindurchfahren könnten, die Bergedorf regelmäßig anlaufen. Für Fußgänger und Fahrradfahrer sollte auch der Wanderweg entlang des Kanals verlängert werden, damit die künftigen Schleusengärtner bequem in die City gelangen können, so Karin Renner. Zu Fuß sei der S-Bahnhof dann in gut zehn Minuten zu erreichen.

Grün soll die neue Siedlung auch dadurch werden, dass "mecanoo architecten" das Thema der Schrebergärten aufgenommen haben, die teilweise an deren Grenzen liegen. Rund um die historische Fabrikhalle sollen deshalb parzellenartige öffentliche Gartenflächen mit einem Gewächshaus angelegt werden. Auch der Bezirksamtsleiter ist von der Idee beeindruckt, das Schrebergartenflair in den "Schleusengärten" abzubilden. "Ich kannte bislang eher Vorstellungen, auf Schrebergartenflächen zu bauen", sagt Christoph Krupp. Positiv wertet der Bezirksamtsleiter auch, dass der Entwurf von "mecanoo architecten" keine bestimmte Architektur vorgibt. Vielleicht hören die Verantwortlichen des Bezirks auch auf den Rat des Jury-Vorsitzenden Bernhard Winking, der sich ein vom Hamburger Büro PPL geplantes gläsernes Bürohaus mit abgerundeten Ecken gut im Gewerbeteil der "Schleusengärten" vorstellen kann.

PPL hatte im Wettbewerb mit einem axial ausgerichteten Entwurf den zweiten Platz belegt. Das Gebäude, dessen Bau Winking vorschlägt, sollte im PPL-Entwurf zusammen mit anderen runden Gebäuden in einer begrünten Mittelachse stehen.

Nicht nur in Sachen Architektur ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Auch einige andere Fragen sind noch offen. Das Hauptproblem bei der Realisierung der "Schleusengärten" liegt darin, dass die ins Auge gefassten Flächen drei Eigentümern gehören. Östlich des Kanals ist die Stadt Hamburg Eigentümerin, westlich sind es private Eigentümer, mit denen der Bezirk sich ins Einvernehmen setzen muss. "Ein Eigentümer möchte seine Fläche anders nutzen", so Bezirksamtsleiter Krupp. Er ist aber zuversichtlich, dass sich im Interesse der Entwicklung Bergedorfs ein gemeinsamer Nenner finden lassen wird.