Von wegen von der Stange. Am Tag des Fertigbaus präsentieren Hersteller ihre oft außergewöhnlichen Musterhäuser. Werkshallen sind geöffnet

An diesem Sonntag ist es wieder so weit: Wer wissen will, wie zukunftsweisende Fertighäuser aussehen und produziert werden, sollte den Tag des Fertigbaus nutzen. In Norddeutschland können sich Baufamilien in Hannover, Celle und Nordhorn in Musterhausparks ihr eigenes Bild machen. Der Eintritt ist frei. Zudem wird ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm geboten.

Überzeugen wollen die 43 Mitglieder des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF) vor allem mit der hohen Energieeffizienz ihrer Häuser. Daher lautet das Motto in diesem Jahr: "Das individuelle und Energie sparende Haus." Wer es genau wissen möchte, kann auch hinter die Kulissen blicken: Einige Firmen öffnen ihre Werkshallen und geben Einblicke in die Fertigung. Gussek-Haus in Nordhorn gehört beispielsweise dazu.

"Vorfertigung bedeutet nicht Massenfertigung. Jedes Haus ist ein Unikat, das individuell für den Bauherrn entworfen wird", sagt Stephan Hörnschemeyer von Gussek-Haus. Musterhäuser seien lediglich eine Orientierung. "Sie dienen als kreativer Anstoß, gemeinsam mit unseren Architekten einen eigenen Entwurf zu entwickeln." Insofern nutze man den "Tag des Fertigbaus", um mit dem hartnäckigen Vorurteil aufzuräumen, bei diesen Immobilien handele es sich um "Häuser von der Stange".

Wie außergewöhnlich Fertighäuser sein können, sehen Besucher im Musterhauspark in Hannover Langenhagen. Er befindet sich in Nähe der Autobahn 7 und des Flugplatzes. Dort sticht sofort das eigenwillige Haus Sofron von Hersteller Streif ins Auge. Und das nicht nur wegen der ungewöhnlichen Form - hier wird ein Quadrat architektonisch mit einem Kreis kombiniert -, sondern auch wegen seiner Farbenvielfalt. Für die bunt schillernde Fassade zeichnet der Künstler Joan Sofron verantwortlich. "Das Haus ist mit Metall verkleidet - und zwar aus dem gleichen Material, aus dem auch Verkehrsschilder hergestellt werden", sagt Geschäftsführer Jörg-Achim Vette.

Kaum ein Besucher, der nicht neugierig einen Rundgang durch das Innere des Hauses unternimmt. Sie werden nicht enttäuscht. Denn auch hier bestimmen Quadrat und Kreis den Grundriss des Hauses, der zugleich die Regeln des Feng-Shui berücksichtigt. So liegt die Küche im "Feuerbereich" des Hauses. Das verglaste, runde Treppenhaus bildet das Zentrum, um das sich die Räumlichkeiten gruppieren.

Kunstvoll arrangiert und gestaltet sind die Eingangstür, die Fenster sowie die maßgefertigten Möbeln und Wanddekorationen. "Ein solches Haus kostet schlüsselfertig ohne Keller rund 600 000 Euro", sagt Jörg-Achim Vette. Andere Versionen dieses Typs könnten auch preiswerter ausfallen, wenn beispielsweise eine Putzfassade zum Zuge komme. Vom Entwurf über die Fertigung bis zur Montage und zum Einzug müsste man mit gut einem halben Jahr rechnen.

Auf einen Trend im Zeitalter der Patchworkfamilien reagiert indessen Gussek-Haus mit einem Entwurf für ein Zwei-Generationen-Haus. Das Ergebnis ist ein Gebäude, in dem Erd- und Dachgeschoss flexibel genutzt werden können. Die Mehrgenerationenfamilie kann innerhalb des Hauses umziehen, wenn die Situation es erfordert. "So können die hilfsbedürftigen Eltern im Erdgeschoss wohnen, und oben wohnt dann das junge Paar", sagt Stephan Hörnschemeyer.

Mit einem anderen Thema - Licht und Transparenz - hat Huf Haus sich auseinandergesetzt. 2011 steht für den Hersteller aus Hartenfels im Zeichen des Lichts. Große, dreifach verglaste Fensterflächen - eingebaut in ein puristisches und dennoch mit einer hoch effizienten Wärmedämmschicht versehenes Holzskelett - sorgen für helle Räume. In den Abendstunden schaffen intelligente Beleuchtungskonzepte schöne Lichtinszenierungen. "Die harmonische Liaison von natürlichem und künstlichem Licht ist uns sehr wichtig", sagt der geschäftsführende Gesellschafter Georg Huf. Gleichzeitig hat das Unternehmen das "green[r]evolution"-Konzept entwickelt, mit dem sich auch in Glashäusern eine hohe Energieeffizienz erreichen lässt. Die Vorschriften der Energieeinsparverordnung 2012, in der eine weitere Reduzierung des Energiebedarfs vorgesehen ist, wurden hier schon berücksichtigt.

Die Individualität eines Fertighauses beginnt für den Bauherrn mit der Wahl des Baustils. Vom konventionellen Eigenheimstil, der in jede Siedlung passt, bis zur modernen Stadtvilla gibt es eine breite Palette von Möglichkeiten. Angeboten werden rustikale Landhäuser, Bungalows, Häuser im skandinavischen, amerikanischen oder mediterranen Stil und solche mit großen Glasfronten oder anderen prägenden Stilelementen. Nicht anzusehen ist den Fertighäusern ihr Skelett aus Holz.

In der Werkshalle werden die einzelnen Wände gefertigt - in der Regel in der sogenannten Tafelbauweise. Sie sind bis zu 40 Zentimeter dick und, da sie mit modernen Dämmmaterialien gefüllt sind, ausgesprochen energieeffizient. Fertigung und Montage werden im Rahmen des brancheneigenen Qualitätssicherungssystems überwacht, wie der BDF hervorhebt. Unabhängige Prüfer besuchten mehrmals im Jahr Werke und Baustellen, wo die Montage in ein, zwei Tagen erfolge. Fertighäuser werden in der Regel ohne Keller angeboten. Es gibt sie schlüsselfertig oder als Rohbau für den Bauherrn, der den Ausbau selbst vornehmen will. Die "Muskelhypothek" ist für viele Bauherren Teil des Finanzierungskonzepts. Wie viele der im letzten Jahr verkauften 14 000 Fertighäuser schlüsselfertig übergeben wurden, ist statistisch nicht erfasst. Sicher ist dagegen, dass die Norddeutschen weiter skeptisch sind, ob ein Holzhaus im Küstenklima bestehen kann. Und das, obwohl sich Holz in Skandinavien als Baumaterial bewährt hat - hier werden 80 bis 90 Prozent der Häuser aus Holz gebaut.

Einblicke in die Grundlagen der Fertigbauweise gibt der Ratgeber "Moderne Fertighäuser - das große Bauherren-Handbuch", das der BDF auch aus Anlass seines 50. Geburtstages - der Verband wurde 1961 in Hamburg gegründet -herausgibt. Er kostet zehn Euro, umfasst 348 Seiten und informiert Bauherren auch über die wichtigsten Schritte beim Hausbau und bei der Modernisierung oder dem Umbau. Ein Serviceteil enthält Porträts der 43 BDF-Mitglieder mit Hausentwürfen.

www.tag-des-deutschen-fertigbaus.de