Der Hamburger Projektentwickler Dieter Becken will in Rothenburgsort bis zu 800 Wohnungen bauen

Wie die Zahl von 6000 Wohnungen, die laut Senat jedes Jahr in Hamburg gebaut werden sollen, zustande gekommen ist, weiß er nicht. Dieter Becken, der als Projektentwickler nicht nur zahlreiche bekannte Hamburger Bürogebäude gebaut hat, sondern auch rund 500 öffentlich geförderte Wohnungen in seinem Portfolio hält, macht eine andere Rechnung auf. "Wir erwarten in den nächsten zehn Jahren den Zuzug von 40 000 Menschen. Da nicht jeder als Single eine Wohnung für sich allein beansprucht, komme ich auf eine Zahl von 3000 Wohnungen." Davon will Becken 700 bis 800 Wohnungen bauen, die bis Mitte 2013 fertiggestellt sein könnten. "Ich werde einen dritten Fonds ins Leben rufen, der ausschließlich Wohnungsbau zum Ziel hat."

In Rothenburgsort sichert er sich derzeit einige Industrieflächen, Becken spricht von Industriebrachen, die "mehr als überfällig" und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze ungeeignet seien. Hier will er einen Mix aus öffentlich und frei finanzierten Mietwohnungen und Eigentumswohnungen bauen. Das Verhältnis soll 20:70:10 betragen. In den vergangen zehn Jahren wurden in Rothenburgs 275 neue Wohnungen gebaut. Beckens Baupläne würde die Anzahl der Wohnungen (rund 4550) um fast 18 Prozent steigern.

Gebaut werden können sie aber nur, wenn der Senat grünes Licht für die Umwandlung der Industrieflächen gibt. "Ich werde mich in den nächsten Tagen an den Wirtschaftssenator Frank Horch, den Bürgermeister Olaf Scholz und den Bezirksamtsleiter Hamburg-Mitte, Markus Schreiber, wenden, damit ich auf diesen Industriebrachen aktiv werden kann." Wohnungsbau sei Chefsache, hat Olaf Scholz im Wahlkampf verkündet, jetzt will Becken ihn beim Wort nehmen und eine politische Entscheidung erreichen. Denn im "Masterplan Elbbrücken" werden in Rothenburgsort aus Immissionsschutzgründen nur "kleinräumige Nachverdichtungsmaßnahmen in den heute bereits bestehenden Wohngebieten als städtebauliche Zielsetzung verfolgt und befürwortet", wie Susanne Meinecke, Sprecherin der Wirtschaftsbehörde, auf Anfrage mitteilt. Wohnungsbaupotenziale, die im Bereich des Huckepackbahnhofs und südlich der S-Bahn-Station Rothenburgsort lägen, ließen sich derzeit noch nicht quantifizieren.

Becken selbst hält das Thema, Industriebrachen zu Wohnquartieren umzugestalten, für zukunftsweisend für Hamburg. "Die Grundstückssituation für größere Bauprojekte ist in Hamburg desolat." Auf dem privaten Markt sei kaum etwas zu machen, sodass neben den Liegenschaftsflächen der Stadt nur die noch nicht bebauten Konversionsflächen von Post, Bahn und Bundeswehr infrage kämen - und "überfällige Industrieflächen".

Hier könnten bezahlbare Wohnungen entstehen, ist Becken überzeugt. Frei finanzierte Wohnungen seien, so sein Kalkül, für 10 bis 10,50 Euro netto/kalt pro Quadratmeter möglich. Damit sei man schon dicht bei jenen neun Euro, die als bezahlbar gelten. "Ob uns dies gelingt, wissen wir nicht, wir streben es aber an", sagt der Projektentwickler.

Die Kostenmiete liege in Hamburg je nach Grundstückspreis bei 14 und 15 Euro. "Wenn Senat und Bezirk eine höhere Dichte bewilligen, sinkt der Mietpreis", ist Becken sicher. Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sei die Herausforderung, der sich Investoren in Hamburg stellen müssten. "Uns fehlen keine Wohnungen an der Alster, die 1,5 Millionen Euro kosten oder 15 bis 20 Euro pro Quadratmeter", sagt Becken. Im Gegenteil, in diesem Segment zeichne sich bereits ein Überangebot ab.

Die Wohnungen, die in Hamburg künftig nachgefragt werden, müssten die gesamte Palette abdecken, von der Einzimmer- bis zur Fünfzimmerwohnung. Wegen der demografischen Entwicklung komme es auf den richtigen Mix an. So seien in den kommenden Jahrzehnten verstärkt kleine Wohnungen gefragt.

Wer mehr große, familiengerechte Einheiten bauen wolle, setze aufs falsche Pferd. Ansonsten macht sich der Entwickler um die Zukunft des Hamburger Wohnungsmarktes keine Sorgen. Optimistisch stimmen ihn Studien, wonach die Stadt nicht unter den negativen Entwicklungen der Bevölkerungsentwicklung zu leiden habe.