Die erste Bleibe nach Auszug der Kinder ist in der Regel nicht mehr als zehn bis 25 Kilometer vom Elternhaus entfernt.

Der Auszug aus dem Elternhaus ist ein großer Schritt in Richtung Erwachsensein. Meist ist es der Wunsch, auf eigenen Beinen zu stehen, der den Nachwuchs in die Welt hinauszieht. Doch jeder zweite "Nestflüchtling" hat sich eine Bleibe in der Nähe des Elternhauses gesucht und schaut auch nach dem Auszug noch regelmäßig im früheren Zuhause vorbei. Das ist das Ergebnis einer Umfrage von ImmobilienScout24 unter 1027 Teilnehmern.

Der Wunsch nach Eigenständigkeit und Privatsphäre sowie die Verlockung, in Zukunft mit dem Freund oder der Freundin Bett und Tisch zu teilen, sind die häufigsten Gründe, weshalb junge Erwachsene das elterliche Nest verlassen. Etwa ein Drittel der Befragten hat ein Studium oder eine Ausbildung an einem anderen Ort aufgenommen und war deshalb gezwungen, den Wohnort zu wechseln. Verschwindend gering ist der Anteil derjenigen, bei denen die Eltern den Auszug forciert haben.

Doch so sehr sich die jungen Erwachsenen auch nach Eigenständigkeit sehnen: Die Bequemlichkeit lässt sie nicht weit kommen. Wie die Umfrage zeigt, entfernt sich über die Hälfte der Befragten nicht mehr als 25 Kilometer vom Elternhaus. Die räumliche Nähe zu Mutter und Vater ist praktisch für alle, die sich von den Vorzügen der elterlichen Fürsorge nicht so recht trennen wollen. Immerhin gaben 27 Prozent der Befragten an, noch ein- bis dreimal die Woche bei den Eltern einzukehren.

Die Gründe für die Besuche sind dabei unterschiedlicher Natur. Während Töchter eher die Eltern einfach nur so oder aus Sehnsucht besuchen, geben Söhne meist praktische Beweggründe an: 30 Prozent sagten, sie kommen häufiger nur zum Essen, 21 Prozent wegen der Wäsche oder weil sie etwas Bestimmtes brauchten.

Die meisten Befragten (37 Prozent) haben ihre erste Wohnung zusammen mit ihrem Partner bezogen. Etwa ein Drittel hatte sich allein ein Domizil gesucht, nur elf Prozent entschieden sich für eine Wohngemeinschaft.

Die Ergebnisse der Umfrage decken sich mit einer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin veröffentlichten Studie des Soziologen Thomas Leopold von der Universität Bamberg. Auch er fand heraus, dass die Jugend trotz Auszug gern in Elternnähe bleibt. Meist sind es sogar nur zehn Kilometer, die zwischen früherem Zuhause und neuer Bleibe liegen. Besonders anhänglich seien wenig gebildete Jugendliche aus bildungsfernen und ärmeren Familien, heißt es in der Studie. "Selbst wenn es in der Region an Arbeitsplätzen mangelt, ist das für sie offenbar kein Grund, weiter weg zu ziehen", so Leopold. Das habe jedoch auch ökonomische Gründe. "Bildungsferne Eltern sind weniger in der Lage, die räumliche Mobilität ihrer Kinder mitzufinanzieren, als Eltern aus höheren Sozialschichten", so das Fazit.