Als "Schnitt durch die Stadt" hat man sie bezeichnet. Mit dem Bau der mehrspurigen Ost-West-Straße (heute Willy-Brandt-Straße und Ludwig-Erhard-Straße) in der Nachkriegszeit wurde die Altstadt in zwei Teile getrennt. Das nahmen die Stadt- und Verkehrsplaner angesichts des zu erwartenden Verkehrsaufkommens billigend in Kauf. Erste Pläne hatte es schon in den 20er-Jahren gegeben, doch hatte niemand es gewagt, mit der Abrissbirne eine Trasse zu schlagen. Nach dem Krieg standen dem Bau kaum noch Gebäude im Weg.

Zu beantworten war nur noch die Frage, wie die Gebäude aussehen sollten, die entlang der neuesten und modernsten Straße der Stadt entstehen sollten. Mit Hochhäusern hatte sich Hamburg stets schwer getan. Kein Gebäude sollte die Kirchtürme überragen. Drei der fünf Hauptkirchen lagen an oder doch nahe der Ost-West-Straße. In ihrer Nähe wollte man eine moderate Hochhausbebauung zulassen. So auch schräg gegenüber der zerstörten Nikolaikirche, wo die Reederei Hamburg Süd sich Ende der 50er-Jahre auf historischem Grund einen neuen Firmensitz bauen lassen wollte.

Der Grund war historisch, hatte hier doch der erste Hamburger Hafen gelegen. Er war aber auch problematisch. Um auf dem feuchten Boden bauen zu können, musste man tief gründen. Der Architekt Cäsar Pinnau, der für die Reederei auch schon Designentwürfe für Schiffsneubauten geliefert hatte, darunter die "Cap San Diego", baute das Hamburg-Süd-Haus deshalb in eine Wanne. Noch heute gilt das 15 Stockwerke hohe Gebäude am Nikolaifleet, das sich über einen lang gestreckten, zweistöckigen Flachbau erhebt, als eines der gelungenen Beispiele für Nachkriegsarchitektur in Hamburg.

In der Einladung zum Richtfest im Jahre 1963, in der der Architekt nicht erwähnt wurde, hob man nicht nur die moderne Haustechnik mit einer 700 Meter langen Rohrpost und modernen Fahrstühlen hervor, sondern auch die variable Grundrissgestaltung. Damit die Angestellten ungestört vom Verkehrslärm arbeiten konnten, waren die grün gefärbten Fenster fest in Aluminiumpfosten eingelassen worden. Grün erschienen die Fenster nur für Passanten, von innen sah man die Ost-West-Straße in natürlichen Farben. Für die Zeitgenossen war es ein hochmoderner Bau, heute ist es ein Klassiker der modernen Hochhausarchitektur. Noch steht er nicht unter Denkmalschutz, aber er wurde in die Liste der "erkannten Denkmäler" aufgenommen.