Der Architekt Sebastian Bolenz entwarf als Gegenentwurf zum Reihenhaus ein Stadthaus

Die Leidenschaft für den Wohnungsbau brachte der Architekt Sebastian Bolenz (44) aus New York mit. Dort hatte er als Student ein Jahr lang an der Columbia University studiert. "Mein Studienschwerpunkt in New York waren urbane Konzepte", erinnert sich der gebürtige Marburger, der sein Handwerk an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg gelernt hat. "Ich bin damals mit zwei Taschen nach Amerika geflogen und habe mir in dem Jahr auch nicht viel dazugekauft. Zurück in Hamburg, musste ich all die Sachen wieder einsammeln, die ich bei Freunden untergebracht hatte. Damals wurde mir klar, dass ich sie eigentlich gar nicht brauchte, und ich habe mich schnell von den meisten Dingen getrennt." Viele Menschen könnten ein gutes Drittel der Miete sparen, wenn sie sich von überflüssigen Dingen verabschiedeten, rechnet Bolenz vor.

Er selbst lebt mit seiner Frau in einer 53 Quadratmeter großen Wohnung im Schanzenviertel. Zwei Fragen beschäftigen den Architekten Sebastian Bolenz. Wie kann man auf einer überschaubaren Fläche ein Optimum an Wohn- und Lebensqualität in einer Großstadt verwirklichen? Und wie lassen sich die zwei Herzen "Wohnen in der Stadt und Sehnsucht nach einem Leben auf dem Land", die in vielen Städtern schlagen, in Einklang bringen? "Mein Thema ist das Wohnen in einem stadtnahen Umfeld. Ich entwerfe Wohnungen, die die Qualitäten eines Einfamilienhauses haben."

Die Antwort, die frühere Architektengenerationen mit der Entwicklung des Reihenhauses gefunden haben, überzeugt Bolenz nicht. "Die sind letztlich alle fantasielos nach dem gleichen Prinzip gebaut. Unten eine Küche und ein großes Zimmer, darüber zwei Zimmer und ein Bad." Selbst die begehrten Endreihenhäuser würden von diesem Prinzip nicht abweichen. Das Reihenhaus sei eine Wurst mit zwei Enden.

Das spiegelbildliche Sechsfamilienhaus, das Bolenz gerade in Berlin baut, habe dagegen vier Enden. "Bei den hohen Grundstückpreisen in der Stadt muss man zwangsläufig in die Höhe gehen und die einzelnen Wohnungen stapeln", erklärt Bolenz das Prinzip seines Stadthauses. "Unten gibt es zwei reihenhaustypische Wohnungen mit 120 m² Wohnfläche und kleinen Gärten. Darüber liegt jeweils eine 130 m² große Maisonettewohnung. Deren Gärten liegen auf den Dächern der beiden 80 Quadratmeter großen Endhäuser." Diese Endhäuser haben ihre Fensterfronten zu den Giebelseiten des Gesamtgebäudes. Ihre Bewohner können so uneingeschränkt die großen Gärten genießen. "So kann man kostengünstigen Wohnraum bei einem geringen Grundstücksverbrauch erstellen, der jedem Bewohner die Qualitäten Stadt und Garten bietet", sagt Sebastian Bolenz.

Ähnliches lässt sich kostengünstig auch im Altbaubestand umsetzen. Beispiel Uhlenhorst, wo Bolenz ein Stadthaus aus dem Jahre 1860 umgebaut hat. "Von der Struktur sind diese Häuser Einfamilienhäuser, tatsächlich aber werden die meisten von mehreren Familien bewohnt. Das ist, wenn man sie nicht umbaut, eine unbefriedigende Situation. Bei diesem Haus hingen die einzelnen Räume direkt an dem Treppenhaus." Die Aufgabe war, zwei klar getrennte Wohnungen zu definieren und räumlich aufzuwerten. Das Erdgeschoss mit Zugang zum Garten sollte vom Eigentümer bewohnt, die beiden oberen Etagen vermietet werden.

"Für den Eigentümer habe ich das Souterrain ausgebaut, hier sind Schlaf- und Kinderzimmer untergebracht. Sie sind jetzt vom Erdgeschoss aus durch eine eigene Treppe zu erreichen." Damit die obere Wohnung sich maisonetteartig über zwei Etagen erstreckt, musste der ehemalige Dachraum ausgebaut werden. Das Schrägdach zur Gartenseite wurde durch eine Außenwand ersetzt, über dessen Breite sich ein großes Fenster erstreckt, das komplett zu öffnen ist. "Im Sommer ein einmaliges Wohngefühl", schwärmt Bolenz. Da dies aber kein Balkonersatz sei, blieb nur die Option, einen Dachgarten zu planen - lange Auseinandersetzungen mit der Genehmigungsbehörde folgten.

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