Zunehmend schätzen Bauherren die ökologischen Qualitäten dieses nachhaltigen Baustoffes

Ein Haus aus Lehm? Das klingt nach längst vergangenen Zeiten - oder nach Kinderspielplatz. Beides ist falsch. Tatsächlich erlebt Lehm als Baustoff eine Renaissance. Und das nicht nur bei der Sanierung historischer Altbauten, sondern auch im Neubau. Bauherren, die sich für den jahrtausendealten, nachhaltigen Baustoff Lehm entscheiden, schätzen in erster Linie die ökologischen Qualitäten dieses Naturmaterials. Lehm verbessert das Raumklima, weil er Raumfeuchtigkeit aufnehmen und verzögert wieder abgeben kann und so die Luftfeuchtigkeit reguliert. Die Luft ist nicht zu trocken und nicht zu feucht. Besonders Allergiker können, so die Experten, in einem Haus mit Lehmwänden wieder durchatmen. Hinzu kommt, dass Lehm gute schalldämmende und wärmespeichernde Eigenschaften hat. Es lebt sich in einem Lehmhaus einfach gesünder.

Im Norden hat sich eher die Tradition des Ziegelbaus durchgesetzt

So ist es auch dem steigenden Trend zu nachhaltigem und ökologischem Bauen zu danken, dass die 4000 Jahre alte Bauweise derzeit eine Renaissance erlebt. Da bei der Herstellung des Rohstoffes kein Kohlendioxid anfällt und dem Lehm nur organische und mineralische Stoffe zugemischt werden und Lehm immer wieder verwendet werden kann, ist diese Bauweise klima- und umweltgerecht.

Anders als in Süd- und Ostdeutschland, wo einige Bauherren sich ihr Haus weitgehend mit Fußböden und Mauern aus Stampflehm oder Lehmsteinen bauen, wird dieser Baustoff im Norden jedoch überwiegend im Innenausbau verwendet. Der Baubiologe Friedrich Kerker vom Baufachhandel Mordhorst weiß warum: "Es gibt hier eine Tradition des Ziegelbaus, nicht zuletzt weil bei uns der Regen mitunter waagerecht runterkommt. Und das hält eine Außenwand aus Lehm nicht lange aus." Andererseits wird Lehm gern in der Denkmalpflege verwendet: Im Gegensatz zu den neuen Materialien kann der Baustoff alte Fachwerkwände natürlich konservieren. Er zieht Wasser vom Holz ab und hält so die Balken trocken, wie Handwerksmeister Gerd Meurer, 1999 ausgezeichnet mit dem Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege im Lehmbauerhandwerk, auf der Webseite seines Unternehmens "Natürliches Bauen" ( www.lehmbau.com ) hervorhebt. Außerdem eigne sich das Material ideal zum Ausgleichen der Unebenheiten, die für alte Gebäude so typisch sind.

Nässe ist jedoch die Schwachstelle vom Lehm. Will man Außenwände mit Lehmelementen bauen, muss man darauf achten, dass weder Regen noch Frost das Bauwerk schädigen können. Ohne große Dachüberstände, Spritzwassersockel und Isolierungen gegen aufsteigende Nässe, ist die ganze Pracht dem baldigen Verfall ausgesetzt.

Bauvorschriften weisen an, wie der Lehm beschaffen sein muss

Lehm ist nicht gleich Lehm. Er ist kein genormter Baustoff, jede Lehmgrube weist ihre Besonderheiten auf. Damit aus dem Lehm, wie man ihn aus der Grube fördert, ein Baustoff wird, muss er bearbeitet werden. Im Ausgangsmaterial gibt es neben Ton auch Füllstoffe wie Feinsand, Sand und kleine Steine. In den Bauvorschriften zum Lehmbau ist festgesetzt, wie der Lehm beschaffen sein muss, damit er als Baumaterial verarbeitet werden kann. Nach der Analyse des Naturstoffes wird er, bevor er in den Handel kommt, von den Herstellern aufbereitet. Es gibt fette und magere Lehmsorten. Die Bestandteile, die man nicht im Baustoff haben will, werden herausgefiltert, andere mitunter hinzugefügt, um ihm zu "magern" oder zu "fetten". Verbaut werden dann Produkte wie Stampflehm, Wellerlehm, Leichtlehm, Lehmmörtel, Lehmsteine und -platten. Letztere wurden entwickelt, um Lehm, der eine Trocknungszeit von mehreren Wochen benötigt, trocken verarbeiten zu können. Durch ein eingearbeitetes Glasfasergewebe werden sie zudem steifer und verwindungsfreier.

Feucht wird es aber immer, wenn Lehmputz verarbeitet wird. Auch er muss sorgfältig hergestellt werden. Dazu Maurermeister Christian Kaiser, der sich mit seinem Unternehmen "plan.eben" bei Hausbau und Sanierung auf ökologische Baustoffe spezialisiert hat: "Bei der Herstellung von Unterputz, Oberputz und Edelputz wird der Lehm zunächst gesiebt und von Kiesel und Sandresten gesäubert. Dann wird klein gehäckseltes Gerstenstroh untergemischt. Um es putzfähig zu machen, muss man vor der Verarbeitung noch 200 bis 250 Liter hinzufügen." Dieses Wasser muss nach der Verarbeitung wieder verdunsten. "Pro Millimeter Putzschicht muss man mit einem Tag Trockenzeit rechnen", sagt Friedrich Kerker. Da eine Lehmputzschicht bis zu vier Zentimeter dick sein kann und in mehreren Schichten aufgetragen werden muss, braucht der Bauherr genügend Zeit. Macht das Wetter nicht mit, dauert es entsprechend länger.

"Im vergangenen Winter hatten wir viele sehr trockene Tage", sagt Christian Kaiser. "An solchen Wintertagen kann die feuchte Luft schnell durch die Fenster abziehen, und die Wand trocknet mitunter schneller als im Sommer." Ist die Wand trocken, könne sie problemlos 20 bis 30 Liter aufnehmen, speichern und wieder abgeben. Diesen Speichereffekt wollte die Berliner Genossenschaft "Wohnen im Leuchtturm" in ihrem mehrgeschossigen Passivhaus am Prenzlauer Berg nutzen. Äußerlich sieht man dem modernen Haus in Stahlskelettbauweise nicht an, dass in ihm auch Lehm verarbeitet wurde. Der Lehm befindet sich in den Holztafelelementen, die der Fertigbauhersteller Haacke aus Celle geliefert hat. Dazu Alexander Range, Experte für Innendämmung bei Haacke-Haus: "Bei dieser kapillaraktiven Innenwanddämmung handelt es sich um eine Mischung aus Lehm, Kieselgur und Kork. Sie sorgt für Luftaustausch, gutes Raumklima und Entfeuchtung der Räume."

Berliner Genossenschaft baut Mehrfamilienhaus mit Lehm

Dieser sogenannte Wärmedämmlehm, den es schon seit 25 Jahren gibt, wird überwiegend bei der energetischen Sanierung von denkmalgeschützten Altbauten verwendet. "Mit ihm kann man die Gebäude von innen dämmen, ohne dass es zu Schimmelbildung kommt", erklärt Range. "In dem Berliner Neubau ist der Wärmedämmlehm verbaut worden, der dann auch noch mit Lehm verputzt wurde, um im Innenraum ein großes Feuchtespeichervolumen einzubringen, das das Raumklima positiv beeinflusst."

Grundsätzlich, so Friedrich Kerker, ist der Umgang mit Lehm ideal. "Aber er ist anspruchsvoll." Macht man beispielsweise mit Stampflehm einen Fehler, kann dieser später rissig werden. Bei richtiger Verarbeitung kann man seiner kreativen Fantasie jedoch freien Raum lassen. Friedrich Kerker gibt einen Tipp: "Lehm hat, je nach Fördergrube, unterschiedliche Färbungen. Wenn man für eine Wand aus Stampflehm unterschiedliche Lehme verwendet, kann man eine interessante, sedimentartige Struktur herstellen." Man kann den Putz auch bunt gestalten, dann tut Lehm nicht nur der Gesundheit gut, sondern auch den Augen. Zudem eignet sich das Material gut, um kreative Landschaften entstehen zu lassen, wie Workshops in Hamburg zeigen.

www.dachverband-lehm.de