Mobilfunkanbieter dürfen nach einem Urteil des Oberlandesgerichts München vorausbezahlte Guthaben ihrer Kunden nicht verfallen lassen. Die sogenannten Prepaid-Karten dürften ihren Wert auch dann nicht verlieren, wenn ein Kunde sie ein Jahr lang nicht neu auflade oder den Vertrag kündige.

MÜNCHEN. Nach einem Musterurteil dürfen so genannte Prepaid-Guthaben für Handys nicht mehr verfallen. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) München in einem Verfahren gegen den viertgrößten Mobilfunk-Netzbetreiber O2. "Das Urteil stärkt die Rechte der Millionen Handynutzer mit Prepaid-Verträgen", sagte Brigitte Sievering-Wichers von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "Mit diesem Urteil haben wir einen weiteren Sieg für den Verbraucherschutz im Telekommunikationsbereich erstritten."

Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von O2, wonach nicht genutzte Restguthaben nach einer bestimmten Zeit verfallen, seien nicht zulässig, lautete die Entscheidung des 29. OLG-Zivilsenats in zweiter Instanz. Eine Revision ließ das Gericht nicht zu, allerdings kann O2 noch über den Bundesgerichtshof (BGH) versuchen, dagegen vorzugehen.

Die meisten anderen großen Mobilfunk-Anbieter hätten ähnliche Klauseln zum Verfall von Prepaid-Guthaben, betonte Sievering-Wichers. Auch wenn das Urteil nur für das Unternehmen O2 gelte, sollten auch die anderen Mobilfunk-Anbieter die neue Rechtslage akzeptieren und freiwillig ihre Vertragsbedingungen rasch zu Gunsten der Kunden ändern. Allein bei O2 seien etwa 4,8 Millionen Prepaid-Verträge von dem Urteil betroffen. Dies zeige die bundesweit große Bedeutung der Gerichtsentscheidung.

Mit dem OLG-Urteil wurde eine gleich lautende Entscheidung des Landgerichts München I vom Februar dieses Jahres bestätigt. Danach ist unter anderen die Klausel unzulässig, wonach ein Prepaid-Guthaben nach 365 Tagen verfällt, sofern das entsprechende Guthabenkonto nicht binnen eines Monats durch eine weitere Aufladung wieder nutzbar gemacht wird. Auch nicht verfallen darf dem OLG-Urteil zufolge ein bestehendes Restguthaben bei Beendigung des Vertrages (Az.: 29 U 2294/06).

O2 hatte in dem Verfahren betont, daß ohne die Verfallklausel durch die Aufrechterhaltung von Verträgen inaktiver Kunden erhebliche Verwaltungskosten entstünden. Die Guthaben müßten registriert und dann auf Verlangen bis zum Ablauf der Verjährung ausbezahlt werden, dieser Aufwand sei unzumutbar. Auch sei oft nicht klar, wer überhaupt Einzahler des Guthabens sei, da gerade Prepaid-Handys oftmals nicht vom Erwerber, sondern von Dritten genutzt würden.

Schon das Landgericht München I hatte diese Argumente aber nicht gelten lassen. Der Kunde habe mit der Einzahlung des Guthabens eine Vorleistung erbracht. Die Verwaltung der Guthaben sei ein rein buchhalterischer Vorgang, der Verwaltungsaufwand sei dafür nicht unzumutbar hoch, hatte die dort zuständige Kammer im Februar entschieden. Im Übrigen sei klar, daß das Guthaben an den Inhaber des Handys zurückzuzahlen sei. Da es auch möglich sei, daß größere Guthaben über 100 Euro verfallen, liege eine unangemessene Benachteiligung des Kunden vor.

Dieser Auffassung des Landgerichts schloß sich nun auch der OLG-Senat ohne Einschränkungen an. Gegen das OLG-Urteil, dessen schriftliche Begründung erst in einigen Wochen vorliegen soll, wurde keine Revision zugelassen. Mit einer sogenannten Nichtzulassungsbeschwerde könnte O2 nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe binnen eines Monats beim Bundesgerichtshof (BGH) aber versuchen, doch noch die Möglichkeit eines Revisionsverfahrens vor dem zuständigen BGH-Senat zu bekommen. Die Erfolgsaussichten dafür werden in Juristenkreisen aber als gering eingeschätzt.