Berlin. Googles Pixel 2 ist die Konkurrenz zu Samsungs und Apples Topmodellen. In einer Kategorie hat das Smartphone die Nase jetzt vorne.

Mit einer gehörigen Portion Selbstvertrauen hat Google seine beiden neuen Smartphones Pixel 2 (799 Euro, ab 19.10.) und Pixel 2 XL (939 Euro, ab 19.10.) vorgestellt – als echte Alternative zu Samsungs und Apples Topmodellen. Wir konnten die Geräte vorab ausprobieren.

Der Test zeigt nun: Google ist zurecht stolz auf seine neuen Smartphones, denn sie haben der Konkurrenz vor allem eines voraus: schlauere Software.

Gehäuse

Bereits von außen haben sich die Geräte in eine positive Richtung verändert. Das kleinere Pixel 2 ist seiner Designsprache – etwa dem Glasstreifen auf der Rückseite – zwar treu geblieben, hat sich aber dennoch weiter entwickelt. Während das Metallgehäuse der ersten Ausgabe noch etwas gewöhnungsbedürftig aussah, kommt das Pixel 2 mit seiner farbigen Rückseite und dem schmaleren Glasstreifen deutlich gefälliger daher. Zudem ist die Oberfläche griffiger, was das Gerät im Vergleich zu vielen Konkurrenten (und auch dem eigenen Vorgänger) weniger rutschig macht. Nach wie vor ist der Fingerabdrucksensor auf der Rückseite platziert – anders als bei Samsung aber an gut erreichbarer Stelle.

Im Vergleich: das ältere Google Pixel Xl, das neue Pixel 2 XL und das Pixel 2.
Im Vergleich: das ältere Google Pixel Xl, das neue Pixel 2 XL und das Pixel 2. © Jan Mölleken | Jan Mölleken

Das größere Pixel 2 XL hat ein neues, etwas anderes Design – das liegt vor allem am modernen Display mit schmalen Displayrändern und runden Ecken. Das sieht insgesamt zeitgemäßer aus, zudem ist die Auflösung beim XL deutlich höher. Das Pixel 2 XL sieht vielleicht nicht atemberaubend aus, aber dafür modern, gut und auch ein Stück weit eigenständig. In der Hand liegt es genauso gut und sicher wie die kleinere Variante.

Display

Die Anzeige basiert bei beiden Geräten auf leicht unterschiedlicher OLED-Technik. Im von HTC gefertigten Pixel 2 steckt ein fünf Zoll großes AMOLED mit 1920 mal 1080 Pixeln, im von LG gefertigten Pixel 2 XL ein 6-Zoll-POLED-Display mit 2880 mal 1440 Bildpunkten. Beide Displays sehen hervorragend aus, die leicht unterschiedliche Displaytechnik macht in der Anzeige keinen sichtbaren Unterschied. Übrigens gibt es diesmal ein „Always-On“-Display, Uhrzeit und einige weitere Informationen werden also auf auf dem ausgeschalteten Bildschirm angezeigt.

So sehen die Displays der neuen Google Handys aus.
So sehen die Displays der neuen Google Handys aus. © Jan Mölleken | Jan Mölleken

Kamera

Hier kommen wir zum absoluten Glanzstück des Pixel 2: Auf dem Papier sieht die Kamera der beiden Geräte (sie ist jeweils identisch) aus, wie die von anderen Smartphone-Flaggschiffen auch: 12,2 Megapixel Auflösung, eine recht große Blendenöffnung (f/1,8) und ein Dual-Pixel-Autofokus. Nicht mal eine Doppelkamera bieten Googles Top-Geräte.

Den Unterschied macht in diesem Fall die Software: Schlaue Algorithmen sorgen dafür, dass jedes Bild gleich vielfach aufgenommen wird und die jeweils besten Pixel zu einem Gesamtkunstwerk zusammen geführt werden. Sicher, die anderen machen sowas häufig auch, Google macht es augenscheinlich aber einfach viel besser, denn die Bilder sehen umwerfend aus. Vor allem Schärfe, Detailauflösung und Belichtung beeindrucken – gerade auch unter schwierigen Lichtbedingungen. Schon das erste Pixel hat gerade in nächtlichen Szenen mit künstlicher Beleuchtung gepunktet, das Pixel 2 ist hier noch einmal spürbar besser.

Die neuen Pixel-2-Handys kommen mit einer Kamera aus.
Die neuen Pixel-2-Handys kommen mit einer Kamera aus. © Jan Mölleken | Jan Mölleken

Ebenfalls beeindruckend ist die Leistung im Porträtmodus. Hier wird ein Unschärfeeffekt vor und hinter dem Motiv nachgeahmt, der bei ausgewachsenen Kamera-Objektiven über eine besonders weite Blende erreicht wird. Smartphones berechnen die Unschärfe einfach. Während Apple, Samsung, Huawei und Co. für diesen Trick aber eine zweite Kamera benötigen – um die Tiefe des Bildes zu ermitteln und so zu berechnen, was im Bild scharf bleibt und was unscharf wird – schafft Google das mit nur einem Objektiv und den Dual-Pixeln des Kamera-Sensors. Das Ergebnis sieht nicht etwa nach einem technischen Kompromiss aus – es stellt vielfach sogar die Bilder der Konkurrenz in den Schatten. Die Portraits sehen sehr gut aus, der Verlauf von Schärfe und Unschärfe war im Test in den meisten Fällen sehr sauber und verlief so wie beabsichtigt.

Ebenfalls ausgezeichnet ist die Videoaufzeichnung: sowohl optische als auch digitale Stabilisierung sorgt auch bei ruckeligen Aufnahmen meist für butterweiche Kamerafahrten – gleichzeitig ist das Bild trotzdem scharf und gut belichtet, so wünscht man sich das. Dass nun mit Motion Fotos noch ein weiteres Konkurrenz Feature übernommen wurde, ist nicht spektakulär aber eine nette Dreingabe. Zusätzlich zum Foto wird dabei eine kleine Bewegtbildsequenz aufgenommen. Das kennt man von Apple als Live-Bild.

Keine Speicherprobleme

Wie auch schon beim ersten Pixel zeigt Google sich auch bei den neuen Geräten spendabel, was den Online-Speicherplatz angeht. Nutzer dürfen ihre Bilder unbegrenzt in Originalauflösung im Cloudspeicher von Google Fotos archivieren, Videos auch. Das dürfte erheblich dazu beitragen, dass Nutzer mit den 64 GByte Speicher der Einstiegsmodelle trotzdem gut zurechtkommen. Erweiterbar ist der Speicher leider nicht, die Pixel-2-Modelle mit 128 GByte Speicher kosten jeweils happige 110 Euro Aufpreis.

KI-Tricks

Eine Besonderheit beim Pixel 2 ist „Google Lens“: Das ist im Prinzip eine Verbindung von Google Bildersuche und dem Google Knowledge Graph: Nutzer können ihre Bilder auf Knopfdruck nämlich analysieren lassen – Google versucht also zu erkennen, was darauf zu sehen ist und dann passende Informationen dazu zu finden. Das soll vor allem bei Sehenswürdigkeiten, Plattencovern, Buchtiteln und ähnlichen Dingen funktionieren.

Im Test klappte das erstaunlich gut – sogar eine nicht weiter bekannte Eckkneipe wurde richtig erkannt – Google wusste auch die Kundenbewertung sowie die Öffnungszeiten. Hier ahnt man, wie die Zukunft des Smartphones aussieht: Ein Universalanalysewerkzeug, das zu Allem nützliche Infos bereit hält. Derzeit klappt es zwar nur für bestimmte Objekte gut – trotzdem liegt Google hier weit vor der Konkurrenz. Das beeindruckt.

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    Der Google Assistant ist natürlich ebenfalls an Bord und lässt sich durch festen Druck auf den Gehäuserahmen aktivieren – HTC hatte dies bereits früher im Jahr gezeigt. Eine weitere Besonderheit funktioniert übrigens völlig ohne Internetverbindung: die automatische Musikerkennung. So zeigt das Pixel 2 nämlich Musiktitel an, die in der Umgebung gespielt werden. Dabei greift das Gerät offenbar auf abstrahierte Schnippsel mehrerer zehntausend Songs im eigenen Speicher zurück.

    In der Praxis funktioniert die Erkennung nicht immer und mitunter dauert es über eine Minute, bis ein Titel angezeigt wird – doch das dürfte der Energie-Effizienz geschuldet sein. Oft genug aber funktionierte es gut. Dramatischen Batterieverbrauch konnten wir jedenfalls nicht messen – und mit der Zeit gewöhnt man sich an den kurzen Blick auf das Smartphone, um zu schauen, wie das Lied heißt, das da gerade im Hintergrund läuft. Sicher, Shazam kann das besser – aber oftmals ruft man die App einfach nicht auf, zudem benötigt die App zwingend Internetverbindung.

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      Fazit: Google demonstriert eindrucksvoll, was Android kann und wozu Dinge wie maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz bereits heute in der Lage sind. Wer vor allem auf die Kamera wert legt, kann ohne zu überlegen zum Pixel 2 greifen – wie das Prüfunternehmen DxO bereits bestätigte, ist die Kamera die derzeit beste am Markt, die attraktive Speichermöglichkeit auf Google Foto dürfte weitere Überzeugungsarbeit leisten.

      Doch auch sonst ist das Pixel 2 ein rundum gelungenes Smartphone, im Falle des – recht teuren – Pixel 2 XL sogar eines mit zeitgemäßer Optik. Wer auf derlei optischen Schnickschnack verzichten kann, bekommt mit dem kleineren Pixel 2 dieselbe Leistung und spart 140 Euro. Bedenkt man außerdem, dass das Pixel garantiert drei Jahre lang stets als erstes die neuesten Android-Updates bekommt, stellt sich für Nutzer, die sich jetzt ein Flaggschiff-Smartphone kaufen wollen nicht unbedingt die Frage, ob es das Pixel 2 sein soll, sondern eher, ob es echte Gründe gibt, es nicht zu tun.