Berlin. In Berlin inszenierte sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg als Popstar 3.0. Viele brennende Fragen der Zuschauer kamen aber zu kurz.

Die erste Frage kommt wie gerufen. Ein junger Mann, offensichtlich nervös und des Englischen noch offensichtlicher kaum mächtig, hat etwas auf dem Herzen: Ob es denn bei Facebook bald Live-Videos für alle geben soll, will er wissen. Das sympathische Gestammel bringt die halbe Halle zum Kichern, und auch Mark Zuckerberg muss sich erst einmal sammeln. „Ja“, sagt er dann, das solle es. Schon diese Veranstaltung würde auf Facebook per Livestream übertragen.

Spätestens jetzt ist das Eis gebrochen, und Zuckerberg darf aufdrehen. Vor dem Facebook-Chef sitzen rund 1000 junge Menschen, überall blinken die Bildschirme von Smartphones. Sie sind in die Arena in Berlin-Treptow gekommen, um Zuckerberg Fragen zu stellen. Wo sonst Partys und Konzerte stattfinden, steht heute der Popstar 3.0 auf der Bühne. Einige sind nur da, um ihr großes Idol mal live zu sehen. „Meint ihr, ob ich ein Selfie mit ihm bekomme?“, will einer wissen.

„Town Hall Meeting“, Bürgerversammlung, nennt Facebook diese Frage-Antwort-Runden, die am Freitag zum ersten Mal in Deutschland stattfindet. Das Event ist Teil einer zweitägigen Werbetour in der Hauptstadt und Zuckerberg liebt es dem Vernehmen nach, sich einem Teil seiner rund 1,5 Milliarden Nutzer in der realen Welt zu stellen.

Er hat genau eine Stunde Zeit

Selfies gibt es dann keine. Zuckerberg hat nur eine Stunde Zeit, er ist extra pünktlich gekommen, darauf achtet er nach eigener Aussage in Deutschland immer besonders. Das Event ist perfekt durchgeplant, die Fragen stehen bereits fest. Sie wurden vorab via Facebook eingereicht und ausgewählt. Die Frage, warum es bei Facebook so schwierig ist, Einstellungen der Privatsphäre zu ändern, hat es leider nicht in die Endauswahl geschafft.

Stattdessen wird Zuckerberg auch mit Frage Nummer zwei gerechnet haben, die ihm Informatiker Jonas Umland vom Potsdamer Hasso-Plattner-Institut stellt: Was gedenkt Facebook gegen die vielen Hasskommentare zu unternehmen? Nach welchem Prinzip werden sie gelöscht? „Hasskommentare haben keinen Platz bei Facebook“, stellt Zuckerberg erstmal klar, das Unternehmen habe dabei aber lange keinen guten Job gemacht. „Wir sind nicht perfekt“, gibt er zu, verweist aber gleich auf die 200 Mitarbeiter der Bertelsmann-Tochter Arvato, die sich in Berlin mittlerweile darum kümmern.

Zuckerberg sieht es als die Aufgabe von Facebook, bestimmte Gruppen zu schützen. Und in Deutschland seien dies seit einiger Zeit vor allem Flüchtlinge. Und dann war da ja noch dieses Gespräch mit Deutschlands „Premierministerin“ Angela Merkel. Die Kanzlerin hatte Zuckerberg während eines UN-Treffens auf das Problem mit den Hasskommentaren angesprochen, „das hat mir sehr geholfen“.

Gelungene PR-Veranstaltung

Zuckerberg wird sich in Deutschland jetzt an seinen Versprechen messen lassen müssen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat angekündigt, Facebook genau im Blick zu behalten. Zuletzt hatte der Würzburger Anwalt für IT-Recht, Chan-jo Jun, Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt, weil 200 gemeldete Hasskommentare nicht gelöscht wurden. Der Anwalt ist am Freitag in der Arena, er hätte Zuckerberg gerne gefragt, warum er sich nicht einfach an deutsches Recht hält.

Bei der Mehrheit im Publikum kommt Zuckerbergs Einsicht hingegen gut an, doch es wird die einzige Frage zum Thema bleiben. Wie überhaupt zu wirklich kritischen Angelegenheiten. Vielmehr darf Zuckerberg sich zum Leben als Vater äußern, zum Verhältnis von Tochter Max und Hund Beast. Und die eher scherzhafte Frage, was er als Chef von Twitter anders machen würde, beantworten. Eine gute Gelegenheit, um zu erklären, was er alles bei der Facebook-Tochter Instagram verbessert hat.

Spätestens bei der Frage, wie Facebook die Welt in Zukunft verbessern kann, wird klar, dass die PR-Abteilung einen guten Job gemacht hat. Zuckerberg darf jetzt alle Vorzüge seines sozialen Netzwerks preisen. Etwa den „Safety-Button“, mit dem Nutzer nach Terroranschlägen oder Naturkatastrophen angeben können, dass sie in Sicherheit sind.

Zuckerberg hält Filterblase für Mythos

Ernst wird es noch mal bei der Frage, wie Zuckerberg sogenannte Filterblasen verhindern will. Hintergrund ist der Vorwurf, dass der Sortier-Algorithmus von Facebook dazu führt, dass Nutzer nur einseitige politische Informationen vorgesetzt bekommen. Zuckerberg hält das für einen „Mythos“. 30 Prozent des Inhalts würden von Leuten erstellt, die eine andere Einstellung hätten. Ähnliches hatte bereits eine Studie bescheinigt – sie wurde übrigens von Facebook-Mitarbeitern durchgeführt.

Am Ende gehen die Meinungen auseinander. Einige loben Zuckerbergs Charisma, andere finden, dass er sich in vielen Dingen fein herausgeredet habe. Sie würden auf Facebook jetzt am liebsten den „Dislike-Button“ drücken. Aber den wird es nicht geben, das hat Zuckerberg zuvor noch verraten.