Bremen/Berlin. Henning Ziegler will die digitale Welt sicherer machen. Ein Actionfilm hat in dem Bremer den „guten“ Hacker geweckt.

Wilde Zahlen- und Buchstabenkombinationen flimmern über den Bildschirm. Henning Ziegler beobachtet und tippt in die Tastatur seines Laptops. Er gibt einen Befehl ein, dann ist er sich sicher: „Ich könnte den Rechner komplett übernehmen, wenn ich weiterarbeiten würde. Ich könnte mir alles ansehen, was darauf ist - Daten runterladen, Daten raufladen“, erklärt der 26 Jahre alte Informatikstudent. Er hat eine Sicherheitslücke in einem Computersystem entdeckt, die ihm den Zugriff auf einen fremden Rechner ermöglicht.

Schaden durch Hacker beträgt jährlich gut 51 Milliarden Euro

Ziegler hat die Aufgabe aus einem deutschlandweiten Hackingwettbewerb gelöst - bei der „Cyber Security Challenge Germany“ im September in Berlin dauerte das allerdings länger. „Es braucht Zeit, um zu erkennen, ob eine Lücke ausnutzbar ist“, sagt der junge Mann, der an der Universität Bremen seine Masterarbeit im Bereich IT-Sicherheit schreibt. Seit er im Team mit vier anderen Studierenden den vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Wettbewerb gewann, zählt er zu den besten deutschen Nachwuchshackern.

Der Bremer ist ein Hacker-Nachwuchstalent
Der Bremer ist ein Hacker-Nachwuchstalent © dpa | Carmen Jaspersen

„Ich möchte dem eigentlichen Angreifer zuvorkommen“, beschreibt der dunkelhaarige junge Mann in Jeans, Baumwollpulli und Turnschuhen sein Hobby, mit dem er bald Geld verdienen will. „Ich möchte die Lücke schließen, bevor ein anderer Schaden anrichtet.“ Den ersten Arbeitsvertrag für die Zeit nach dem Studium hat Ziegler bereits unterschrieben - als Software-Tester für eine Bremer Firma. „Es könnte sein, dass es später Richtung IT-Sicherheit geht“, sagt er. Dann würde er im Auftrag des Unternehmens Sicherheitslücken finden.

Was passiert, wenn kriminelle Hacker Schwachstellen finden, hat der IT-Branchenverband Bitkom ausgerechnet. Demnach beträgt der jährliche Schaden durch digitale Wirtschaftsspionage, -sabotage und Datendiebstahl in Deutschland rund 51 Milliarden Euro. „Von kriminellen Hackern geht eine große Gefahr aus“, sagt Bitkom-Sprecher Maurice Shahd. Umso wichtiger seien „gute“ Hacker. „Sie sind eine zusätzliche Qualitätskontrolle.“

Wie notwendig Nachwuchs für die IT-Branche ist, betont der Leiter des Instituts für Internet-Sicherheit an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen, Norbert Pohlmann. „Der Fachkräftemangel ist ein Riesenproblem“, sagt der Professor. Viele große Unternehmen suchten gute IT-Sicherheitsleute, die ihnen helfen können, Technologien sicherer aufzubauen, damit sie nicht gehackt werden können.

Actionfilm „Stirb langsam 4.0.“ weckte Hennings Interesse

Pohlmann sieht noch einen weiteren Grund für die Förderung von „guten“ Hackern. „Wir müssen uns in Zukunft darauf einstellen, dass Kriege übers Internet geführt werden. Andere Länder werden unsere Stromversorgung ausschalten, unsere Lebensmittelversorgung unterbrechen. Wir brauchen die intelligentesten Menschen, die uns helfen, das zu verhindern.“

Genau solche Szenarien weckten bei Ziegler das Interesse am Hacken. Als er sah, wie Kriminelle im Actionfilm „Stirb langsam 4.0.“ aus dem Jahr 2007 ein riesiges Computernetzwerk in den USA unter ihre Kontrolle bringen, wollte er wissen, wie Hacker arbeiten. „Das sah so cool aus“, erzählt er. Obwohl er schnell feststellte, dass die Darstellung übertrieben war, faszinierte ihn das Thema. Er lernte sechs verschiedene Programmiersprachen und bildete sich mit Übungen im Internet fort.

Dass die meisten Menschen bei dem Begriff Hacker an Kriminelle denken, wundert ihn. „Für mich ist ein Hacker Jemand, der sich dafür interessiert, wie Software funktioniert und wie man sie sicherer machen kann.“ Um bei Gesprächen falsche Assoziationen zu vermeiden, streut Ziegler deshalb ab und zu ein, dass er ein „guter“ Hacker ist.