Fifa 16 überzeugt mit Neuerungen wie Frauenmannschaften, neuer Kommentator und verbesserte Defensive. Doch lohnt sich der Kauf?

Alle Jahre wieder veröffentlicht EA Sports eine neue Version der bei Konsolen- und PC-Spielern beliebten Fußball-Simulation „Fifa“. Technische Neuerungen sind fast schon Standard, bessere Grafik und Spielphysik etwa, hinzu kommen nun aber neue Spiel- oder Trainingsmodi und veränderte Online-Varianten. Dies sind die Versuche der Entwickler, die Spieler von den neuen Versionen eines Spiels zu überzeugen, das bereits seit 1993 in den Regalen der Geschäfte steht.

Die Frage, die sich stellt: Ist es einfach nur ein Kaderupdate im Vergleich zur Vorgängervariante oder gibt es wirkliche Veränderungen und Verbesserungen? Und wie sieht es für HSV- und FC-St.-Pauli-Fans aus? Eines vorweg: Die Macher von EA Sports haben bei Fifa 16 wieder vieles richtig gemacht. Aus Hamburger Sicht bleibt aber noch Luft nach oben.

Frauenmannschaften und neue Ultimate-Variante

Erstmals dabei: Frauennationalmannschaften
Erstmals dabei: Frauennationalmannschaften © EA Sports | EA Sports

Zwei der größten Veränderungen, die beim ersten Durchklicken ins Auge fallen, sind die zwei neuen Spielmodi. Mit Fifa 16 hat EA Sports erstmals die Möglichkeit geschaffen Frauen-Nationalmannschaften zu spielen. Aus zwölf Frauen-Teams kann der Spieler oder die Spielerin wählen. Das Tempo im Spiel der Frauen ist merklich langsamer im Vergleich zu den männlichen Kollegen und auch die Räume auf dem Platz sind größer. Während sich das Torhüterspiel bei den Männern im Vergleich zu den Vorgängern deutlich verbessert hat, sind bei den Frauen die Torhüterinnen nach wie vor ein Unsicherheitsfaktor.

Ein weiterer veränderter Modi findet sich in der beliebten Spielvariante Ultimate Team. Dort können sich die Spieler mit Sammelkarten einen Kader zusammenstellen und sich Online gegen Mitspieler beweisen. Bislang war das Sammeln von starken Spielern zeitaufwendig oder mitunter ein teures Vergnügen. Mit dem „Draft Modus“, ähnlich wie bei US-Amerikanischen Sportarten, können nun schneller Topteams zusammengestellt werden. Aus fünf meist prominenten Profis suchen sich die Spieler nun jeweils einen für die jeweilige Position aus. Dabei muss darauf geachtet werden, ob die Spieler auch gut zusammenspielen können.

Doch für diesen Modi benötigen die Spieler entweder 15.000 virtuelle Münzen, 300 Fifa Points (rund 2,70 Euro) oder ein Draft-Token, der über die üblichen Packs gezogen werden kann.

Die angekündigte Neuerung im Saisonmodus fällt dagegen eher dürftig aus. Es wurde ein Trainingsmodus für die Spieler hinzugefügt, in dem fünf Spieler pro Woche mit den bekannten Minispielen trainiert werden können. Dabei kann der Spieler die Übung selbst durchführen oder simulieren lassen. Das Training eignet sich vor allem um Talenten noch ein Paar Fertigkeitspunkte anzueignen, bevor es auf den Platz ins Stadion geht.

Bessere Defensive

Lionel Messi ist wieder einer der besten Spieler
Lionel Messi ist wieder einer der besten Spieler © EA Sports | EA Sports

In Fifa 15 war es ein leichtes das gegnerische Mittelfeld und die Abwehrreihen mit einem hohen Steilpass zu überrennen. Dies ist nun nicht mehr so einfach möglich. Die Entwickler haben den Defensiven ein ordentliches Abwehr-Training verpasst. Die Verteidiger stehen besser und verschieben intelligent mit.

Allerdings lässt das Zweikampfverhalten zu wünschen übrig. Konnte in Fifa 15 noch gut der Ball abgelaufen werden oder der Gegner entschieden gestört werden, hilft im Zweifel nun nur noch die Grätsche. Die sieht zwar schön aus, um aber ein Foul zu vermeiden, ist Übung gefragt.

Zudem wurde das Dribbling entschärft. Sich den Ball schnappen und auf das Tor zusprinten klappt nicht mehr so einfach. Dafür gibt es nun die von EA „No Touch Dribbling“ genannte Ballführungs-Variante. Zu deutsch: Körpertäuschungen ohne den Ball zu berühren. Das klappt soweit ganz gut, wenn man Messi steuert. Wenn es nicht klappt, sieht es eher ein wenig komisch aus.

Das Spiel wirkt im Allgemeinen etwas langsamer. Die Konzentration liegt auf dem Mittelfeld. Das Mittelfeld muss nun mit intelligenten Pässen überwunden werden. Doch das ist gar nicht so einfach. Es häufen sich zu Beginn die Fehlpässe. Die Zuspiele fliegen nicht wie beim Vorgänger einfach so in den Fuß des Mitspielers. Das ist gut so, da so das Spiel realistischer wird.

EA hat zudem eine neue Passvariante eingeführt: Den Vollspannpass. Und diesen muss der Spieler erstmal trainieren und dosiert einsetzen, um den Ball gekonnt laufen zu lassen. Der harte Pass verspringt des Öfteren bei der Annahme, kann aber zum schnellen Überbrücken der Abwehrreihe eingesetzt werden.

Einen qualitativen Schub nach oben haben auch, wie bereits oben angedeutet, die Torhüter bekommen. Bei kurzen Pässen zu den Vorderleuten wird der Ball genauer gespielt. Haarsträubende Fehlpässe und Einladungen an die Gegner zum Toreschießen wurden minimiert. Auch glänzen die Schlussmänner mit tollen Paraden.

Die Ballphysik hat sich ebenfalls geändert. Sie soll noch besser berechnet werden, hat EA angekündigt. Und tatsächlich sehen die Fernschüsse nun schöner aus. Allerdings muss sich auch hier erst an die neue Physik gewöhnt werden. So war bei Fifa 15 ein längeres gedrückt halten der Schusstaste verboten, weil sonst der Ball weit über das Tor fliegt. In der neuen Version kann es nun schon mal passieren, dass aus dem Ball eher ein Rückpass als ein torgefährlicher Vollspannschuss wird.

Neuer Kommentator

Das Kommentator-Duo Frank Buschmann und Wolff-Christoph Fuss
Das Kommentator-Duo Frank Buschmann und Wolff-Christoph Fuss © EA Sports | EA Sports

Wer sich nicht lange mit dem Menü aufhält und sofort anfängt zu spielen, wird vor allem akustisch eine Neuerung mitbekommen. Nachdem in der Vorgänger-Version nur wenige Kommentare geändert wurden und quasi zwei Jahre das gleiche gesprochen wurde, bekommt das Spiel mit sky-Kommentator Wolff-Christoph Fuss einen neuen Sprecher. Frank Buschmann ist weiter als Co-Kommentator dabei.

In den ersten Spielen wirken die Kommentare authentischer, lebhafter und versprühen Bundesligaatmosphäre, wie sonnabends auf dem Sofa. Doch wer sich länger mit dem Spiel beschäftigt, dem fällt spätestens nach einer Saisonhinrunde auf, dass die anfangs gefühlte Euphorie über neue Kommentare schnell verfliegt. So ist fast jeder zweite Treffer ein „Traumtor“ oder eine missglückte Flanke weiter eine Art „Kullerball“, bei dem der Torhüter keine Probleme hat. Dennoch ist das Zusammenspiel der beiden Kommentatoren ein Schritt in die richtige Richtung. Und auch auf die „flotten“ Sprüche, wie etwa der Flanken-Hinweis zu Basketball-Star Kareem Abdul-Jabbar, wurden stark reduziert.

Authentizität ist ein wichtiger Faktor in dem ewigen Kampf der Fifa-Macher gegen den japanischen Hersteller Konami und dessen Pro Evolution Soccer (PES). Im Gegensatz zu PES hat Fifa die Lizenzen für die Erste und Zweite Bundesliga, was in Deutschland sicherlich für viele Spieler ein triftiger Grund ist, das Produkt aus dem Hause EA zu kaufen. Zudem gibt es die gewohnte Bundesliga-Melodie und auch Anzeigen wie etwa der Tabelle in Bundesliga-Optik. Und wirklich authentisch ist dann auch die neu eingeführte Torkamera oder auch das Freistoßspray, dazu dann auch passend der Kommentar zu Spielern, die sich aus der Mauer schleichen wollen.

Zweiklassenunterschied

Doch wie sieht es aus Hamburger Sicht aus mit einem authentischen Fußball-Gefühl. Es gibt ein zweigeteiltes Fazit. Es ist ein tatsächlicher Klassenunterschied nachweisbar.

Stadion: Während der HSV im Volksparkstadion spielt, ist das Millerntor-Stadion des FC St. Pauli nicht unter den 50 lizenzierten Stadien zu finden. Immerhin: das Stadion Ivy Lane ähnelt ein wenig dem Stadion der Kiezkicker. Neu dabei ist der Borussia-Park aus Mönchengladbach. Das Gladbachstadion ist somit eines von sechs Spielstätten aus der Bundesliga. Noch dabei sind die Allianz Arena des FC Bayern München, das Olympiastadion in Berlin, der Dortmunder Signal Iduna Park und die Veltins-Arena auf Schalke.Wer dagegen in der Premier League spielt, der wird in den Genuss aller Stadien kommen.

Atmosphäre: Auch hier zeigt sich, dass die Macher sich auf die Erste Bundesliga konzentriert haben. Das Volksparkstadion wirkt durch die Fangesänge sehr real. Beim FC St. Pauli fällt dagegen auf, dass die Fans im Spiel lediglich ein Lied kennen und dieses immer und immer wieder wiederholen. Wer als Gast oder Fan einmal am Millerntor war, wird dies fast als Affront verstehen. Immerhin über 900 verschiedene Fangesänge hat Fifa weltweit aufgenommen und im Spiel untergebracht. Und diese wirken dann in der Tat äußerst realistisch. Vielleicht eine Frage der Zeit bis die Fans der Boys in Brown in den Genuss von weiteren Fangesängen kommen. Gänsehaut kommt beispielweise beim FC Livepool und dem Klassiker: „You’ll never walk alone“ auf.

Spieler: Während bei Spielern wie Lionel Messi jedes neue Tattoo lebensecht nachempfunden wurde, sind beim Zweitligisten FC St. Pauli zum Teil die Spieler nicht zu erkennen. Klar ein Marc Rzatkowski ist an den wasserstoffblonden Haaren zu erkennen. Aber wer in den vielen Einspielern von Chancen versucht Sebastian Maier oder Lasse Sobiech zu identifizieren, der wird scheitern. Beim HSV dagegen ist zumindest das Erkennen weniger das Problem. Deutlich realistischer sehen aber eben die Topspieler der Champions-League-Teilnehmer aus. Insgesamt haben die Entwickler nach eigenen Angaben 350 neue Gesichter eingearbeitet.

Fazit

Alles in allem ist Fifa 16 eine deutliche Verbesserung zum Vorgänger. Die Neuerungen im Spielaufbau und die erschwerte Spielweise sind toll. Auch das neue Kommentator-Duo überzeugt. Die Wiederholungen werden verziehen – es ist nun einmal kein Livekommentar. Die Authentizität hat nicht nur durch das Freistoßspray deutlich an Qualität hinzugewonnen. Es ist eine schöne Fußball-Simulation.

Dennoch fallen weiter einige negative Aspekte, wie die erschwerte Zweikampfführung, die mitunter nicht zu erkennenden Spieler in den unteren Ligen oder der wenig veränderte Karrieremodus auf. Es bleibt aber die Hoffnung, dass EA Sports mit Fifa 17 auch diese kleinen Fehler ausmerzt.

Bleibt noch die Beantwortung der Frage, ob sich der Kauf im Vergleich zum Vorgänger lohnt. Ja, die Verbesserungen sind eindeutig ein Kaufgrund, wenn auch für Fans der Zweiten Bundesliga einige Abstriche gemacht werden müssen. Wer über die kleineren Fehler hinwegsehen kann dürfte mit Fifa 16 ein weiteres Jahr Fußball-Spaß haben.

Spiel: Fifa 16

Entwickler: EA Sports

Plattformen: Xbox One, Xbox, PS4, PS3, PC

Preise: 69,99 Euro (Konsolen), 59,99 Euro (PC)