Softwarekonzern bringt neue Windows-Version und erstes eigenes Tablet auf den Markt – Rivalen Apple und Google haben bereits Jahre Vorsprung im Mobil-Segment

Berlin. Neues Design, neue Technik und vor allem neue Geräte – mit der aktuellen Version seines Windows-Betriebssystems will der Softwarekonzern Microsoft den Schritt in die mobile Technik-Zukunft schaffen. Eine „magische Erfahrung“ versprach Konzernchef Steve Ballmer den Nutzern bei der offiziellen Vorstellung von Windows 8 am Donnerstag in New York. Die Software bringe „das Beste aus allen Welten zusammen – PCs und Tablets, Arbeit und Spiel“. Ab (dem morgigen) Freitag ist die Software weltweit verfügbar, genauso wie das erste Microsoft-eigene Tablet Surface.

Windows 8 soll dem Konzern endlich den Weg in Mobilgeräte wie Smartphones und Tablets mit ihren berührungsempfindlichen Bildschirmen ebnen – einen Markt den bisher Apple und Google unter sich aufteilen und der immens wächst. Microsoft betritt deshalb mit Windows 8 gleich mehrfach Neuland: Es ist die erste Version des Betriebssystems, die vor allem auf die Steuerung per Berührung ausgelegt ist. Zudem läuft es erstmals auch auf ARM-Prozessoren, wie sie bevorzugt in Smartphones und Tablets verbaut werden.

Rund eine Milliarde Dollar nur für Werbung

„Der Start von Windows 8 und Windows Phone ist wirklich eine epische Angelegenheit für Microsoft“, hatte Ballmer bereits kurz vor der Veranstaltung dem britischen Sender BBC gesagt. Wie ernst Microsoft die Sache nimmt, zeigt der Werbeetat: Geschätzt eine Milliarde Dollar (771 Millionen Euro) kostet die begleitende Kampagne zum Marktstart von Windows 8.

Welche Erwartungen der Konzern aber ganz konkret noch für das wichtige Weihnachtsgeschäft hegt, dazu schweigen sich die Manager aus. Er sei „optimistisch, was das vierte Quartal und das nächste Jahr angeht“, sagte Microsoft-Deutschlandchef Christian Illek der Nachrichtenagentur dapd am Rande der Window-8-Präsentation in Berlin. Es sei aber noch zu früh für Verkaufsprognosen.

Dass Microsoft wegen des großen Vorsprungs von Apple und Google das Rennen bereits verloren hat, glaubt Illek nicht. Angesichts des für die kommenden Jahre erwarteten Wachstum der IT-Branche sei „deutlich Platz für viele – vor allem für uns“.

Erster hauseigener Rechner

Die größte Neuerung an Windows 8 für die Nutzer ist augenfällig: Sie finden nicht mehr die gewohnte Desktop-Anzeige, sondern eine gekachelte Oberfläche. Diese beherbergt die Programme und Inhalte und die einzelnen Kacheln sind groß genug, um sie per Finger zu aktivieren.

Die erste Möglichkeit zum Ausprobieren liefert Microsoft mit dem Surface-Tablet gleich mit. Erstmals in seiner Geschichte steigt der Konzern damit ins Geschäft mit Computer-Hardware ein – und es könnte erst der Anfang sein, deutete Ballmer an. „Wo wir gute Möglichkeiten sehen, einen neuen Standard zu setzen, da werden wir uns voll reinhängen“, sagte er der BBC. Ab November bringt zudem unter anderem Nokia die ersten Smartphones mit der neuen Handy-Software Windows Phone 8 auf den Markt.

Ballmer braucht den Erfolg

Ballmer ist nach Ansicht von Beobachtern mit Windows 8 zum Erfolg verdammt: Wenn das neue Betriebssystem floppt, würde sich der Eindruck verstärken, dass Microsoft mit seinen Rivalen nicht mithalten kann. Hat Ballmer aber Erfolg, hätte er gezeigt, dass der weltgrößte Softwarehersteller noch immer über die Zukunft der Branche mitbestimmt.

„Das wird ein entscheidender Moment“, sagte der Analyst Patrick Moorhead von Moor Insights & Strategy. Ballmers Vermächtnis werde danach bewertet, was er mit Windows 8 erreiche. „Wenn Windows 8 kein Erfolg ist, werden viele Menschen erwarten, dass Microsoft beim Vorstandsvorsitzenden Veränderungen vornimmt.“