Mit dreisten Methoden treiben angebliche Anwälte per E-Mail Geldbußen von 100 Euro ein. Verbraucherschützer raten: Unbedingt ignorieren!

München. Schon wieder rollt eine freche Abkassierwelle durch Deutschland, diesmal per E-Mail: Da werfen Rechtsanwälte Tausenden Bürgern vor, im Internet illegal Musik heruntergeladen zu haben oder pornografisches Material.

Zugleich wird mit Staatsanwalt, Hausdurchsuchung und "anderen offiziellen Unannehmlichkeiten“ gedroht. Nur gegen Zahlung von 100 Euro Schadenersatz lasse sich die Sache aus der Welt schaffen.

Verunsicherte E-Mail-Empfänger sollten auf keinen Fall zahlen, rät Tatjana Halm, Juristin der Verbraucherzentrale Bayern. Die Post könne getrost ignoriert und in den elektronischen Papierkorb geworfen werden. Die vermeintlichen Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen seien gefälscht. Es handle sich wieder einmal um einen dreisten Versuch, mit dem schlechten Gewissen respektive der Scham anderer massenhaft Kasse zu machen, betont Halm.

Ganz anders verhält es sich dagegen mit Schreiben seriöser Anwaltskanzleien. Derzeit lässt die Musik- und Filmindustrie in großem Stil wegen illegaler Downloads abmahnen. „Solche Schreiben müssen sehr ernst genommen werden“, sagt Peter Lassek von der Verbraucherzentrale Hessen.

Anonymes Zahlen ist verdächtig

Aber wie kann ein juristischer Laie gefälschte von echten Abmahnungen unterscheiden? Seriöse Rechtsanwälte verschicken entsprechende Vorwürfe grundsätzlich nicht per E-Mail, sondern immer auf dem Postweg. In den gefälschten Schreiben wimmelt es nur so von juristischem Nonsens und Rechtschreibfehlern.

Außerdem wird das angebliche Vergehen nicht genau benannt. Die E-Mails sind nicht einmal an eine konkrete Person gerichtet. Es fehlen sowohl die Adresse der Anwaltskanzlei, die Steuernummer und sonstige geschäftliche Details.

Der klarste Hinweis auf dubiose Geschäftemacher ist aber die geforderte Zahlungsweise per Ukash oder Paysafecard. Beides sind Möglichkeiten, Bargeld online an einen anonymen Empfänger zu schicken. „So etwas würde eine richtige Kanzlei niemals verlangen“, betont Juristin Halm.

Dafür geht es bei echten Urheberrechtsverletzungen in der Regel nicht nur um 100, sondern oft gleich um mehrere tausend Euro. Die Abmahnung ist dann ein langes, mehrseitiges Schreiben, in dem der Verstoß detailliert geschildert wird.

Auch Geschäfte mit echten Abmahnungen?

Empfänger echter Abmahnungen sollten sich auf jeden Fall juristisch beraten lassen, empfiehlt Lassek. Wer über Internet-Tauschbörsen urheberrechtlich geschützte Musik, Filme oder Hörbücher auf seinen Computer daheim geladen hat, ohne dafür zu zahlen, steckt schnell massiv in der Klemme. Die Musik- und Filmindustrie setzt sich immer häufiger gegen Raubkopierer zur Wehr - manchmal schon wegen eines einzigen Liedes.

Abmahnen sei zum „lohnenden Geschäft für Anwälte“ geworden, sagt Verbraucherschützerin Halm. Je höher die Schadenersatzforderungen, desto mehr können Anwälte berechnen. Dabei hat der Gesetzgeber die Anwaltskosten für eine Abmahnung bei Bagatellverstößen auf 100 Euro begrenzt.

Das können Betroffene tun: Die mitgeschickte Unterlassungserklärung nicht unterschreiben. Das kommt einem Schuldeingeständnis gleich und verpflichtet, die Anwaltskosten zu tragen. Besser sei, die Erklärung von einem Fachanwalt umformulieren zu lassen und über den Preis zu verhandeln, rät Halm. Das komme billiger.