Facebook und Twitter bieten Unternehmen eine Plattform, um mit Kunden ins Gespräch zu kommen. Doch manchmal geht das gehörig schief.

Berlin. Quer durch Deutschland für 25 Euro – mit einem solchen Sparangebot wollte die Deutsche Bahn im Oktober 2010 die Nutzer auf ihre Facebook-Seite locken. Doch viele kamen nicht wegen des „Cheftickets“, sondern um ihrem Ärger über verspätete Züge insbesondere nach einem stundenlangen Streik sowie das Bauprojekt Stuttgart 21 Luft zu machen. Darauf war die Bahn nicht vorbereitet, viele Kommentare blieben unbeantwortet. Im Sozialen Netzwerk braute sich ein Shitstorm zusammen, ein unkontrollierter Sturm aus Wut und Empörung.

Die Sozialen Netzwerke werden für die Geschäftswelt immer wichtiger. Eine Studie ergab, dass nur zwei der Dax-30-Unternehmen nicht bei Facebook und Co aktiv sind. Auch Mittelständler nutzen die Plattformen zunehmend, wie das Marktforschungsinstitut Techconsult ermittelte. Doch wer dort aktiv ist, muss sich auch mit der Gefahr eines Shitstorms auseinandersetzen.

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Welche Folgen ein Empörungssturm hat, lässt sich nicht ohne weiteres abschätzen. Er kann den Firmen lange anhaften, aber auch ohne schlimme Konsequenzen vorüberziehen. Entscheidend sei, ob die Massenmedien das Thema aufgreifen, erklärt Bernhard Jodeleit, Gründer der Social-Media-Agentur „Lots of Ways“: „Nur dann sind die Folgen schmerzlich.“ Zudem hänge viel von der Reaktion ab: „Unternehmen können die Situation immer noch nutzen, um positiv zu überraschen.“

Das Marktforschungsinstitut YouGov hat die Auswirkungen des Cheftickets auf das Image der Bahn untersucht. Ergebnis: Während die Berichterstattung über defekte Klimaanlagen dem Image der Bahn schadeten, blieb das Chefticket fast folgenlos. „Wenn ein Shitstorm nur virtuell stattfindet, kann man den Effekt in der breiten Öffentlichkeit in der Regel gar nicht groß nachweisen“, sagt YouGov-Vorstand Holger Geißler.

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Um negative Folgen zu verhindern, rät Jodeleit Unternehmen, das Geschehen im Internet zumindest zu beobachten. „Wenn ich im Blindflug unterwegs bin, riskiere ich zum Beispiel, dass Käufer ausbleiben.“ Dafür müsse die Medienbeobachtung auf die neuen Medien ausgeweitet werden. Wenn ein Shitstorm wütet, sei es wichtig zu wissen, wer im Unternehmen darauf reagieren müsse und auf welche Art dies geschehen solle. „Es hat sich bewährt, das vorher festzuzurren und von entscheidender Ebene verabschieden zu lassen.“

Die Bahn hat aus der Panne ihre Lehren gezogen. „Daraus haben wir gelernt, dass man Service und Vertrieb nicht voneinander trennen kann“, sagt Antje Lüssenhop, Leiterin der PR-Abteilung. Auf das Bedürfnis der Kunden, sich generell auszutauschen, sei man nicht vorbereitet gewesen. Mit dem Ärger der Nutzer geht der Verkehrskonzern mittlerweile gelassen um: „Nicht jede Kritik und jeder zum Ausdruck gebrachte Ärger ist gleich ein Shitstorm“, betont Lüssenhop. „Bei unsachlichen Diskussionsverläufen ist es auch mal hilfreich, zu schweigen und auszuhalten.“

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Inzwischen sieht die Bahn das Web 2.0 als wichtigen Kommunikationskanal. „Im Social Web präsent und ansprechbar zu sein, ist für ein Unternehmen wie die Deutsche Bahn ein Muss“, sagt Lüssenhop. Die Bahn habe sich bewusst dafür entscheiden, an diesem Dialog teilzunehmen. Damit wolle es Transparenz und Offenheit zeigen, die Kundenbindung stärken und neue Zielgruppen erschließen.

Die Bahn nutzt mittlerweile einen Twitter-Account als einen Servicekanal für Kunden. Von den mehr als 17 000 Followern kommen täglich rund 80 Anfragen. Geantwortet wird „so zeitnah wie möglich, in der Regel in wenigen Minuten“. Die Reaktionen der Nutzer sind überwiegend positiv. Eine Strategie, die Jodeleit befürwortet: Er rät, sich die besonderen Multiplikatoren im Web 2.0 zunutze zu machen - zum Beispiel, indem man auf Augenhöhe mit ihnen spricht. „Damit macht man aus latent unzufriedenen Kunden Fürsprecher für die Marke.“ (dpa)