Das neue persönliche Profil des Netzwerks, die “Timeline“, wird bei Facebook künftig zur Pflicht. Jetzt hagelt es Kritik von Datenschützern.

Berlin/Hamburg. Einige benutzen es bereits, andere haben sich dagegen gesperrt: Seit Dezember 2011 bietet das soziale Netzwerk Facebook einen neuen Service an. Das persönliche Profil kann wie ein digitaler Lebenslauf, genannt Chronik, dargestellt werden. Hatten die gut 20 Millionen deutschen Nutzer bisher die Wahl zwischen der klassischen Darstellung des Profils und der neuen Chronik in Form einer Zeitleiste, stellt Facebook in den kommenden Wochen alle Profile auf die neue Darstellungsweise um. Das teilte Tina Kulow, die deutsche Sprecherin des Internetportals, gestern in Hamburg mit. „Der Prozess des Rollouts wird einige Wochen dauern, und jede beziehungsweise jeder hat sieben Tage Zeit, um sich mit der Chronik hoffentlich anzufreunden“, sagte Kulow. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg beschreibt die Chronik als die „ganze Geschichte eines Lebens auf einer Seite“.

Nun hagelt es Kritik seitens der Datenschützer. In der Chronik können Nutzer die Einträge ihrer „Freunde“ auch über lange Zeit zurück abrufen und dabei gezielt nach Jahren oder auch Monaten nachschlagen. Stellt der Nutzer die Möglichkeit nicht ab, so wird auch sichtbar, wann er sich mit anderen Nutzern über Facebook „befreundet“ hat. Außerdem versucht Facebook, über die interaktiven Lebensläufe an historisches Material seiner Nutzer zu gelangen. Diese haben nämlich die Möglichkeit, Fotos aus ihrer eigenen Vergangenheit nachzutragen, bis hin zur Geburt. Zudem können Elemente per Mausklick gezielt in der Chronik hervorgehoben werden, beispielsweise ein Hochzeitsfoto oder die Statusmeldung über den eigenen Nachwuchs.

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„Die Hauptgefahr besteht wohl darin, dass der Nutzer angeregt oder angeleitet wird, aus seiner Vita Daten preiszugeben, die er zuvor nicht preisgegeben hätte“, sagt der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar. „Die Selbstinszenierung des eigenen Lebens führt dazu, dass wir uns dann bewusst zu gläsernen Menschen machen und unseren gesamten Lebenslauf vor uns hertragen.“ Die Betroffenen müssten die Risiken kennen, die mit den interaktiven Lebensläufen einhergehen. „Es muss klar sein, dass noch deutlicher wird, welche Vorlieben, Eigenheiten, Freunde und Kontakte der Nutzer hat“, sagte der Datenschutzbeauftragte. Besonders problematisch sei die Umstellung bei Profilen von Kindern und Jugendlichen, die möglicherweise aufgrund sozialen Drucks immer mehr Daten ins Netz stellen würden.

Um die Kritik der Datenschützer zu entkräften, argumentiert Facebook, dass jedem Nutzer eine Woche Zeit gegeben wird, seine persönliche Chronik vor der Umstellung zu bearbeiten. Kunden können somit Einträge verbergen oder nachträglich Elemente der Chronik komplett löschen. Datenschützer raten, alle Einträge und Fotos noch einmal zu durchforsten und alles zu entfernen, was nicht Teil des eigenen persönlichen Lebenslaufs sein soll. Die Chronik umfasst vor allem die sogenannten Statusmeldungen und Fotos, aber auch die Bestätigungen von Freundschaften oder persönliche Angaben. Darunter fallen Elemente wie die Zeit des Studiums oder das Antreten neuer Arbeitsstellen.

+++Facebook-"Chronik": Datenschützer zwischen Freud und Leid+++

Private Nachrichten, die wie E-Mails über Facebook ausgetauscht wurden, werden in der Chronik nicht angezeigt. Außerdem wird nicht jeder der weltweit 800 Millionen Nutzer die persönliche Chronik sehen können. Wie bei den klassischen Profilen können auch nur diejenigen den Lebenslauf einsehen, für die die Zeitleiste bewusst freigeschaltet wurde.

Abseits der Kritiker gibt es auch Fürsprecher der Facebook-Chronik. Der Hamburger IT-Experte Hannes Federrath sieht darin eine Möglichkeit „für mehr Transparenz“. Daten, die bisher bei Facebook vorhanden seien und die das Unternehmen auch auswerten könne, werden nun deutlicher für den Benutzer sichtbar gemacht, sagte Federrath. „Dies dürfte das Bewusstsein der Menschen steigern, dass man eigentlich vorsichtig umgehen sollte mit der Preisgabe personenbezogener Daten“, sagte er.