Die Vernetzung des täglichen Lebens ist das zentrale Ziel von Computerherstellern. Microsoft ist das letzte Mal auf der CES vertreten.

Las Vegas. Die komplette Digitalisierung des alltäglichen Lebens bleibt der große Trend der Elektronikbranche. Nachdem sich Smartphones inzwischen weltweit durchgesetzt haben und Tablet-Rechner sowie extrem mobile PC den Markt erobern, zielen die Hersteller auf der diesjährigen Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas darauf, dies alles in ihren „Ökosystemen“ miteinander zu vernetzen.

Der Gedanke dahinter ist vor allem, dass Nutzer, die ihr Handy mit ihrem Rechner und anderen Geräten gemeinsam nutzen wollen, alle Produkte von einem Anbieter oder zumindest auf Basis desselben Betriebssystems besitzen müssen.

Ein Beispiel für dieses Vorgehen ist Samsung. Schon heute größter Fernseh- und Smartphone-Hersteller der Welt, will der koreanische Konzern alle seine Produkte miteinander verbinden und so unentbehrlich werden. „Wir müssen die Wände zwischen den Geräten und über die Inhalte hinweg einreißen“, sagte der Chef der Samsung-Sparte für Unterhaltungselektronik, Boo-Keun Yoon.

Im Mittelpunkt steht dabei für die Koreaner der Fernseher: Er ist nach dem Willen der Entwickler ständig mit den Rechnern, Tablets und Telefonen aller Familienmitglieder verbunden, aber auch mit Haushaltsgeräten wie Kühlschrank und Waschmaschine. Geräte wie Foto- oder Videokameras stellen ihre Daten zugleich ohne Kabelverbindung für alle Nutzer zur Verfügung.

+++Brandheiß aus Las Vegas: Neue Tablet-Computer+++

+++Auftakt in Las Vegas: Neue Power-Chips für 2012+++

Dazu stellte Samsung unter anderem zwei neue TV-Modelle, mehrere Laptops und sogenannte Ultrabooks, besonders leichte Rechner mit Tastatur und langer Akku-Laufzeit, sowie neue Kamera-Modelle vor. Und eben eine entsprechende Waschmaschine. Der Fernseher soll dabei über eine eingebaute Kamera erkennen, welches Familienmitglied gerade vor dem Bildschirm sitzt und ihm die entsprechenden Daten und Unterhaltungsangebote zur Verfügung stellen.

Ein weiterer Fokus der Hersteller liegt zudem auf Tablet-Computern. Diese Rechner besitzen keine Tastatur, verfügen dafür aber über berührungsempfindliche Bildschirme und sind derzeit einer der größten Wachstumstreiber der Konsumelektronik-Branche. Ihr Umsatz soll in diesem Jahr nach einer Schätzung des US-Branchenverbandes CEA auf Dollar-Basis weltweit um 59 Prozent wachsen. Die Veranstalter der CES erwarten deshalb in diesem Jahr mehr als 50 Premieren aus diesem Segment.

Der Chiphersteller Intel setzt seine Hoffnungen dagegen vor allem auf leistungsfähige Ultrabooks. Sie sollen, anders als die Tablet-PC, vor allem Kunden ansprechen, die mit ihren Geräten auch arbeiten wollen. Dafür wolle der Konzern die größte Werbekampagne seit der Einführung der Centrino-Chips für Laptops vor acht Jahren starten, sagte Werbechef Kevin Sellers. Wie viel Intel ausgeben will, ließ er aber offen.

Die im Vergleich zu Tablets deutlich höhere Rechenleistung soll auch für neuartige Arten der Bedienung genutzt werden. So will Intel noch in diesem Jahr eine Sprachsteuerung für Ultrabooks auf den Markt bringen. Dazu kündigte der Chef von Intels PC-Sparte, Mooly Eden, eine strategische Partnerschaft mit dem Softwareentwickler Nuance an. Zudem befinde sich die Entwicklung einer Gestensteuerung bereits im Prototypen-Stadium.

Zunehmend eingebunden werden soll in die grenzenlose Datenwelt auch das Auto – „das neueste Gerät der Konsumelektronik“, wie der Chef des Chipherstellers Nvidia, Jen-Hsun Huang, sagte. Schon heute verfügen einige Autos über W-Lan-Hotspots und sind ständig online, etwa zur Navigation. Allerdings dürfte hier vor allem durch die neuen Bedienmöglichkeiten noch deutlich mehr denkbar sein.

Abschied ohne Emotionen: Microsoft zum letzten Mal auf der CES

Elfmal Bill Gates und viermal Steve Ballmer – die Eröffnungsansprachen der Microsoft-Chefs waren ein Wahrzeichen der CES. Jetzt ist Schluss, Microsoft verabschiedet sich und wirft damit auch Fragen zur Zukunft der großen Branchentreffs auf.

Mit einem Loblied auf Windows und einem Bekenntnis zur Zukunft des PCs hat sich Microsoft von der Consumer Electronics Show (CES) verabschiedet – im nächsten Jahr will der Software-Konzern nicht mehr in Las Vegas dabei sein. „Was kommt als nächstes?“ fragte US-Fernsehmoderator Ryan Seacrest am Montagabend den Firmenboss Steve Ballmer in der Hoffnung, noch ein paar zukunftsweisende Visionen aus dem bulligen Manager herauszulocken. „Windows 8“, antwortete Ballmer kurz und bündig. Das Flaggschiff des Software-Konzerns wird voraussichtlich im Herbst aufgefrischt und soll dann nicht nur dem PC, sondern auch den flachen Tablet-Computern als Betriebssystem dienen.

Das alte „Wintel“-Imperium hat sich auf der CES dieses Jahres noch einmal in enger Verbundenheit formiert: Während Microsoft die Zukunft von Windows sichern will, sorgt sich Intel um die Zukunft im Geschäft mit PC-Prozessoren. Dieses wird seit Jahrzehnten von den Kaliforniern aus Santa Clara dominiert. Doch Intel tut sich bislang schwer, auch auf Smartphones und Tablet-Computern zu landen. Die beiden Schlachtrösser der IT-Branche setzen ihre Hoffnungen jetzt in Ultrabooks – schlanke und besonders schnelle Notebooks.

Das von Intel entwickelte Design-Konzept hat sich das MacBook Air von Apple zum Vorbild genommen und auf die Windows-Welt übertragen. Ultrabooks sollen die Lücken schließen, die im PC-Markt durch den Vormarsch der Tablet-Computer entstanden sind. Weil diese eher für die passive Nutzung von Internet-Inhalten oder das Anschauen von Videos geeignet sind und weniger für das Erzeugen eigener Inhalte, frotzelte Intel-Vizepräsident Mooly Eden auf der CES: „Es geht nicht nur um den Konsum. Konsum ist gut für Kühe, wir aber sind Menschen.“

Angesichts all der Experten, die das Ende der PC-Ära ausgerufen haben, gibt sich Ballmer trotzig: „Der Windows-PC hat sich ständig verändert und neu erfunden. Mehr als 1,3 Milliarden Windows-PCs sind im Einsatz, das ist das populärste intelligente Gerät überhaupt.“

Ende Februar bringt Microsoft nun eine neue Testversion, eine erste Betaversion von Windows 8 heraus. Dieses System nimmt Anleihen bei der grafischen Benutzeroberfläche von Windows-Phone: Hier zeigen übersichtlich angeordnete Kacheln an, welche Apps dem Nutzer zur Verfügung stehen. Diese können demnächst auch in einem eigenen „Windows Store“ heruntergeladen werden – eine solche zentrale Stelle für den Software-Vertrieb hat Apple bereits im vergangenen Jahr mit seinem „Mac Store“ eingerichtet.

Wenn Windows 8 fertig ist, ist die CES 2012 schon lange Geschichte. „Weil die Meilensteine unserer Produktneuheiten sich nicht mit dem Termin im Januar in Einklang bringen lassen“, so erklärte es Microsoft im Dezember in einem Blog-Beitrag, verzichtet das Unternehmen künftig auf einen Stand in Las Vegas und auch auf die Keynote.

1994 kam Microsoft-Gründer Bill Gates zum ersten Mal zu einer Keynote auf die CES-Bühne, insgesamt hat er so elfmal die CES eröffnet. 2001 stellte Gates die Spielkonsole Xbox vor, 2005 den Windows Media Center PC – mit einer peinlichen Panne, weil der Computer auf eine Eingabe seiner Fernbedienung nicht reagierte. Ballmer brachte es seit 2009 nur auf viermal.

Seine Unzufriedenheit mit der Rückzugsentscheidung ließ sich der Präsident des Messeveranstalters CEA, Gary Shapiro, deutlich anmerken. Jetzt hoffe er, dass Microsoft 2013 nur eine Pause einlegen und dann wiederkommen werde, sagte Shapiro. „Ich wäre schockiert, wenn ein Microsoft-Chef in den nächsten Jahren nicht wieder auf die Keynote-Bühne zurückkehren würde.“

Der Rückzug von Microsoft liegt allerdings auch im Trend. Hewlett-Packard hat sich bereits 2004 von der Cebit zurückgezogen, Apple war 2009 zum letzten Mal bei einer MacWorld dabei. Auch andere große IT-Unternehmen haben sich für eigene Formen der Produktpräsentation entschieden oder gehen nur noch zu Spezialmessen wie dem Mobile World Congress für die mobile Telekommunikation in Barcelona. Da gibt sich auch der Messeveranstalter Shapiro realistisch: „Wir erkennen an, dass der Wandel die einzige Konstante ist.“