Apple-Fanatiker campierten vor US-Apple-Stores, um die ersten Exemplare zu ergattern. In Deutschland müssen sich die Apple-Fans noch etwas gedulden.

New York. Jeannie Mallon sieht müde aus und ihre Tochter Giovanna ist längst nicht mehr so aufgedreht wie am Abend zuvor. Zusammen mit der Großmutter haben die drei die Nacht in Schlafsäcken verbracht, Kakao aus der Thermosflasche getrunken und Müsliriegel gegessen. Doch nicht in einem Nationalpark waren die drei unterwegs, sondern mitten in New York City: Hunderte Apple-Gläubige haben am Ostersamstag wieder eine Nacht vor den 221 amerikanischen Läden des Unternehmens verbracht, nur um die ersten Kunden zu sein. Das Objekt der Begierde diesmal: Der neue Tablet-Computer iPad.

Apple ist es wieder einmal gelungen, den Verkaufsstart eines neuen Produktes als gesellschaftliches, wenn nicht gar kulturelles Ereignis zu zelebrieren. Wochenlang wurde für den DIN-A4-großen Computer geworben, vor allem hinter den Kulissen. Apple-Produkte sollen keine Produkte sein, sondern käuflicher Lifestyle. Mit dazu gehört die übliche Geheimniskrämerei: Kaum einer bekam das iPad vor dem Verkaufsstart in die Hand, in dem großen Vorzeigeladen an der New Yorker Fifth Avenue fand sich noch am Freitagabend nur ein kleines Schild. „Wenn wir um Mitternacht schließen, wird komplett umgebaut. Morgen um neun öffnen wir, und dann ist der Laden völlig für das iPad hergerichtet“, sagte ein Mitarbeiter.

Da campierten die Mallons aus New Jersey längst vor dem großen Glaswürfel. „Wir sind seit Freitagabend um fünf da“, sagt die Mutter und strahlt, während Apple-Mitarbeiter für Stimmung sorgen. „Gleich geht es los und, ja, ich bin echt aufgeregt.“ Das erste Mal habe sie so etwas gemacht, vor allem für Tochter Giovanna. „Ich finde Technik toll und außerdem sieht das Teil gut aus“, sagt die Elfjährige. In ihr kämpft Aufregung gegen Müdigkeit. Am gelassensten ist noch die Großmutter: „Die Nacht war okay, es war ja trocken. Und wenn die Kleine sich freut, ist es das alles wert.“

Ob das iPad sein Geld wert ist – in der Basisversion sind es knapp 500 Dollar plus Mehrwertsteuer – muss sich noch erweisen. Experten loben das Display, die Handhabung und nicht zuletzt das Design. Kritiker verweisen darauf, dass der Akkusatz gerade zehn Stunden hält und – wenn er einmal den Geist aufgibt – nur von einem Techniker ausgetauscht werden kann. Bei jedem anderen Notebook sind es ein paar Handgriffe. Zudem können nicht mehrere Programme parallel laufen und die populäre Flash-Technologie von Adobe, Bedingung für viele Programme, ist nicht an Bord. Und auch einen USB-Anschluss, seit mehr als zehn Jahren Standard, sucht man am iPad vergebens.

„Ich will es trotzdem ausprobieren“, sagt Hannes. Der Student aus Berlin ist nicht extra wegen des iPads nach New York gekommen, „aber wenn ich schon mal da bin, nehme ich natürlich eines mit“. Eine Bestellung hat der 21-Jährige nicht und die Schlange ist lang. Über den ganzen Platz zieht sie sich, 150 Meter müssen es sein. „In Deutschland soll er das gleiche in Euro kosten. Also schlage ich hier zu“, sagt Marian Grabowski. Der Student aus Duisburg freut sich nicht nur auf neue Technik. „Etwas zu haben, was es in Deutschland noch gar nicht gibt, ist sicher auch ein Grund. Unterschwellig.“

Das iPad soll auch die eReader das Fürchten lehren. Immerhin hat es ein Farbdisplay, doch die Laufzeit ist mager im Vergleich zum Beispiel zum Kindle, der tagelang nicht an die Steckdose muss. Auch Verhandlungen mit den Verlagen laufen nicht so glatt, wie Apple-Chef Steve Jobs hoffte. Sein Trumpf sind die „Apps“. Die Zehntausenden Applikationen wie Spiele, Anwendungen und andere Hilfsprogramme, waren schon auf dem iPhone der Renner – und das große Geschäft für Apple.

Alleine am ersten Wochenende, schätzen Analysten, gehen 200 000 bis 400 000 iPads über den Ladentisch. Der Marktforscher Gartner glaubt, dass die Nachfrage nach Tablet-Computern mit einem Schlag anzieht und dass es im gesamten Jahr 10,5 Millionen werden - großteils iPads. Aber es gibt auch Zweifler: „Es ist einfach, Kram an solche Leute zu verkaufen, die immer alles Neue gleich haben müssen, weil sie einfach Kram kaufen wollen“, sagte Stephen Baker von Bloomberg. „Für die meisten Menschen sind 500 Dollar viel Geld.“ Vor allem, wenn sie noch gar nicht wüssten, ob sie es überhaupt brauchen.

Die Mallons haben ihr iPad bekommen. Stolz gehen sie aus dem Laden, Giovanna hält das weiße Paket in die zahlreichen Kameras. „Sie will es jetzt unbedingt ausprobieren“, sagt ihre Mutter lächeln. „Und ich, ich muss erstmal schlafen.“