Jasmin Krause musste über ein Jahr lang nur liegen, bis man endlich feststellte, dass ihre Bandscheibe geplatzt war

"Wäre ich nicht hier gelandet, läge ich immer noch im Bett", sagt Jasmin Krause. Vor vier Jahren brach die damals 15-Jährige wegen plötzlicher, unerträglicher Rückenschmerzen zusammen, als sie im Sportunterricht mit ihren Mitschülern einen Waldlauf machte. Eineinhalb Jahre verbrachte sie zu Hause im Bett - immer wieder dorthin zurückgeschickt von den mehr als 100 ratlosen Ärzten und Physiotherapeuten, die sie im Laufe dieser Zeit konsultierte. Sie musste die Schule abbrechen und konnte nicht mehr an den Unternehmungen ihrer Freunde teilnehmen. Jasmin Krause fühlte sich abgeschrieben - von den Medizinern, den Therapeuten, vom Leben.

Ihr wäre wohl viel Leid erspart worden, wenn sie damals rechtzeitig kompetente Hilfe bekommen hätte. Denn obwohl sie nach dem Bandscheiben-Riss größte Schmerzen hatte, wurde kein Krankenwagen gerufen. Die Lehrer waren der Meinung, sie simuliere. Eine Freundin brachte sie zum Arzt. "Der war völlig überfordert", erinnert sich die 19-Jährige. "Er hat mich geröntgt und festgestellt, dass die Bandscheibe verfärbt war." Dann gab er ihr Schmerzmittel und schickte sie nach Hause ins Bett.

Dass sie ans Bett gefesselt war, in einem Alter, in dem ihre Freunde auf Partys gingen und ihr Leben in vollen Zügen genossen, machte die Jugendliche traurig. Um nicht auch noch im schulischen Bereich den Anschluss zu verlieren, wurde sie zu Hause unterrichtet. Sie nahm sich vor, zunächst ihre Mittlere Reife, dann ihr Abitur in Angriff zu nehmen. Doch prompt kam die nächste Enttäuschung: Es gab keine Möglichkeit für sie, an einer Prüfung teilzunehmen. "Ich konnte ja nicht sitzen", sagt Jasmin Krause. "Und dass jemand im Liegen eine Prüfung schreibt, war in keiner Bestimmung vorgesehen."

Ein Lichtblick in dieser Zeit und ein Wendepunkt in ihrem Leben war, dass ihre Krankenkasse sie ins Rückenzentrum am Michel schickte. Hier wurde endlich die Ursache ihres Leidens festgestellt: bei dem Waldlauf eineinhalb Jahren zuvor war eine ihrer Bandscheiben geplatzt - verursacht durch einen Gen-Defekt, von dem keiner etwas gewusst hatte. Vier- bis fünfmal pro Woche jeweils fünf Stunden langes Training bewirkten, dass sie wieder stehen und laufen lernte. "Im Rückenzentrum nahm man mich zum ersten Mal ernst", erinnert sie sich. "Und vor allem: Man traute sich, mir etwas zuzumuten - nämlich Bewegung."

"Manuelle Therapie" heißt die Behandlungsform, bei der die Patienten im Rückenzentrum lernen, besonders die tiefe Muskulatur zu trainieren. Bei Jasmin Krause will man durch eine Stärkung der Rumpf- und Rückenmuskeln erreichen, dass diese einmal die Wirbelsäule wieder alleine halten können, ohne dass Gewicht auf der kaputten Bandscheibe liegt.

Das Rückenzentrum ist mittlerweile Jasmin Krauses zweites Zuhause geworden. Mindesten 20 Stunden pro Woche trainiert sie dort eisern in einem großen Raum, der mit den vielen verschiedenen Geräten an ein Fitness-Center erinnert. Damit die Muskeln optimal angesprochen werden, wird jede ihrer Bewegungen von einer Therapeutin beobachtet und gegebenenfalls korrigiert. Damit sie das Training möglichst schmerzfrei absolvieren kann, nimmt sie vorher Medikamente.

Trotz aller Erfolge hat Jasmin Krause immer wieder Rückschläge erlebt: Ein verstauchter Finger hinderte sie wochenlang am Geräte-Training; ein Eingriff an der Bandscheibe - der nötig wurde, als ihr Fuß vor zweieinhalb Jahren begann, taub zu werden - warf sie um ein Jahr zurück. "Irgendwann", sagt sie überzeugt, "werde ich so lange sitzen können, dass ich meinen Schulabschluss nachholen kann."