Erste Einschätzung: Im UKE und in einer HNO-Praxis ließen sich Abendblatt-Leser auf Allergien testen und wurden anschließend beraten.

Hamburg. Eigentlich wollte Ursula Höcht jetzt mit ihrem Mann auf Mallorca den lange geplanten Urlaub genießen. Wäre da nicht ihr gebrochener Ellenbogen. Vor Kurzem ist sie auf einem vereisten Weg ausgerutscht. Jetzt fliegen sie ein paar Wochen später. "Da kam mir die Abendblatt-Aktion gerade recht", erzählt die 65-Jährige aus Harvestehude. Wenn schon körperlich eingeschränkt, dann könne sie gleich noch ein anderes Gesundheitsproblem angehen: ihre Allergie.

"Meine Beschwerden beginnen nämlich immer im Winter und bleiben dann bis April", erzählt Höcht. In dieser Zeit wache sie fast jeden Morgen mit roten, geschwollenen Augen auf. "Ich reagiere zwar allergisch auf Erlen- und Birkenpollen, aber das kann im Winter doch eigentlich kein Problem sein", sagt Höcht, die auch unter einer leichten Neurodermitis leidet. Auf der Suche nach einer Erklärung kam sie gestern zur Allergieberatung in die Poliklinik für Dermatologie am UKE, ebenso wie fast 30 weitere Abendblatt-Leser. Bereits am Vormittag hatten sich Leser in der HNO-Gemeinschaftspraxis Stephansplatz zu Allergien beraten lassen, die sich auf die Nase auswirken.

Für jeden Patienten nahmen sich die Ärzte 20 bis 30 Minuten Zeit, erkundeten die Vorgeschichte der Beschwerden, untersuchten die Haut und die Nasennebenhöhlen. Mit einigen Patienten führten sie zusätzlich einen sogenannten Pricktest an der Haut durch, um festzustellen, ob eine Allergie vorliegt. In den meisten Fällen nicht genug für eine ausführliche Diagnose, aber für eine erste Einschätzung. So erfuhr etwa Ursula Höcht von UKE-Oberarzt Dr. Ulrich Ohnemus, dass womöglich eine Allergie gegen Hausstaubmilben oder Schimmelpilze dafür verantwortlich sein könnte, dass sie gerade im Winter unter Beschwerden leidet, weil sich diese Allergene in dieser Zeit verstärkt in Räumen ansammeln, etwa durch seltenes Lüften. Ein tiefer gehender, sogenannter Intrakutantest soll nun Klarheit bringen.

Die Fragen der Abendblatt-Leser und die Antworten der Ärzte:

Wie kommt es zu einer Allergie?

Das Immunsystem von Allergikern stuft eigentlich harmlose Substanzen, etwa Pollen, Haustaubmilben oder Nahrungsmittel, als fremd ein und bekämpft sie - warum, ist unklar. Diese Reaktion ist nicht angeboren, vielmehr erwerben Allergiker sie im Laufe ihres Lebens. Bei Neurodermitis kann eine Allergie die Symptome - trockene, juckende Haut - auslösen oder verstärken; bei Menschen, die nicht unter Neurodermitis leiden, kann eine Allergie auch andere Beschwerden verursachen, etwa Heuschnupfen oder tränende, juckende Augen. Allerdings: "Nicht jeder, der unter einer verstopften Nase leidet, hat deshalb gleich eine Allergie", sagt Dr. Stefan Tesche von der HNO-Gemeinschaftspraxis Stephansplatz. Prinzipiell kämen dafür auch andere Ursachen in Frage, sagt Tesche.

Sollte eine Allergie auch behandelt werden, wenn sie nur leichte Beschwerden verursacht?

"Bei Neurodermitis können sich die Ekzeme verstärken, wenn eine Allergie nicht behandelt wird", sagt Dr. Ulrich Ohnemus. HNO-Arzt Stefan Tesche sagt, es gebe bei vielen Menschen die Neigung, eine mögliche Allergie zu bagatellisieren. Doch das könne zum Teil unangenehme, problematische Folgen haben, warnt er: "Heuschnupfen etwa kann unbehandelt zu Asthma führen oder auch zu einer chronischen Nasennebenhöhlenentzündung." Je nachdem, welche Organe betroffen sind, sollten sich Patienten an unterschiedliche Allergologen wenden, empfehlen Ohnemus und Tesche. Den Zusatztitel dürfen Haut-, HNO-, Lungen- und Kinderärzte nach einer zweijährigen Weiterbildung führen.

Welche Allergieformen gibt es?

Bei der Soforttyp-Allergie reagiert der Körper unmittelbar nach dem Kontakt mit den Allergen. Die sogenannten Immunglobulin-E-Antikörper, kurz IgE-Antikörper, die auf bestimmten Körperzellen sitzen, binden das Allergen. Dann schütten die Zellen Stoffe wie Histamin aus. Diese lösen die allergischen Reaktionen aus. Bei der Spättyp-Allergie zeigen sich die Reaktionen manchmal erst nach Tagen. Sie entstehen meistens durch den Kontakt mit Hautcremes, Reinigungsmitteln oder Schmuck. Auslöser sind die sogenannten T-Zellen des Immunsystems.

Wie stellt der Arzt eine Allergie fest?

"Zunächst müssen die Beschwerden im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang erfasst werden", erläutert Stefan Tesche. Der Arzt fragt etwa: Treten Beschwerden nur zu bestimmten Jahreszeiten oder ganzjährig auf? Gibt es Orte, an denen die Beschwerden verschwinden? Anschließend gehe es um Risikofaktoren wie eine familiäre Vorbelastung. "Wenn etwa die Eltern unter allergischen Beschwerden leiden, ist das Risiko recht groß, dass die Kinder auch eine Allergie entwickeln", sagt Tesche. Je nach Art der Beschwerden folgt eine Untersuchung der Haut, der Lunge oder der Nase. Ob der Körper auf Allergene reagiert, kann dann durch einen Pricktest geklärt werden.

Was passiert bei einem Pricktest?

Der Arzt tupft auf den Unterarm eine Lösung mit minimalen Dosierungen der Allergene und ritzt diese unter die Haut. Reagiert der Körper auf eine Substanz allergisch, entsteht an der eingeritzten Stelle eine gerötete Schwellung. Nach etwa 20 Minuten liest der Arzt das Ergebnis ab. Der Pricktest kann Allergien auf Pollen (etwa Birke, Erle oder Gräser) sowie auf Hausstaubmilben, Nahrungsmittel, Schimmelpilze und Tierhaare feststellen. Hin und wieder lässt der Test aber keine eindeutigen Aussagen zu. Zur Kontrolle ritzt der Arzt an einem Punkt einen Tropfen mit Kochsalzlösung in die Haut. Danach geschieht normalerweise nichts. Komme es trotzdem zu einer Schwellung, deute das darauf hin, dass die Haut des Patienten so leicht reizbar sei, dass sich allergische Reaktionen nicht trennen ließen von anders verursachten Reaktionen, sagt Stefan Tesche. Dann sind weitere Untersuchungen nötig, wie bei einer Patientin aus Lokstedt. "Ich habe seit drei Jahren chronische Beschwerden in der Nase", erzählte die 67 Jahre alte Rentnerin. Unabhängig von der Jahreszeit leide sie darunter, dass häufig Schleim in den Rachen fließe. Sie könne schlecht schlucken, außerdem sei bei ihr Asthma diagnostiziert worden. Stefan Tesche stellte bei ihr eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung fest. Weil diese durch eine Allergie bedingt sein könnte, führte er einen Pricktest durch. Das Ergebnis: Alle Punkte waren gerötet, allerdings auch die Kontrollpunkte. Nun soll ein Bluttest klären, ob sich bei ihr IgE-Antikörper bilden. Doch selbst wenn der Pricktest positive Reaktionen provoziere, sei dies kein Beweis für eine Allergie, sagt Tesche: "Nur unter Berücksichtigung von anderen Faktoren, die im Gespräch deutlich werden, kann der Arzt eine Diagnose stellen."

Wie behandelt der Arzt eine Allergie?

Es gibt drei Möglichkeiten. Erstens: Vermeidung der Allergene. Gegen Hausstaubmilben helfen spezielle Bettbezüge, die Milben nicht durchdringen. Kaum zu meiden sind hingegen Pollen. Zweitens: Medikamente. Gegen Pollen können Antihistamine wirken, Hautreizungen, die durch Allergene verursacht werden, bekämpft der Arzt mit Cortison, Irritationen der Nase mit Sprays. Drittens: Speziell bei Heuschnupfen oder Asthma kann eine sogenannte Hyposensibilisierung helfen. Durch sie soll der Körper lernen, nicht mehr überschießend auf eigentlich harmlose Substanzen zu reagieren. Die Therapie kann allerdings mehrere Jahre dauern.

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