Peking. Forscher habe neue Hinweise darauf gefunden, dass sich Menschen untereinander mit der tödlichen Vogelgrippe H7N9 angesteckt haben. „Unsere Befunde unterstreichen, dass das neue Virus eine Pandemie auslösen könnte“, schreibt das Forscherteam um den Wissenschaftler Bao Chang-jun vom Centre for Disease Control and Prevention in der südchinesischen Stadt Nanjing.
Die Forscher veröffentlichen ihre Studienergebnisse im „British Medical Journal“. Die Entwicklung sei „besorgniserregend“ und müsse genau verfolgt werden, schrieben die Forscher auf bmj.com, dem Onlineportal der Fachzeitschrift.
Im März war die neue Form der Vogelgrippe H7N9 erstmals bei Menschen nachgewiesen worden. In den Wochen danach stieg die Zahl der Infizierten schnell an. Bei vielen löste der Erreger eine Lungenentzündung aus.
In den meisten Fällen gingen die Behörden davon aus, dass sich die Menschen bei Geflügel angesteckt hatten. Tausende Tiere wurden gekeult und Märkte mit lebendem Geflügel geschlossen.
Dann kamen kaum noch neue Ansteckungen hinzu. Insgesamt registrierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in China bis Juli 132 Infizierte. Seit den ersten Krankheitsfällen im März starben 43 Patienten. Ein Fall wurde aus Taiwan gemeldet.
Schon im April hatte die WHO die Übertragung von Mensch zu Mensch in seltenen Fällen als wahrscheinlich bezeichnet und von drei Familien gesprochen, in denen sich das Virus direkt unter den Verwandten ausgebreitet haben könnte.
Tochter steckte sich bei Vater an
Bao Chang-jun und seine Kollegen schauten sich ebenfalls eine Familie genauer an. Ein 60 Jahre alter Vater hatte sich im März mit dem Virus infiziert. Seine 32 Jahre alte Tochter kümmerte sich ohne Schutz eine Woche lang am Krankenbett um ihn.
Später wurde auch sie krank, ohne dass es einen Nachweis für einen direkten Kontakt von ihr mit Geflügel gab. Vater und Tochter starben an multiplem Organversagen. Die Wissenschaftler wiesen bei beiden einen fast identischen Stamm des Erregers nach.
Für die Forscher ist eine direkte Übertragung zwischen Vater und Tochter die wahrscheinlichste Erklärung. Einen abschließenden Beweis gebe es jedoch nicht.
Trotz des Falles bleibe aber die Übertragungsmöglichkeit des Virus von Mensch zu Mensch „begrenzt“, hoben die Wissenschaftler hervor. Keiner der anderen 43 Menschen, die engen Kontakt zu den beiden Patienten hatten, darunter auch Krankenhauspersonal, steckte sich an.
Möglicherweise gebe es daher eine genetische Disposition für die Ansteckung. Da die schwer kranke Tochter nicht mehr befragt werden konnte, schlossen die Wissenschaftler auch nicht völlig aus, dass sie sich anderweitig angesteckt haben könnte, doch schien dies „weniger wahrscheinlich“.
Die Frau hatte der Studie zufolge keinen Kontakt zu möglicherweise infiziertem Geflügel. Daher sei die „wahrscheinlichste Erklärung“ die Ansteckung über ihren Vater, der regelmäßig Geflügelmärkte besucht hatte. Gentests zeigten auch, dass die Viren bei Vater und Tochter praktisch identisch waren.
„Nicht in Panik verfallen“
Die Studie gebe keinen direkten Hinweis darauf, dass das Virus näher vor dem Ausbruch einer Pandemie stehe. Die Experten betonten aber: „Es ist eine Erinnerung daran, dass wir wachsam bleiben müssen: Die Gefahr von H7N9 ist auf keinen Fall vorbei.“
H7-Grippeviren verbreiten sich normalerweise unter Vögeln, die Untergruppe H7N9 war bis zum Ausbruch der Krankheiten in China nie beim Menschen festgestellt worden. Auch in anderen Vogelgrippe-Fällen des Typs H5N1 und H7N7 war es vereinzelt zu Mensch-zu-Mensch-Übertragungen gekommen, ohne dass dies zu einer Seuchengefahr für die Menschheit geworden wäre.
„Die Leute sollten nicht in Panik verfallen“, hob daher der Epidemiologe Chang-jun Bao vom Gesundheits- und Vorsorgezentrum der ostchinesischen Provinz Jiangsu hervor. Die Übertragung des neuen Virus von Mensch zu Mensch sei nicht so wirksam.
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