Mittels eines Katheterverfahrens können bei immer mehr Patienten Herzklappen repariert werden. Vor allem bei älteren Menschen.

Hamburg. Eine Operation zur Behandlung einer defekten Herzklappe ist besonders für alte und kranke Patienten oftmals eine zu schwere Belastung. Deswegen werden seit einiger Zeit schonende Methoden eingesetzt, um bei diesen Patienten die Herzklappen mithilfe eines Katheters zu ersetzen oder zu reparieren. Die Behandlungsergebnisse dieser Methoden standen jetzt im Mittelpunkt des internationalen Kongresses für Thoraxchirurgie im amerikanischen Philadelphia. Auf dem weltweit größten Herzchirurgiekongress mit 3000 Teilnehmern wurden Studien zum Ersatz der Aortenklappe zwischen linker Herzkammer und Hauptschlagader vorgestellt und Studien zur Reparatur der Mitralklappe zwischen linkem Herzvorhof und linker Herzkammer.

Die Verengung der Aortenklappe muss dann behandelt werden, wenn sie so weit fortgeschritten ist, dass der Patient Symptome wie Luftnot, Schwindel und Ohnmachtsanfälle bekommt. Der Ersatz der Aortenklappe per Katheter kann auf zwei Wegen vorgenommen werden: Entweder wird der Katheter von der Leiste aus über die Hauptschlagader bis zu der Herzklappe vorgeschoben oder durch einen Schnitt am Brustkorb über die Herzspitze durch die linke Herzkammer bis zur Aortenklappe. In einer großen amerikanischen Studie wurden Patienten verglichen, bei denen Verengungen der Aortenklappe entweder medikamentös oder durch einen kathetergeführten Klappenersatz behandelt wurden. "Dabei hat sich gezeigt, dass diejenigen, bei denen die Klappe ersetzt wurde, eine deutlich bessere Überlebenschance hatten als die, die medikamentös behandelt wurden", berichtet Prof. Hermann Reichenspurner, Direktor des Universitären Herzzentrums am Universitätsklinikum Eppendorf, der den Kongress besucht hat.

Bei den Patienten, die untersucht wurden, handelte es sich ausschließlich um Hochrisikopatienten, also Menschen, für die aufgrund ihres hohen Alters oder schwerer Begleiterkrankungen, wie zum Beispiel einem Krebsleiden, eine konventionelle Operation zu riskant wäre.

Ob das Katheterverfahren das Risiko für Schlaganfälle erhöht, ist unklar

Denn obwohl schonender für den Patienten, birgt auch dieser Kathetereingriff ein gewisses Risiko. Die Gefahr, nach dem Eingriff zu sterben, liegt in den ersten 30 Tagen bei zehn Prozent - genau wie nach einer konventionellen OP. "Aber diejenigen, die den Eingriff überleben, sind schneller wieder auf den Beinen, auch weil wir bei dem Katheterverfahren auf den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine verzichten können", sagt Reichenspurner.

Zum Risiko eines Schlaganfalls nach einem Kathetereingriff kommen Studien, die beide Methoden miteinander vergleichen, zu unterschiedlichen Ergebnissen. "In einer großen Studie, die auf dem Kongress präsentiert wurde, lag das Schlaganfallrisiko mit sechs Prozent etwas doppelt so hoch wie bei der herkömmlichen OP", sagt Reichenspurner. Ein Grund dafür sei sicherlich, dass der Katheter, der von der Leiste aus bis ins Herz vorgeschoben wird, auf diesem Weg möglicherweise Verkalkungen in der Hauptschlagader passieren muss, von denen sich kleine Thromben ablösen und ins Gehirn wandern können. Bei einer Studie des Universitären Herzzentrums an 80 Patienten war hingegen das Schlaganfallrisiko gleich.

Der Ersatz der Aortenklappe per Katheter kommt nach wie vor nur für Patienten infrage, die zur Hochrisikogruppe gehören. Patienten, die nicht in diese Gruppe fallen, werden weiterhin normal operiert. Für sie bringt das Katheterverfahren keine Vorteile, und das Sterberisiko wäre sogar höher.

Bei der Reparatur einer undichten Mitralklappe per Katheter hat sich das sogenannte Mitra-Clip-Verfahren durchgesetzt. Dabei wird der Katheter von der Leiste aus über die Hohlvene bis zum Herzen geführt und dann durch den rechten und linken Vorhof bis zur Mitralklappe. Dort werden die zwei Klappensegel mit einem Clip zusammengeheftet. "Dadurch wird die Klappe gerafft, sodass weniger Blut zurückfließt. Man kann die Undichtigkeit der Klappe damit nicht ganz so effektiv beseitigen wie bei einem operativen Eingriff, aber den Schweregrad der Erkrankung deutlich senken", sagt Reichenspurner.

Ob nach dem neuen Verfahren operiert wird, muss ein Herz-Team entscheiden

Auch diese Methode wird nur bei Hochrisikopatienten eingesetzt. Wie eine Studie des UKE gezeigt hat, erbrachte der Eingriff bei 200 Patienten mit hohem OP-Risiko zufriedenstellende Ergebnisse, wenn auch nicht so perfekte wie die einer Operation. Dafür ist das Verfahren schonender für die Patienten. Im vergangenen Jahr wurden am UKE die Mitralklappen 174-mal in einer Operation repariert und 89-mal per Katheter; Tendenz steigend.

"Katheterverfahren setzen sich immer mehr durch", sagt Reichenspurner. "Wichtig ist allerdings, dass die Entscheidung zu dem jeweiligen Therapieverfahren von einem Herz-Team, bestehend aus Chirurgen und Kardiologen, gemeinsam getroffen wird."