Ohne einen bestimmten Botenstoff bricht die Krankheit nicht aus

Zürich. Forscher der Universität Zürich haben einen Schlüsselfaktor für die Entstehung der multiplen Sklerose entdeckt. Ohne den Botenstoff GM-CSF bräche die Krankheit gar nicht aus, zumindest bei Mäusen.

Multiple Sklerose (MS) ist wie rheumatische Arthritis oder Diabetes Typ 1 eine sogenannte Autoimmunerkrankung. Das Immunsystem greift dabei versehentlich den eigenen Körper an. Zellen, die eigentlich schädliche Mikroorganismen aufspüren und abtöten sollen, attackieren die körpereigenen Organe. Forscher versuchen schon lange herauszufinden, welche Immunzellen genau bei Autoimmunkrankheiten aus dem Ruder laufen. Auch der von den Immunzellen ausgeschiedene Botenstoff, der die Entzündung in Hirn und Rückenmark von MS-Patienten auslöst, war bislang unbekannt.

Nun hat ein Team um den Zürcher Immunologen Burkhard Becher einen Botenstoff gefunden, ohne den MS gar nicht ausbrechen kann. Die Wissenschaftler hatten bei genetisch veränderten Mäusen sechs Jahre lang nach dem Faktor gesucht. Fündig wurden sie beim Botenstoff GM-CSF. "Bei Mäusen ohne GM-CSF konnte die MS-ähnliche Krankheit gar nicht entstehen", wird Becher in einer Mitteilung zitiert. Und wenn die Forscher den Botenstoff in kranken Mäusen neutralisierten, wurden diese sogar geheilt.

Die Studie zeigte, dass GM-CSF im Verlauf der Entzündung ins Gehirn gebracht wird und dort gewebeschädigende Fresszellen auf den Plan ruft. Ohne derartige Fresszellen könne die Entzündung gar nicht erst richtig in Gang kommen. Im Gegensatz zu allen anderen bisher untersuchten Botenstoffen ist GM-CSF deshalb für die Krankheitsentstehung unabdingbar.

Das wollen die Forscher nun ausnutzen, um Autoimmunerkrankungen zu stoppen. Momentan behandeln sie in einer klinischen Studie Patienten, die an rheumatoider Arthritis leiden, mit Antikörpern, welche GM-CSF im Körper neutralisieren. Ende dieses Jahres soll eine Studie mit MS-Patienten beginnen. Becher warnt allerdings vor allzu großer Euphorie. Ob MS-Patienten von dieser Therapieform tatsächlich profitieren werden, sei noch nicht sicher, sagte er. So oder so werde die Studie aber mithelfen, Entzündungen im Gehirn besser zu verstehen.