Die Beratung von Schönheitschirurgen in Hamburg ist überwiegend mangelhaft, zeigen Tests der Verbraucherzentrale

Hamburg. Um eine Sache müssen sich Frauen, die ihre Brust vergrößern lassen wollen, zumindest in Hamburg keine Sorgen machen: dass ihr Schönheitschirurg Bedenken hat. Viele Ärzte informieren offenbar nur schlecht über den Eingriff - und klären zu wenig über Risiken auf. Zu diesem Ergebnis kommt die Hamburger Verbraucherzentrale nach Besuchen bei elf Schönheitschirurgen in der Hansestadt.

Als Testerin diente eine Frau Anfang 20, die sich in den Praxen mit dem Wunsch vorgestellt hatte, sie wolle ihre Brust vergrößern lassen. Zehn Ärzte hätten sie schlecht beraten, so die Verbraucherzentrale. Nur ein Arzt habe der jungen Frau gesagt, sie könne mit ihrem Aussehen zufrieden sein.

"Das Ergebnis hat uns überrascht", sagt Christoph Kranich, Sprecher für Gesundheitsfragen bei der Verbraucherzentrale. "Denn wir haben für den Test nur Fachärzte für plastische und ästhetische Chirurgie ausgewählt." Diesen geschützten Facharzttitel dürfen Ärzte erst nach einer sechsjährigen Ausbildung führen. "Wir gehen zwar davon aus, dass ein solcher Arzt sein Handwerk gut beherrscht. Das bedeutet aber offenbar nicht, dass er auch eine gute Beratung bietet", so Kranich.

Alle ausgewählten Ärzte seien zudem Mitglieder einer der drei großen deutschen Fachgesellschaften für plastische und ästhetische Chirurgie. Doch auch das garantiert offenbar keine gute Beratung: "Wir haben zwar auf den Internetseiten der Gesellschaften sehr gute Empfehlungen für die Beratung von Patienten gefunden. Nur halten sich die Hamburger Mitglieder der Gesellschaften überwiegend nicht an die Empfehlungen", so Kranich weiter.

Wie viele Schönheitschirurgen aktuell in Hamburg arbeiten, ist nicht erfasst; vor fünf Jahren gab es einer Studie zufolge mindestens 90 Anbieter ästhetischer Operationen in der Stadt. Sind Tests bei elf Ärzten da genug? "Unsere Untersuchung ist nicht repräsentativ, aber trotzdem sehr aussagekräftig", sagt Kranich. "Wir haben allerdings nur Ärzte ausgewählt, die eine kostenlose Beratung anbieten. Ob eine kostenpflichtige, zum Teil mehrere Hundert Euro teure Erstberatung bei anderen Schönheitschirurgen besser ist, können wir nicht sagen."

Die Ergebnisse im Detail: Der Verbraucherzentrale zufolge riet keiner der elf Ärzte der Testerin ausdrücklich von der gewünschten Brustvergrößerung ab; nur ein Arzt äußerte Zweifel an der Notwendigkeit der Operation. Kein Arzt versuchte, das Selbstbild der Patientin näher zu ergründen. Vier Ärzte fragten zwar nach der Motivation der jungen Frau, ihre Antwort, sie sei einfach mit ihrem Busen unzufrieden, hinterfragten die Ärzte jedoch nicht.

Über mögliche Folgen und Risiken der Brustoperation klärten die getesteten Ärzte mehrheitlich unvollständig, verharmlosend oder nur schlagwortartig auf. Dass es nach einer Brustvergrößerung zum Beispiel zu einer sogenannten Kapselfibrose kommen kann (dabei bildet sich um das eingesetzte Implantat eine schmerzhafte Kapsel), erwähnten zwar alle Ärzte, die meisten klärten aber nicht darüber auf, dass daraus Verhärtungen und Verformungen der Brust folgen können - und was eine Nachkorrektur kosten würde.

Apropos: Dass Nachoperationen nötig werden könnten, erwähnten nur vier der elf Ärzte. Sieben verschwiegen, dass Mammografien durch Implantate erschwert sein können, und kein Arzt klärte darüber auf, dass auf die Patientin dadurch zusätzliche Kosten zukommen würden. Denn die Krankenkassen sind per Gesetz verpflichtet, Patienten an den Behandlungskosten infolge einer Schönheitsoperation "in angemessener Höhe" zu beteiligen.

Als Konsequenz fordere die Verbraucherzentrale Schönheitschirurgen auf, "sowohl in ihrer Beratung als auch bei ihren Operationen ethische vor finanzielle Gesichtspunkte zu stellen", sagt Sprecher Christoph Kranich. Außerdem sollten die Fachgesellschaften stärker darauf achten, dass "ihre Mitglieder eine gute Beratung anbieten".

Dr. Joachim von Finckenstein, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie, sagt, er gehe davon aus, dass die Mehrheit seiner Mitglieder eine gute Beratung anbiete. "Wenn das ausnahmsweise nicht der Fall war, werden wir Konsequenzen ziehen, denn wir haben einen guten Ruf zu verteidigen."

Auch bei der zweiten großen Vereinigung von Schönheitschirurgen in Deutschland will man über die Untersuchung diskutieren. "Wir nehmen die Ergebnisse sehr ernst", sagt Kerstin van Ark, Sprecherin der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen. "Dennoch müssen wir die Ergebnisse erst aufarbeiten, bevor wir eine ausführliche Stellungnahme abgeben können."