Fast ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen zwischen elf und 17 Jahren sind bundesweit betroffen.

Hamburg. Da gibt es Mädchen, die jede Diät ausprobieren und träumen, Model zu werden, und Jugendliche, die Enttäuschung und Kummer mit Limonade, Schokoriegeln und Pommes bekämpfen. Fast ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen zwischen elf und 17 Jahren zeigt Symptome einer Essstörung, hat das Berliner Robert-Koch-Institut festgestellt. Essstörungen zählen zu den häufigsten chronischen Gesundheitsproblemen von Kindern und Jugendlichen.

Mit einer großen Aufklärungsaktion wollen Hamburger Einrichtungen auf das Problem aufmerksam machen. Unter dem Motto "Hol dir Hilfe" hat der Fachausschuss Essstörungen, in dem Facheinrichtungen aus Hamburg und dem Umland vertreten sind, vom 26. bis zum 30. April eine Aktionswoche mit mehr als 40 Veranstaltungen organisiert. Ziel ist es, Betroffenen schneller zu helfen. "Im Fachausschuss stellen wir immer wieder fest, dass die Versorgung von Jugendlichen mit Essstörungen in Hamburg nicht gut ist. Bedürftige müssen sehr lange auf einen Therapieplatz warten, vor allem wer an Magersucht oder Bulimie leidet. Nur Jugendliche mit Fettsucht können relativ schnell versorgt werden. Und wenn jemand stationär behandelt werden muss, ist die Wartezeit sehr lang", sagt Margarete Nowag, Leiterin des Optifast & More Zentrums in der Asklepios Klinik Wandsbek, das u. a. das Behandlungsprogramm move & eat & more für übergewichtige Jugendliche anbietet.

An erster Stelle steht eine ambulante Therapie, doch manchmal lässt sich die Aufnahme in eine Klinik nicht vermeiden. "Eine stationäre Behandlung ist nötig, wenn das Leben des Jugendlichen bedroht ist, zum Beispiel durch extremes Hungern", sagt Barbara Sturm von der Beratungsstelle Waage. Auch wenn die Essstörung des Jugendlichen die ganze Familie stark belastet, kann die stationäre Aufnahme für alle entlastend sein.

Beratungsgespräche können meist schneller vermittelt werden als ein Therapieplatz. "In unserer Einrichtung können wir Beratungsgespräche oft innerhalb von 14 Tagen anbieten. Über Informationsveranstaltungen und Fachkräfte der Jugendhilfe können wir einen Teil der jungen Frauen erreichen, wenn die Essstörung noch nicht ausgeprägt ist", sagt Karola Sommerburg von Kajal Frauenperspektiven, einer Beratungsstelle für Mädchen. Ihre Erfahrung: 70 Prozent der Mädchen zwischen zwölf und 18 Jahren seien mit ihrem Aussehen unzufrieden, wollen dünner werden, selbst wenn sie nicht übergewichtig sind.

Damit sich daraus keine Essstörung entwickelt, ist Vorsorge wichtig. "Dabei geht es unter anderem darum, sich mit dem gängigen Schönheitsideal auseinanderzusetzen und dazu eine kritische Haltung zu erarbeiten. Und es geht um Genuss und Wohlfühlen, um Selbstbewusstsein, das Wahrnehmen von Gefühlen und Bedürfnissen", sagt Karola Sommerburg. Auch der Umgang mit Medien spielt eine Rolle. Für einen Achtjährigen sei eine Stunde Fernsehen am Tag angebracht, nicht aber fünf Stunden.

Wenn sich alles nur um die Essprobleme eines Jugendlichen dreht, sei es nötig umzudenken. "Es ist wichtig, seine Potenziale zu fördern, herauszufinden, welche Talente er hat und diese zu fördern, und sich nicht nur auf die Essstörung zu konzentrieren", sagt Christa Herrmann von KISS Hamburg, der Kontaktstelle der Selbsthilfegruppen.

Ausstellung für Schüler, "Der Klang meines Körpers", Staatliche Schule Gesundheitspflege, Hinrichsenstr. 35, Anmeldung unter 428 63-2472. Programm der Aktionswoche unter www.essstoerungen-hamburg.de