Mit neuen Methoden der Vorsorge, Diagnose und Behandlung zurück auf die Beine

Hamburg. Es sind nicht immer nur grobe Fouls wie im Fall Michael Ballack, sondern oft haben in der Fußballwelt auch schon falsche Bewegungen mitunter fatale Folgen. Beim Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft sind nach einem Tritt die Innenbänder und die vordere Syndesmose in seinem rechten Sprunggelenk gerissen. Das bedeutet das WM-Aus für den "Capitano". Laut einer Statistik des europäischem Fußballverbands Uefa zieht sich jeder Fußballer pro Saison durchschnittlich zwei Verletzungen zu. Aber: Bänderrisse, Kniescheibenbrüche und Meniskusschäden beenden inzwischen weitaus seltener Karrieren auf dem grünen Rasen, denn die Sportmedizin hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht.

"Die vorsorgenden Maßnahmen haben sich deutlich verbessert, auch die operativen Möglichkeiten sind heute ausgefeilter", sagt der Mannschaftsarzt des FC St. Pauli, Dr. Johannes Holz, der in der Park-Klinik Manhagen den Fachbereich Orthopädie und Gelenkchirurgie leitet. "Wir konnten die Zahl der Verletzungen unserer Spieler innerhalb der letzten Jahre nahezu halbieren."

Sportmotorische Testverfahren reduzieren das Verletzungsrisiko

Ein Erfolg, der vor allem auf der engen Kooperation mit dem Institut für Sportmedizin der Universität Hamburg beruht, mit dem der Verein seit der Saison 2006/2007 zusammenarbeitet. Die Methoden der Forscher basieren auf der Disziplin der Epidemiologie; sie nutzen statistische Daten, um Ursachen und Folgen von Verletzungen zu ergründen. "Wir haben eine Reihe von sportmotorischen Testverfahren eingesetzt, mit denen wir das Verletzungsrisiko deutlich reduzieren können", erklärt der Mannschaftsarzt. So werden die Fußballprofis kontinuierlich Prüfungen unterzogen, die ihre Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination testen sowie verbessern sollen. Getreu dem Motto: Wer rastet, der rostet, trainieren Sportler die besonders verletzungsanfälligen Körperregionen.

"Erfahrungsgemäß sind bei Fußballern vor allem die unteren Extremitäten gefährdet", erklärt Holz. Das bedeutet für die Sportler eher bei Kniebeugen schwitzen, als beim Bankdrücken die Oberarme zu stärken, sagt der Sportmediziner. Im Längsverlauf der Tests könne das Team um Trainer Holger Stanislawski die Entwicklung der einzelnen Spieler sehr genau verfolgen. Holz: "In der Hinrunde, vor Einführung des Testverfahrens, hatten wir noch 70 Verletzungen, in der Rückrunde waren es nur noch 34."

Gesetzt den Fall, die Sportler ziehen sich dennoch eine Läsion zu, macht sie die Medizin mittlerweile wieder schneller fit fürs Spielfeld. Das beobachtet Prof. Klaus-Michael Braumann, der das Institut für Sport- und Bewegungsmedizin leitet: "Vor zehn bis 15 Jahren zwang ein kaputtes Knie Spieler noch zu langen Pausen, heute ist der Leistungsabfall weitaus geringer. Eine Muskelverletzung in der Wade bedeutet nicht mehr, dass man zwangsläufig aussetzen muss."

Dank neuer Diagnosetechniken werden die Spieler schneller wieder fit

Das Erfolgsrezept: Anhand neuer bildgebender Verfahren können die Mediziner schneller Diagnosen stellen. "Bänderrisse haben wir früher generell operiert, was eine Ausfallzeit von mehreren Monaten bedeutete. Heute hilft uns die Diagnostik per Magnetresonanztomografie (MRT) und Computertomografie (CT), mögliche Alternativen in Betracht zu ziehen", sagt Braumann. Die Stärken der MRT: Sie analysiert sehr genau Sehnen und Bänder, Bindegewebe, die Muskulatur und das Innere der Knochen. Die Computertomografie hingegen stellt die äußere Knochenschicht deutlicher dar.

Auch der Mannschaftsarzt Johannes Holz setzt auf die modernen Diagnosebilder. Auf ihnen erscheinen komplizierte Kniegelenkschäden bisweilen sogar ganz plastisch: "Anhand von 3-D-Bildern können wir zum Beispiel auch Kniegelenkteil-Prothesen sehr gut an die Anatomie des Patienten anpassen." Kleinere Teilprothesen würden nur dort eingesetzt, wo es tatsächlich notwendig sei. Damit bleibe die Sportfähigkeit weiterhin erhalten. Früher sei das unvorstellbar gewesen, sagt Holz.

Für die Erstversorgung gilt noch immer die PECH-Regel

"Leichtere Verletzungen wie Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen behandeln wir heute auch mittels abschwellender Enzympräparate und Injektionen", so der Facharzt. Diese Katalysatoren kurbeln körpereigene biochemische Reaktionen an, die den Heilungsprozess beschleunigen.

Für die Erstversorgung - ob nun beim Profi- oder Freizeitsport - gilt indes noch immer, was bereits vor 18 Jahren galt: die sogenannte PECH-Regel, die Maxime der ersten Maßnahmen, die bei Muskel- und Gelenkverletzungen ergriffen werden sollten. PECH steht für Pause, Eis, Kompression und Hochlagern.