Die Europaparlamentarier im Umweltausschuss haben gestern gegen eine verpflichtende "Ampel"-Kennzeichnung auf Lebensmitteln gestimmt. Darunter ist ein auffälliger Verpackungsaufdruck zu verstehen, der mit den Farben Grün, Gelb und Rot die jeweiligen Anteile von Fett, Zucker und Salz sowie die Kilokalorien angibt. Kinderärzte und Krankenkassen hatten eine "Nährwert-Ampel" gefordert, wie sie etwa in England oder Finnland verbreitet ist.

Die Einteilung der Nahrungsmittel nach dem Farbenschema sei wissenschaftlich nicht haltbar und irreführend, meinte jedoch die Europaabgeordnete Renate Sommer (CDU) als Berichterstatterin in dieser Sache. Die Mehrheit im Ausschuss folgte ihr. Auch Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hatte sich im Vorweg gegen die "Ampel" ausgesprochen. Die Abstimmung gilt als richtungweisend für das Votum, das voraussichtlich im Mai im Europaparlament zur Nährwertkennzeichnung abgegeben wird.

Grüne und Linke hatten die "Nährwert-Ampel" gefordert, ebenso die AOK und Verbraucherverbände. Konservative und Liberale hatten sich dagegen ausgesprochen.

Die "Ampel" könne wegen ihrer "willkürlichen Schwellenwerte" zu Mangelernährung führen, warnte die Abgeordnete Sommer nach der Abstimmung sogar. Dennoch soll es Änderungen bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln geben. So wird es nach dem Votum der Parlamentarier auf jeder Lebensmittelpackung eine auffällig platzierte Angabe über den Brennwert in Kilokalorien je 100 Gramm geben.

Auch Informationen über Salz, Zucker, Fette und andere Stoffe müssen die Hersteller offenlegen.

Vor allem die Industrie hatte gegen die "Nährwert-Ampel" argumentiert. Viele Verbraucher würden dann fälschlicherweise glauben, dass sie mit Rot gekennzeichnete Produkte meiden sollten, hieß es. Dagegen hatte Gerd Billen, der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands, vor der Abstimmung an die Ausschussmitglieder appelliert, "die Volksvertreter dürfen dem Druck aus der Wirtschaft nicht nachgeben".

Große Hersteller kennzeichnen ihre Produkte seit Jahren freiwillig mit dem sogenannten GDA-Nährwertkompass. Mit ihm werden Angaben zum Gehalt an Zucker, Salz, Fett sowie zu den Kalorien gemacht. Doch die Mengen, auf die sich diese Daten beziehen, gelten oft als unrealistisch gering oder schwer abschätzbar. Die Bezugs-Portionsgröße müsse "praktisch, lebensnah und alltagstauglich sein", erklärte die Initiative "Ausgezeichnet informiert", zu der sich Hersteller wie Kraft, Nestle, Unilever, Mars und Coca-Cola zusammengeschlossen haben. Doch diese Portionsangaben legen die Hersteller bisher selbst fest. Umfragen der Initiative hatten ergeben, dass 74 Prozent der Verbraucher Kalorien- und Nährwertangaben auf verpackten Lebensmitteln wünschen, und zwar auf die jeweilige Portion bezogen.