Die schwerkranken Kinder werden in der Regel zu Hause von den Eltern versorgt und kommen nur im Notfall in die Klinik.

Hamburg. Blass und reglos liegt Aliza (Name geändert) mit geschlossenen Augen in ihrem Bett in der Kinderklinik des Uniklinikums Eppendorf (UKE). Seit ihrer Kindheit leidet die 22-Jährige an einer degenerativen Erkrankung des Gehirns, durch die sie immer mehr Fähigkeiten verloren hat - und an der sie sterben wird. Aliza ist Patientin der Palliativeinheit der UKE-Kinderklinik, die kürzlich ihren Betrieb aufgenommen hat. Sechs Betten gibt es hier, vier auf der neuropädiatrischen Station für Kinder mit schweren neurologischen Krankheiten, zwei auf der Krebsstation.

"Während es in der Palliativmedizin bei Erwachsenen um die Betreuung kurz vor dem Tod geht, ist die Palliativmedizin bei Kindern darauf ausgerichtet, die oft Schwerkranken über Jahre zu begleiten. In der Kinderheilkunde haben wir sehr viele Kinder, die eine Erkrankung haben, bei der man mit Stellung der Diagnose sagen kann, dass die Kinder daran sterben werden", sagt Dr. Thomas Herberhold, Leiter der neuropädiatrischen Palliativversorgung. Wie lange das dauert, könne man meist nur abschätzen, etwa bei schweren Krebsleiden, Stoffwechselerkrankungen oder Erkrankungen des Gehirns oder der Muskulatur.

Da im UKE viele solche Kinder behandelt werden, wurde vor zwei Jahren mit dem Aufbau der Palliativeinheit begonnen. Die Patienten werden in der Regel zu Hause von den Eltern versorgt und kommen nur im Notfall in die Klinik. So auch Aliza. Seit zwei Monaten ist sie im UKE, weil sie eine schwere Lungenentzündung hat, die ihren geschwächten Organismus so aus der Balance warf, dass sie zunächst auf die Intensivstation musste. Jetzt ist sie so weit wiederhergestellt, dass sie demnächst nach Hause kann. "Aber sie ist noch nicht wieder so fit wie vorher", sagt Herberhold. Vor der Lungenentzündung konnte die junge Frau noch laufen und sprechen. Das sei zurzeit nicht möglich. In der Klinik ist ihre Mutter ständig bei ihr. Zu Hause versorgen der Vater und eine Schwester die Familie und kümmern sich um die sechs Jahre jüngere Schwester von Aliza, die an der gleichen Krankheit leidet.

Für die Pflege zu Hause erhalten die Eltern Hilfe in der Klinik, etwa von Stefanie Ziegenbein vom Verein Kinderlotsen: "Wenn die Kinder kommen, spreche ich mit den Eltern, um herauszufinden, in welchen Bereichen sie Unterstützung brauchen. Dabei geht es auch um die Betreuung von Geschwistern oder die Organisation einer Kurzzeitpflege, damit die Eltern entlastet werden."

Auch die Schwestern bereiten die Familie auf das Leben nach dem Klinikaufenthalt vor, "damit sie zu Hause die Pflege bewältigen", sagt Schwester Hildegard Brümmer.

Medizinische Behandlung und Pflege zielen darauf ab, den Patienten die Schmerzen zu nehmen und möglichst viel Lebensqualität zu erhalten. "Denn in vielen Fällen können wir nur die Symptome behandeln, können aber die Krankheit nicht aufhalten", sagt Herberhold. Dies ist nur im Zusammenspiel mehrerer Fachrichtungen möglich. So wird die Familie auch psychologisch und seelsorgerisch betreut. Eingesetzt werden Musiktherapie, Physiotherapie, Entspannungstherapien und Massagen.

Doch am Ende stehen alle vor der Situation, dass ihre Patienten sterben. "Um den Eltern Halt geben zu können, ist eine professionelle Vorbildung wichtig", sagt Herberhold. Schwester Hildegard: "Wenn es ans Sterben geht, sind die Eltern sehr unsicher. Sie wissen nicht, wie sie es ihrem Kind erklären sollen und wie den Geschwistern. Dabei stehen wir ihnen zur Seite." Dabei hilft das Wissen, dass Kinder je nach Alter unterschiedliche Todesvorstellungen haben. Und Ehrlichkeit sei wichtig

Schwester Hildegard: "Viele merken, wenn alle um das Thema herumreden, und sagen irgendwann: ,Ihr könnt es mir schon sagen, ich weiß es sowieso schon.'"