Beim Vorhofflimmern kann die Blutgerinnung wirksamer und einfacher gehemmt werden

Hamburg. Pro Jahr erleiden 250 000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Zu den Risikofaktoren gehört neben Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes und erhöhten Blutfetten auch das Vorhofflimmern. Bei dieser Herzrhythmusstörung schlägt das Herz viel zu schnell und unregelmäßig. Dadurch können sich im linken Herzvorhof Blutgerinnsel bilden, die dann mit dem Blutstrom in das Gehirn geschwemmt werden und dort Blutgefäße verschließen können. "Patienten mit Vorhofflimmern haben ein fünffach höheres Risiko für einen Schlaganfall als Menschen mit einem normalen Herzrhythmus", sagte Prof. Christoph Diener, Leiter der Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen, gestern zu Beginn der europäischen Schlaganfallkonferenz in Hamburg. Jetzt gebe es neue Medikamente, die die Bildung der Blutgerinnsel effektiver und mit weniger Nebenwirkungen verhindern sollen als bisherige Mittel.

Nachdem bereits der erste Wirkstoff Dabigatran in Europa zur Schlaganfallprävention bei Patienten mit Vorhofflimmer zugelassen ist und im Juli in Deutschland verfügbar sein soll, werden weitere Substanzen in Studien getestet. Nach Ansicht von Diener stellen diese Mittel einen echten Durchbruch in der Schlaganfallprävention beim Vorhofflimmern dar.

"Die Schutzwirkung ist besser als die von Warfarin und das Risiko von Hirnblutungen geringer", sagte Diener. Warfarin zählt wie Marcumar zu den Gegenspielern des Vitamin K, das eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung spielt. Sie werden bisher eingesetzt, um beim Vorhofflimmern die Blutgerinnung zu hemmen. Zwar senken die Mittel das Schlaganfallrisiko um 60 bis 70 Prozent. Aber die Blutgerinnung des Patienten muss regelmäßig kontrolliert werden, es kann zu Blutungen kommen und zu Wechselwirkungen mit Nahrungsmitteln und Medikamenten.

Die neuen Wirkstoffe hingegen könnten in fester Dosierung als Tabletten eingenommen werden, es seien keine Kontrollen der Gerinnung nötig, und es gebe keine Wechselwirkungen mit Nahrungsmitteln und nur zwei mit anderen Arzneimitteln, sagte Diener. Er berichtete von einer Studie, in der einer der neuen Wirkstoffe mit Acetylsalicylsäure verglichen wurde, das auch als Blutgerinnungshemmer eingesetzt wird. "Die Studie zeigte, dass unter dem neuen Wirkstoff mehr als die Hälfte weniger Schlaganfälle auftraten", sagte der Neurologe. Er geht davon aus, dass nach und nach alle Patienten, die Blutgerinnungshemmer benötigen, auf die neuen Medikamente umgestellt oder neu eingestellt werden. Ob die Behandlung mit den neuen Mitteln kostengünstiger ist als die bisherige Therapie, ist noch nicht klar.

Prof. Joachim Röther, Chefarzt der Neurologie in der Asklepios-Klinik Altona und Vorsitzender der Deutschen Schlaganfallgesellschaft, wies während der Konferenz auf die Bedeutung von Aufklärungskampagnen zur Früherkennung eines Schlaganfalls hin. Denn eine Lysetherapie, bei das Blutgerinnsel medikamentös aufgelöst wird, ist nur in den ersten viereinhalb Stunden wirksam. Typisch für einen Schlaganfall sei das plötzliche Auftreten von Lähmungen, Gefühlsstörungen, Einschränkungen des Gesichtsfeldes, Kopfschmerzen, Schwindel und Sprachstörungen. Bei solchen Symptomen, auch wenn sie nur vorübergehend seien, solle man sofort "112" anrufen.