Mit der „MS Eurodam“ geht es von Kopenhagen aus acht Tage auf Skandinavien-Cruise durch die Ostsee. Deutsche Touristen sind bei der Holland America Line noch eine Seltenheit

„Wikingerhelme haben gar keine Hörner!“ Stadtführerin Margarethe räumt erst einmal mit einem Mythos auf. Die Gruppe, die sie durch das Museum „Vikingskipshuset“ in Oslo lotst, wundert sich. Schließlich kennen die Besucher aus Deutschland die Comicserie „Wicki und die starken Männer“, den Abenteuerfilm „Pathfinder“ oder sind als Kinder in Wikinger-Montur zum Fasching gegangen. Überall Hörner. Nicht so auf den Helmen, die tatsächlich gefunden wurden: „Die Hörner sind eine Erfindung der Tourismusindustrie“, sagt Margarethe zwischen gut erhaltenen Segelschiffen und anderen Funden aus dem Besitz der echten Wikinger.

Doch immerhin stimmt sonst eine ganze Menge dessen, was man noch aus Schulzeiten erinnert: Die Wikinger waren ein seefahrendes, kriegerisches Volk aus dem Nord- und Ostseeraum, aktiv zwischen 800 und 1050 unserer Zeitrechnung, dann langsam sesshaft werdend als Folge der Christianisierung Skandinaviens. Heute punkten gerade Norwegen und Schweden bei ausländischen Gästen mit ihrer Wikinger-Historie. Auch die Holland America Line (HAL), die Premiummarke der Reederei Carnival, hat das Thema aufgegriffen: „Im Bann der Wikingersagen“ heißt eine achttägige Kreuzfahrt mit der „MS Eurodam“ von und bis Kopenhagen: über Flam, Stavanger, Kristiansand, Oslo und Göteborg. Jedes Jahr steht sie im Juli und August auf dem Programm der Gesellschaft, die 1871 in den Niederlanden für den Liniendienst nach New York gegründet wurde.

Seit den 1970er-Jahren hat die HAL ihren Sitz im US-amerikanischen Seattle, was sich klar in der Bordsprache – Englisch – und im Publikum widerspiegelt. Die meisten sind Amerikaner. Auch Australier und Briten reisen mit. Festlandeuropäer sind eindeutig in der Minderheit. So hatten beim Cruise im August 2014 nur 60 Mitreisende von insgesamt 2104 Passagieren einen deutschen Pass. Für die Fragen und Probleme deutschsprachiger Gäste sind Gesa Hoofdmann und Jana Bornschein am Empfang die Anlaufstelle. Neben Anika Kastner, einer Mitarbeiterin in der Abteilung Speisen & Getränke, sind sie die einzigen deutschen Mitarbeiter an Bord der „MS Eurodam“.

Nach beschaulichen Städten folgen Ausflüge in zwei Metropolen

Flam und Stavanger sind Orte im Westen Norwegens und die ersten beiden Stationen auf der Wikinger-Tour des Kreuzfahrers. Beide auf ihre Art malerisch, und dennoch ganz unterschiedlich. Flam liegt am Ende des Aurlandsfjords, einem Seitenarm des Sognefjords. Seit dem 19. Jahrhundert zieht das Dorf Besucher aus der ganzen Welt an. Dementsprechend hat sich rund um den Hafen die Tourismusindustrie mit Cafés, Restaurants und Souvenirläden gut entwickelt. Aber auch die Landwirtschaft ist immer noch ein relevanter Wirtschaftszweig. Das milde Klima entlang der Fjorde (sie bekommen warmes Wasser vom Golfstrom ab) lässt Äpfel und Himbeeren gedeihen. Dank langer Tage wachsen hier sogar „die süßesten Erdbeeren der Welt“ – behauptet zumindest die einheimische Reiseleiterin.

Ursprünglicheres als Touristenbuden finden die Passagiere während der Ausflüge, die sie schon vorab zuhause oder später auf dem Schiff buchen können – etwa eine spektakuläre Fahrt mit der Flambahn, die sich auf ihrer 20 Kilometer langen Strecke 2850 Meter in die Höhe arbeitet und dabei den Blick freigibt auf bis zu 15 Meter hohe Wasserfälle. „Walking routes“ laden zum Wandern ein.

Stavanger wiederum – mit rund 130.000 Einwohnern Norwegens viertgrößte Stadt – beeindruckt mit idyllischen Gassen im historischen Viertel und der ältesten Kirche Norwegens. Die „Domkirke“, einen Steinwurf vom Hafen entfernt, wurde ab 1125 erbaut. Auch gut: das Ölmuseum von Stavanger. Eindrucksvoll informiert es mithilfe von Modellen und originaler Ausrüstung über die Offshore-Ölförderung Norwegens. Und wer zwischendurch einmal etwas abseits von Geschichte und Natur erleben möchte, geht ins Kvadrat Kjöpesender – mit mehr als 150 Geschäften Norwegens größtes Einkaufszentrum.

Dritter Landgang während der Wikingertour ist Kristiansand, Geburtsstadt von Mette-Marit, der norwegischen Kronprinzessin. Im Sommer wird es hier bunt: Die Hauptstadt des Südlandes gilt als „Norwegens Blumenstadt“. Touristen mögen das 85.000-Einwohner-Städtchen dann ganz besonders, nutzen den Badestrand, der direkt an die Innenstadt grenzt oder bummeln durch den Dyrepark, einen Tierund Freizeitpark mit mehr als 100 Tierarten. Wer es historisch mag, wirft einen Blick in die 1672 erbaute Festung Christiansholm oder die Domkirche, ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert.

Während der erste Teil der Kreuzfahrt beschaulichen Städtchen gewidmet ist, bekommen die Passagiere der Wikinger-Tour im weiteren Verlauf zwei Metropolen Skandinaviens zu sehen: Norwegens Hauptstadt Oslo (640.000 Einwohner) und Göteborg, mit einer halben Million Einwohner nach Stockholm Schwedens zweitgrößte Stadt. Gerade hier bietet es sich natürlich an, klassische Stadtführungen zu buchen – nur so kann man sich eigentlich in der Kürze der Zeit einen halbwegs guten Überblick verschaffen. Höhepunkte sind die Oper mit weißem Marmor direkt am Hafen, das Rathaus, Schloss Akershus im Herzen der Stadt, die Skisprunganlage Holmenkollen, der Skulpturenpark Vigeland, der Königspalast wie auch zahlreiche Museen.

Für gute Luft sorgen in Oslo mehrere Tausend Elektroautos. Dass sie in Norwegen so populär sind, liegt daran, dass die Einwohner für sie zunächst bis 2018 keine Steuern zahlen. Außerdem dürfen sie in Oslo die Busspur benutzen und an mehr als 400 Stationen umsonst wieder aufgeladen werden. Ein unschlagbarer Vorteil, wo der Benzin-Literpreis in Norwegen bei fast zwei Euro liegt. Oslo gilt als ökologisch wertvoll: 75 Prozent der Stadtfläche sind grün.

Als letzten Hafen vor Kopenhagen, der Endstation der Wikinger-Kreuzfahrt, läuft die „MS Eurodam" Göteborg in Schweden an. Viele der Einwohner haben holländische Vorfahren, weil der König, der die Stadt Anfang des 17. Jahrhunderts hatte planen lassen, für ihren Bau 300 niederländische Familien anwarb. Noch heute prägen zahlreiche Kanäle das Aussehen der Stadt. Aufgrund des Sumpflandes gibt es allerdings auch immer wieder Probleme mit Häusern rund um den Hafen, die sich absenken.

Am folgenden Tag gehen die Passagiere in Kopenhagen ein letztes Mal die Gangway hinunter, die „MS Eurodam" wartet auf ihre nächsten Gäste. Wer genug Zeit und Geld hat, macht zwei Touren hintereinander. So wie Rosie aus New Jersey, die sagt, „sonst lohnt sich der Flug nach Europa ja gar nicht“. Für sie ging es gleich weiter durch die Ostsee bis nach St. Petersburg.