Vor dem Behandlungszimmer in der chirurgischen Ambulanz des Marienkrankenhaus warten Patienten, die aus Ghana oder Togo, Vietnam oder Venezuela, Serbien oder Bulgarien stammen. Es sind Menschen, die weder gültige Aufenthaltspapiere noch eine Krankenversicherung haben. Deswegen kommen sie in die Sprechstunde der Malteser Migranten Medizin. Hier werden sie kostenlos behandelt. Drei ehrenamtlich tätige Ärzte sind Donnerstag nachmittags im Wechsel für sie da. Einer von ihnen ist Dr. Hubertus-Eberhard Zimmermann.

„Meist geht es erst einmal darum, Diagnosen zu stellen oder Schmerzen zu lindern, auch Schwangere beraten wir“, sagt der Internist. Seine Frau Brigitte assistiert ihrem Mann. Sie kümmert sich um die Patientenakten, die oft mit falschen Namen versehen werden. „Viele wollen anonym bleiben, sie bekommen dann von mir einen Namen, damit ich sie anreden kann“, sagt der 75 Jahre alte Arzt.

Im Jahr 2007 begann er mit der ehrenamtlichen Arbeit. „Ich suchte wieder eine Beschäftigung. Denn zuvor hatte ich 30 Jahre und zwei Monate in meiner Praxis in Bahrenfeld gearbeitet, dann musste ich aufgrund der damaligen Gesetze mit 68 Jahren aufhören“, sagt Hubertus-Eberhard Zimmermann. Doch der tatkräftige Mediziner konnte nicht zu Hause sitzen und nichts tun. Als ein Darmstädter Kollege ihm von seiner Arbeit in der dortigen Malteser Migranten Medizin erzählte, war Zimmermanns Ehrgeiz geweckt. In Hamburg gab es das Angebot noch nicht. Er wandte sich an die Malteser, und nachdem ein Raum im Marienkrankenhaus gefunden war, startete er die Sprechstunde zusammen mit Dr. Helgo Meyer-Hamme, später kam Detlev Niebuhr als dritter Mediziner dazu.

Die Nöte der Patienten sind oft groß. „Ich erinnere mich an einen alten Mann aus Kasachstan, der zu mir in die Sprechstunde kam. Sein Bein war amputiert worden, weitere Behandlung war nötig, aber er hatte die Operation noch nicht abbezahlt“, sagt Hubertus-Eberhard Zimmermann. Wo er kann, versucht er dann zu helfen. Er bittet Kollegen um kostenlose Weiterbehandlungen, wenn seine Mittel ausgeschöpft sind. Viele seien sehr offen und entgegenkommend, übernehmen etwa kostenlos Laborarbeiten. Aber es gibt auch einige wenige, die solche Hilfe ablehnen. Die Flüchtlinge haben hier nichts zu suchen, habe man ihm schon entgegnet, so der Arzt.

Diese Menschenverachtung kann er nicht nachvollziehen. Seine Motivation liegt für ihn, der inzwischen auch wieder als Praxisvertretung arbeitet, in seiner eigenen Lebensgeschichte. In Königsberg geboren, floh er als Sechsjähriger mit seiner Mutter und zwei Geschwistern während des Krieges in den Westen. „Ich erlebte Not und sah meine Mutter betteln gehen“, sagt der Vater zweier erwachsener Kinder. Für ihn steht fest: „Ich habe das Glück gehabt, etwas zu erreichen und tue deshalb gern etwas für die, die nicht so gute Chancen haben.“