Die junge irische Sopranistin Tara Erraught gastiert in „Il Barbiere di Siviglia“ und „La Cenerentola“

Als Musikkritiker ärgert man sich manchmal fürchterlich über seine Kollegen. So wie im Mai diesen Jahres: Da gab die junge irische Mezzosopranistin Tara Erraught in Glyndebourne ihr Debüt als Octavian im „Rosenkavalier“ – und wurde von renommierten Tageszeitungen mit gehässigen Kommentaren runtergeputzt. Zu ihrer Figur, wohlgemerkt. Die Financial Times etwa schrieb von einem „molligen Bündel aus Babyspeck“, der Daily Telegraph maulte über ihre vermeintlich „plumpe Statur“.

Geht’s noch? Dass die abfälligen Bemerkungen von männlichen Autoren stammen, macht die Sache nicht besser. Zumal ein Blick auf die Fotos von Tara Erraught – die an der Staatsoper im Dezember und Januar mit Rossini zu erleben ist – eine vielleicht nicht modelschlanke, aber auch keinesfalls besonders dicke junge Frau zeigen. Sollen die Opernsängerinnen etwa nur auf die Bühne dürfen, nachdem sie vor den Augen eine Kritikerjury den Bikiniwettbewerb absolviert haben?

Natürlich nicht. In erster Linie sollen sie schön singen und spielen. Und das tut Tara Erraught unbedingt. Die sympathische Irin, die mit zehn Jahren heimlich den ersten Unterricht nahm und mit 17 von zu Hause auszog, um nach London zu gehen, hat ein wunderbar strahlkräftiges und erstaunlich warmes Timbre. Deshalb übernahm sie die Bayerische Staatsoper nach zwei Jahren im Opernstudio auch fest ins Ensemble.

Ihr Sensationserfolg als Einspringerin für Vesselina Kasarova bescherte ihr 2011 den internationalen Durchbruch. Seither ist sie auf vielen bedeutenden Bühnen ein begehrter Gast und kommt nun als Rosina im „Barbiere“ sowie als Angelina in der „Cenerentola“ nach Hamburg. Als Aschenputtel wird Tara Erraught mit ihrer hinreißenden Stimme und der leuchtenden Bühnenpräsenz sicher demonstrieren, dass sie sehr wohl auch die Schönste im ganzen Land sein kann.

Il Barbiere di Siviglia 22., 26., 30.12, 1.1.2015, La Cenerentola 6., 9., 14., 18.1.2015. Tickets unter T. 356868