Geistliche Barockmusik aus Versailles und Paris

In der geistlichen Musik sind die Deutschen – seien wir ehrlich – ein bisschen einseitig. Zu den kirchlichen Feiertagen gibt’s ganz viel vom göttlichen Bach rauf und runter, und dazu noch die üblichen verdächtigen Werke von Händel, Mozart, Brahms und Mendelssohn.

Aber das war’s dann auch schon. Viele Repertoirebereiche werden im Konzertbetrieb ganz ausgeklammert. Die französische Barockmusik zum Beispiel ist hierzulande nahezu vollkommen unbekannt. Ein Jammer. Denn unter der Herrschaft Ludwigs XIV erreichte sie im 17. Jahrhundert einen unerhörten Reichtum. Die vom Sonnenkönig begünstigten Komponisten entwickelten eine prunkvolle Klangsprache, deren Farbpracht und harmonische Raffinesse ihresgleichen suchte.

Am Ewigkeitssonntag – der traditionell dem Gedenken an die Verstorbenen gewidmet ist – lassen Philipp Ahmann und der NDR Chor diese Blütezeit der französischen Musik wiederaufleben. Gemeinsam mit dem Ensemble Le Concert Lorrain präsentieren sie in der Hauptkirche St. Nikolai ein Programm mit Werken von Jean-Baptiste Lully, Marc-Antoine Charpentier und André Campra.

In Lullys „Dies Irae“ beschwören die Interpreten zunächst eine Vision des Jüngsten Tags, die der Komponist mit ungewöhnlichen Mitteln vertonte: Dass er die gregorianische Dies-Irae-Melodie nach der getragenen Orchesterleinleitung von einem Bass-Solisten vortragen ließ, war für die Ohren der französischen Zeitgenossen eine kleine Sensation.

Mit Charpentiers Messe „Pour les Trepasses“ und seiner gleichnamigen Motette rückt dann die Erinnerung an die Toten stärker ins Zentrum. Dabei berührt die Musik des großartigen Komponisten immer wieder mit ausdrucksvollen Vorhalten und schmerzreichen Akkorden.

Die nutzt auch André Campra in seinem wunderbaren Requiem. Das rund 45-minütige Meisterwerk, mit dem der NDR Chor den Abend beschließt, verbindet den harmonischen Reichtum der französischen Hofkomponisten mit dem eher schlichten italienischen Stil seiner Zeit: Eine von vielen Entdeckungen in diesem außergewöhnlichen Programm.

„Requiem“ 23.11., 18.00, Hauptkirche St. Nikolai. Karten zu 21,- (erm. 11,-) unter T. 44192192 oder www.ndrticketshop.de