Lloyd Riggins bringt als Neuproduktion August Bournonvilles „Napoli“ beim Hamburg Ballett heraus

Auch unsere dänischen Nachbarn verstehen sich auf große romantische Ballette. Ein Beispiel dafür ist „Napoli“ von August Bournonville. Der Choreograf ließ sich von einem Neapel-Besuch inspirieren und fing in seinem Ballett die Stimmung einer Stadt in permanenter Bewegung ein. An den Schluss hat er eine Tarantella gesetzt. Sie entspricht dem fröhlichen, folkloristischen Charakter des Balletts. 1842 uraufgeführt, steht „Napoli“ noch immer auf dem Programm des Königlich Dänischen Balletts, wird dort von einer Ballettgeneration an die nächste weitergereicht.

Der erste Tänzer und Ballettmeister des Hamburg Balletts, Lloyd Riggins, hat seine ganz persönlichen Erinnerungen an dieses Nationalballett. Im Alter von 17 Jahren holte ihn Direktor Frank Andersen nach Kopenhagen, nachdem er ihn in den USA in einem Bournonville-Workshop gesehen hatte. Riggins tanzte einige Soli, darunter jenes aus dem Pas de Six. Er wurde Teil der Compagnie, eine Ehre, die nur wenigen Ausländern zuteil wird.

Auch John Neumeier ist ein Kenner des dänischen Klassikers, doch lässt er Riggins beim Choreografieren den Vortritt. Am 7. Dezember bringt dieser „Napoli“ mit dem Hamburg Ballett heraus.

Natürlich erzählt das Ballett eine zu Herzen gehende Liebesgeschichte. Die junge Teresina liebt den armen Fischer Gennaro. Man feiert ausgelassen und segelt auf hoher See. Ein Sturm lässt das Boot jedoch kentern, Teresina geht über Bord und findet Rettung in der „Blauen Grotte“ eines Seedämons. Bald hat der finstere Gesell Zugriff auf ihre Seele, die Erinnerung an Gennaro ist ausgelöscht. Dieser wird gerettet und droht an seinen Schuldgefühlen zu verzweifeln, bis ihm eine Madonnenstatue bedeutet, doch noch auf die Suche zu gehen. Er findet seine Geliebte – und sieht sich prompt selbst dämonischen Verdächtigungen der Gesellschaft ausgesetzt. „Es geht um den Wert der Standhaftigkeit, also die menschliche Fähigkeit, an seinen Überzeugungen festzuhalten, Versuchungen zu widerstehen und sie mit einem festen Glauben und viel Menschlichkeit zu überwinden“, sagt Lloyd Riggins über den Kern des Balletts. Auffällig ist die Bodenständigkeit des Stoffes. Hier treten keine gekrönten Häupter auf, sondern Menschen aus dem Volk.

Die Inszenierung verspricht auch komische Momente, etwa wenn die Nebenbuhler Gennaros, Giacomo und Peppo, von Teresinas Mutter zwecks Eheschließung mit ihrer Tochter herbeigelockt, im ersten Akt auftreten. Riggins kündigt an, seinen Beitrag vor allem im düsteren zweiten Akt, der in der „Blauen Grotte“ und damit in einer anderen Welt spielt, leisten zu wollen. Über die Jahre haben unterschiedliche Teile des Ballettes eine Neuinszenierung erfahren. Riggins schwebt kein radikaler Bruch mit der Tradition vor. Er möchte dem Kern mit seiner künstlerischen Handschrift zu mehr Gewicht verhelfen.

Für die Musik haben sich mehrere Komponisten zusammengetan. Edvard Helsted und Holger Simon Paulli komponierten die ersten beiden Akte, Niels W. Gade hat die Atmosphäre der „Blauen Grotte“ inklusive der populären Melodie „La Melancholie“ des Violinisten François Henri Prume verfasst.

„Napoli“ 7., 10., 13., 31.12., 10.11., 13., 15., 16.1., jew. 19.30, Hamburgische Staatsoper, Karten 4,- bis 132,- unter T. 35 68 68