Die Ausstellung „Luther und die Fürsten“ in Torgau untersucht das wechselvolle Verhältnis des Reformators zur Macht

Das Verhältnis Martin Luthers zu den protestantischen Fürsten ist ein viel, häufig auch kritisch diskutiertes Thema. Wenn man Wittenberg als Mutter der Reformation betrachtet, so gilt Torgau an der Elbe als ihre Amme. Mehr als 40-mal hat sich Martin Luther hier aufgehalten.

Anlass für die Renaissancestadt, die mit Schloss Hartenfels als das politische Zentrum der Reformation gilt, eine große nationale Sonderausstellung zu initiieren. „Luther und die Fürsten – Selbstdarstellung und Selbstverständnis des Herrschers im Zeitalter der Reformation“ widmet sich von Mai bis Oktober 2015 den Fragen, wie es Luther gelang, die protestantischen Fürsten für sein Anliegen zu gewinnen.

Es waren prägende und auch wandlungsreiche Jahre der bürgerlichen Gesellschaft. In Torgau gründeten sich die wichtigsten protestantischen Bündnisse zum Schutz der Glaubensfreiheit. Der Humanismus durchdrang die Wissenschaft, die Renaissance zog in die Kunst ein und die Reformation in die Religion. Die Renaissance entdeckte Ideale, Literatur, Sprache und Kunst der Antike wieder neu. Die Künstler wandten sich gegen die als reaktionär verachtete mittelalterliche Kunst.

Die Reformation entstand als Reaktion auf kritisierte Zustände in der katholischen Kirche. Dem Lager der bürgerlichen, gemäßigten Reformation gehörte im mittleren und nördlichen Deutschland die Masse des niederen Adels, das Städtebürgertum und ein großer Teil der Fürsten an, die sich einen Machtzuwachs erhofften. Eine Volksreformation in allen gesellschaftlichen Bereichen strebte dagegen die revolutionäre Bewegung der Bauern unter ihrem Anführer Thomas Müntzer an. 1524 sah die unter Fronarbeit und Leibeigenschaft leidende bäuerliche Bevölkerung die Chance, sich von den Übergriffen der Adligen zu befreien. Zwar gab Luther ihren Klagen inhaltlich recht, appellierte noch an die Adligen, ihrer Verantwortung als christliche Obrigkeit Folge zu leisten, doch lehnte er radikale Schritte als angeblichen Raub an der Obrigkeit ab.

Nachdem die Verhandlungen zu durchaus maßvollen Forderungen der Bauern am adligen Widerstand gescheitert waren, kam es zu den verheerenden Bauernkriegen. Die Bauern eroberten Burgen, vertrieben und töteten Adlige und lösten Klöster gewaltsam auf. Die schlecht ausgestatteten Bauern unterlagen den routinierten Söldnertruppen der Fürsten. Luther polemisierte gegen die Aufständischen und bediente sich der Fürstenmacht, um die Reformation weiter voranzutreiben. Gegen den Widerstand von Kaiser, katholischer Kirche sowie einigen Territorialfürsten war die einheitliche Reichskirche nicht durchsetzbar, stattdessen gab es Landeskirchen einzelner Fürsten, die zugleich als Bischöfe fungierten. Erst der Augsburger Religionsfriede von 1555 sicherte den Städten und Landesfürsten echte Religionsfreiheit zu. Es galt „Cuius regio – eius religio“, wer regierte, bestimmte den Glauben.

Schloss Hartenfels war im 15. und 16. Jahrhundert die bevorzugte Residenz der Kurfürsten von Sachsen, die Luther mit ihrer politischen Macht schützten und die Verbreitung seiner reformatorischen Ideen förderten. Der politische Einfluss der Fürsten soll in der Ausstellung ebenso dokumentiert werden wie der bis heute gültige Einfluss des Protestantismus auf Gesellschaft, Sprache und Verwaltung. Aber auch die gegenreformatorische Reaktion der katholischen Seite findet ihren Niederschlag. Der Torgauer Kantor Johann Walter erstellte hier das erste evangelische Kirchengesangbuch in Kooperation mit Luther und brachte es 1524 heraus.

Mit der Schlosskapelle auf Schloss Hartenfels weihte Martin Luther am 5. Oktober 1544 den ersten protestantischen Kirchenneubau ein. Bis heute gilt die Architektur als beispielhaft für die protestantische Kirchenlehre. An gleicher Stätte ging auch die Gründungsfeier des Torgauer Bundes zum Schutze der Glaubensfreiheit über die Bühne. Die hier ansässige Katharina von Bora, die 1525 Ehefrau Martin Luthers werden sollte, floh mit elf weiteren Nonnen in der Osternacht 1523 aus dem Kloster Nimbschen mithilfe des Torgauer Rats- und Handelsherrn Leonhard Koppe. 1552 starb sie auf der Flucht vor der Pest nach einem Unfall auf dem Weg nach Torgau. Heute befindet sich in der Stadtkirche St. Marien ihre Grabstätte.

Auf mehr als 1500 Quadratmetern Ausstellungsfläche sollen in „Luther und die Fürsten“ die politische Geschichte der Fürsten und ihr Selbstverständnis in der Reformation von 1515, dem Jahr des Generalablasses, bis 1591, dem Jahr des Torgauer Bündnisses, dokumentiert werden. Nachvollziehbar für den Besucher wird diese Entwicklung anhand von Gemälden, Exponaten aus der Schatzkammer wie Medaillen, Prunkrüstungen sowie weiteren historischen Werken, wie etwa der Prachtmitra des Erzbischofs Albrecht von Brandenburg. Ob Luther nun in erster Linie Fürstenknecht oder Reformator oder vielleicht beides war, wird die Ausstellung zeigen.

„Luther und die Fürsten – Selbstdarstellung und Selbstverständnis des Herrschers im Zeitalter der Reformation“, Mai bis Oktober 2015, Schloss Hartenfels, Wintergrüne 5, 04860 Torgau, www.skd.museum