EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider über den Stand der Ökumene

Ein Gespräch mit Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Hamburger Abendblatt:

Wie sehen Sie die Bedeutung Luthers heute?

Dr. Nikolaus Schneider:

Martin Luther fand durch sein Bibelstudium zu grundsätzlichen theologischen Erkenntnissen. Dazu gehört die Zentralität Christi für alle christliche Theologie, die Vorordnung der Bibel vor die Tradition der Kirche, die Einschätzung, dass Päpste und Konzilien irren können und geirrt haben, und: die Grundbestimmung des Verhältnisses zwischen Gott und Mensch – Gott wendet sich dem Menschen in Christus in Gnade zu.

500 Jahre Reformation sind auch 500 Jahre Spaltung der Christenheit. Was bedeutet für Sie Ökumene? Streben nach Wiedervereinigung oder die Suche nach einem freundlichen Miteinander?

Schneider:

Die christlichen Kirchen in Deutschland sind heute freundschaftlich verschieden. Die Unterschiede der konfessionellen Prägungen als Schätze füreinander zu verstehen, lernen die Kirchen zunehmend. Sie leben in einer „Ökumene der Gaben“. So verstanden, bedeutet Ökumene keine Einebnung kirchlicher Prägungen, sondern einen gemeinsamen Weg in konziliarer Beratung und verbindlicher Gemeinschaft. Eine Unterwerfung der einen unter die Wahrheitsansprüche der anderen kann es dabei nicht geben.

Gibt es Gespräche zwischen dem Rat der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz über das erste gemeinsame Jubiläum mit Ökumene?

Schneider:

Es gibt seit Jahrzehnten regelmäßige Gespräche. Zuletzt wurden Arbeitsgruppen damit beauftragt, Formen theologischer und liturgischer Äußerungen und Veranstaltungen für das Jubiläumsjahr 2017 zu bedenken und zu entwickeln.