In fünf Städten zeigt das Land Thüringen, wie die Cranachs die reformatorische Botschaft in Bildern unters Volk brachten

Für die Gothaer Bürgermeisterstochter Barbara Brengebier war der Maler eine gute Partie, denn zur Hochzeit 1512 gehörte Lucas Cranach zu den aufstrebenden Bürgern der kursächsischen Residenz Wittenberg. Er war nicht nur ein äußerst erfolgreicher und auch bei Hofe besonders geschätzter Maler, sondern eröffnete auch einen Weinausschank, besaß eine Apotheke, handelte mit Büchern, die er teils selber verlegte, war zeitweise Bürgermeister und galt nach einer Steuerhebung von 1528 als reichster Bürger in der Stadt.

Obwohl sein Lebensmittelpunkt in Wittenberg und damit im heutigen Sachsen-Anhalt lag, verband Lucas Cranach mit Thüringen nicht nur die Herkunft seiner Ehefrau, er besaß dort auch zwei Häuser, erhielt lukrative Aufträge und fand auf dem Jacobsfriedhof seines Sterbeortes Weimar 1553 die letzte Ruhestätte. Auch sein Sohn und Nachfolger Lucas Cranach d. J., dessen Geburtstag sich 2015 zum 500. Mal jährt, hatte zahlreiche persönliche und berufliche Verbindungen nach Thüringen. Für das Bundesland ist das Grund genug, das aktuelle Themenjahr unter das Motto „Cranach in Thüringen“ zu stellen. Wie es Vater und Sohn verstanden haben, die reformatorische Botschaft in eine allgemein verständliche Bildersprache zu übertragen, können Thüringen-Besucher in Gotha, Erfurt, Eisenach, Weimar und Neustadt an der Orla auf ganz unterschiedliche Weise erfahren.

Im Herzoglichen Museum Gotha auf Schloss Friedenstein wird gezeigt, wie die äußerst produktive Cranach-Werkstatt religiöse und politische Inhalte umgesetzt hat. Luthers Botschaft richtete sich an den Gläubigen, doch war die Reformation auch ein entscheidender Faktor in der Machtpolitik des 16. Jahrhunderts, in der sich die sächsischen Kurfürsten eindeutig positioniert hatten. Am Beispiel von herausragenden Werken aus internationalen Sammlungen zeigt die Ausstellung „Cranach im Dienst von Hof und Reformation“, mit welchen Bildkonzepten die Maler und ihre Werkstatt religiöse und politische Inhalte in einer Weise umgesetzt haben, die für uns heute mitunter durchaus propagandistisch erscheint (29. März bis 19. Juli 2015).

Dass wir recht genau wissen, wie der Wittenberger Reformator ausgesehen hat, verdanken wir Lucas Cranach und dessen gleichnamigen Sohn, die ihn immer wieder porträtiert und sein Aussehen damit im Bildgedächtnis der Kulturgeschichte unauslöschlich verankert haben. „Die Lutherporträts der Cranach-Werkstatt“, heißt eine Ausstellung auf der Wartburg, die mit zahlreichen grafischen und gemalten Beispielen zeigt, wie der florierende künstlerische Betrieb in Wittenberg organisiert war, zugleich aber auch dokumentiert wie sich dort das Luther-Motiv veränderte (2. April bis 19. Juli 2015).

Als Cranach d. Ä. den Flügelaltar in der Weimarer Herderkirche 1555 vollendete, hatte er eines der Hauptwerke reformatorischer Bildkunst geschaffen. Der Altar bildet den Ausgangspunkt der Ausstellung, die das Schiller-Museum unter das Motto „Cranach in Weimar“ stellt. In mehreren Kapiteln zeichnet die Klassik-Stiftung Weimar die Verbindungen zwischen Cranach und dem Hof von Johann Friedrichs des Großmütigen nach, untersucht das Verhältnis von Auftraggeber und Künstler und beleuchtet erstmals die Wiederentdeckung der Cranach-Werke im Umfeld von Goethe (3. April bis 14. Juni 2015).

„Kontroverse und Kompromiss“ lautet der Titel der Erfurter Ausstellung, die sowohl im Dom als auch im Angermuseum zu sehen sein wird: Im Mittelpunkt stehen die ab 1506 entstandenen Pfeilerbilder im Dom, die „katholische“ Inhalte umfassten. Während die Originale im Dom zu sehen sind, zeigt das Angermuseum mit seinem reichem Bestand von Werken aus dem 16. Jahrhundert auf, wie Bilder zum Medium der konfessionellen Auseinandersetzung zwischen Altgläubigen und Lutheranern genutzt wurden, aber auch wie die Kunst als Hilfe zum Kompromiss dienen konnte, etwa in der Darstellung von verbindenden Themen (16. Mai bis 23. August 2015).

„Cranach am authentischen Ort“, lautet das Motto, mit dem in Neustadt an der Orla das Interesse der Besucher auf den Flügelaltar gelenkt wird, der aus dem Werkstatt Lucas Cranachs des Älteren stammt und 1513 in der Stadtkirche St.Johannis aufgestellt wurde. Eine Replik des Altars ist im Cranach-Zimmer des Museums für Stadtgeschichte zu sehen, in dem die Motive dieses Meisterwerks erklärt und in Verbindung mit der Neustädter Stadtgeschichte gebracht werden.

Infos unter www.cranach2015.de/de/thueringen