Sonntag präsentieren sich die Nationalmannschaften aus Deutschland, Dänemark und der Schweiz auf der Binnenalster

Marco Jung hat einen Traum: „Olympische Spiele in Hamburg, Kanupolo wird olympisch. Und Deutschland gewinnt dann Gold. Das wäre doch was!“ Bis es so weit ist – und ob es überhaupt so weit kommt –, das weiß der Polowart des Alster-Canoe-Clubs (ACC), wird noch viel Wasser von der Alster in die Elbe fließen. Doch an diesem Sonntag wird beim E.ON Hanse Alstercup ein Anfang gemacht, um die traditionsreiche Wassersportart einem größeren Publikum vorzuspielen.

Von 11 bis 16 Uhr führen die Nationalmannschaften der Damen und Herren aus Deutschland, Dänemark und der Schweiz sowie die deutschen U21-Teams ihre Fertigkeiten im Dreikampf mit Wasser, Gegner und Ball vor. Drei Hamburger sitzen dabei in den wendigen, zwei bis drei Meter langen Booten: Antonia Lenz, Lukas Richter und Harald Knoop.

Die Nationalspieler Richter und Knoop wurden gerade mit dem ACC deutscher Vizemeister – hinter dem Kanusportverein Rote Mühle Essen –, die Damen des Clubs von der Eppendorfer Ludolfstraße haben in dieser Saison den Aufstieg in die Zweite Liga geschafft. Antonia Lenz war dabei keine gewöhnliche Drittligaspielerin, die Freundin von Lukas Richter, Weltmeisterin 2012, wechselte vom erstklassigen Göttinger Paddler-Club nach Hamburg, wohl auch der Liebe wegen.

Wer nun denkt, dass bei diesem Bootstausch für die Studentin auch der eine oder andere Schein wechselte, irrt. Kanupolospieler kassieren nicht mal Aufwandsentschädigungen, beteiligen sich sogar an den Kosten von Reisen zu nationalen und internationalen Turnieren. Pro Saison müssen sie rund 1000 Euro selbst in ihren Sport reinschießen – wenn nicht gerade ein neuer Kajak fällig wird. Das passiert etwa alle drei Jahre. Der kostet dann um die 1400 Euro. 300 Euro kommen für das Paddel hinzu, der Helm mit Schutzgitter vor Augen, Mund und Nase schlägt mit bis zu 180 Euro zu Buche, die Schwimmweste, je nach Qualität, mit rund 30 Euro. Sie wird zum Schutz des Oberkörpers vor (unbeabsichtigten) Schlägen mit dem Paddel getragen.

„Wer Geld verdienen will, muss sich einen anderen Sport suchen. Wer aber Spaß haben will, ist bei uns genau richtig“, sagt Richter, 25, der beim ACC auch den lange vernachlässigten Nachwuchs trainiert. „Und was gibt es denn im Sommer Schöneres, als auf dem Wasser zu paddeln und dabei ein bisschen Ball zu spielen?“ Diese Frage hat er vor elf Jahren für sich eindeutig entschieden. Kanupolo ist seitdem seine Leidenschaft, für den gebürtigen Göttinger sein ganz persönliches Alstervergnügen. Richter gehört wie Knoop weltweit zu den Besten seines Fachs.

Wer es wie Richter, Knoop und Lenz in die deutsche Nationalmannschaft geschafft hat, dem sind bei Euro- und Weltmeisterschaften Medaillen fast sicher. Bei den World Games 2013 in Cali (Kolumbien), den Weltspielen der nicht olympischen Sportarten, siegten die Deutschen bei Männern und Frauen wie bei den Europameisterschaften in Posen (Polen) im selben Jahr. Bei den Weltmeisterschaften in zehn Tagen in Thury Harcourt (Frankreich/Normandie) sind die deutschen Frauen Titelverteidiger. Die deutschen Männer hatten vor zwei Jahren das Finale gegen die Niederlande in der Verlängerung mit 4:5 verloren.

Die Spieltaktik des Kanupolos ähnelt der des Handballs mit Abwehrformationen, die vor ihren Toren im Halbkreis Position beziehen. Ein Torwart versucht dahinter mit erhobenen Paddel die Würfe abzuwehren. Zwei Teams mit jeweils fünf Spieler treten gegeneinander an, drei Auswechselspieler können jederzeit zum Einsatz kommen. Die Spielzeit beträgt – anstrengende – zweimal zehn Minuten. Vor dem Anpfiff warten alle Spieler an der Grundlinie, bis der Schiedsrichter den Ball in die Mitte des Spielfeldes wirft.

Das Spielfeld soll 23 Meter breit und 35 Meter lang sein, die Tore (1,5 Meter breit, ein Meter hoch) sind zwei Meter über dem Wasserspiegel befestigt. Der 400 bis 500 Gramm schwere Ball zirkuliert beim Angriff vor der gegnerischen Abwehr, so lange, bis eine günstige Wurfposition gefunden ist – möglichst an den in die Höhe gereckten Paddeln vorbei. Ein Fehlwurf eröffnet dem Gegner die Chance zum Konter. Die sind besonders gefährlich, weil die Boote der Verteidiger bereits in Fahrtrichtung stehen, die Angreifer dagegen erst aufwendige Umkehrbewegungen machen müssen.

Aber genug der Theorie! Am Sonntag können Sie sich selbst überzeugen, welch rasanter Sport Kanupolo ist. Und dass er nicht nur nach Meinung von Marco Jung perfekt in das Programm Olympischer Spiele passen würde.