Mit Sibelius, Schnittke und Mendelssohn in die Saison

Klassische Musik auf einer Landkarte zu verorten, ist oft eine sehr undankbare Aufgabe. Wo könnte Beethovens Vierte spielen, wie weit südlich der Alpen lägen Vivaldis „Vier Jahreszeiten“? Fragen dieser Art lassen sich jedoch für das Konzertprogramm, mit dem die Philharmoniker nach der Sommerpause in ihre Spielzeit starten, größtenteils ganz einfach beantworten: Denn zwei der drei Stücke wurden quasi mit musikalischer GPS-Adresse ausgeliefert, und auch das dritte entfernt sich nicht weit von diesen Sphären.

Sibelius’ „Finlandia“ hat sich von einer Herzensangelegenheit zu einer Art Nationalheiligtum entwickelt, bei dieser Sinfonischen Dichtung wird allen Finnen patriotisch ums Gemüt. In ihr vertonte Sibelius die Vaterlandsliebe und den Willen zur nationalen Unabhängigkeit. Weitaus unpolitischer, aber ähnlich hoch im Norden befindet sich die programmatische Heimat der 3.Sinfonie von Felix Mendelssohn Bartholdy. Sie ist die Vertonung von Reiseeindrücken, die der junge Komponist im Land der Kilts und Karos sammelte, prall gefüllt mit naturromantischen Anklängen. Ein selig verklärter Blick des gutbürgerlichen Abenteurers auf einer Bildungsreise, die eben nicht auf der klassischen Route in den sonnigen Süden führte.

Für Alfred Schnittkes Violakonzert lässt sich so einfach keine eindeutige Adresse finden. Der Wolga-Deutsche und spätere Wahl-Hamburger schrieb dieses stilistisch überaus unverortbare Bravourstück für den Viola-Virtuosen Juri Bashmet. Der Tradition vieler Kollegen folgend, verarbeitete er B, A, Es, C, H und E aus Bashmets Namen zu Motiven. Als dieses Stück entstand, war Schnittke noch im Vollbesitz seiner körperlichen Kräfte. Zehn Tage nach der Vollendung im Juli 1985 erlitt er den ersten von mehreren schweren Schlaganfällen. „Wie in einer Vorahnung des Kommenden entstand eine Musik mit hastigem Durchs-Leben-Jagen im 2. Satz und langsamer und trauriger Lebensüberschau an der Todesschwelle im 3. Satz“, schrieb er später in einem Werkkommentar. Den Solo-Part spielt der französische Bratschist Antoine Tamestit, es dirigiert der Norweger Eivind Gullberg Jensen.

1. Philharmonisches Konzert 28.9., 11.00, und 29.9., 20.00, Laeiszhalle. Karten zu 10,- bis 48,- unter T. 356868