Kaum etwas ist so wandelbar wie Urteile über Kunst. Zu Ururgroßvaters Zeiten, Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts, schlugen Melodramen das Publikum noch in ihren Bann. Die Verbindung von einem Erzähler, der mit hochdramatischer Geste einen Text vortrug, und einem Pianisten, der dazu musikalische Atmosphäre beisteuerte, erwies sich als breitenwirksames Erfolgsmodell. Nachfolgende Generationen waren von der Exaltiertheit des Genres dagegen eher belustigt oder befremdet; das Melodram wurde mit dem bürgerlichen Rührstück gleichgesetzt, das Wort „melodramatisch“ erhielt einen abfälligen Klang.

Doch alles kommt zurück. Ausgerechnet im Zeitalter digitaler Bildbearbeitung erlebt Opas guter alter Stummfilm mit seinen zappelnden Figuren und übertriebenen Gesten eine Renaissance. Und auch Melodramen finden sich heute wieder auf den Konzertprogrammen. Hans-Jürgen Schatz als Rezitator und Ohad Ben-Ari am Klavier erwecken nun u.a. Richard Strauss’ „Enoch Arden“ sowie weitere Spoken-Word-Performances mit Musikbegleitung von Robert Schumann und Franz Liszt zu neuem Leben.

1. Kammerkonzert 30.10., 19.30, Laeiszhalle, Kleiner Saal. Karten zu 8,- bis 36,- unter T. 35766666