Gipfel des zeitgenössischen Tanzes mit der Michael Clark Company, Eszter Salamon und Emanuel Gat

Unter Sommerfestivalleiter András Siebold fehlen die großen kulinarischen Namen im Tanz, die Cherkaouis und Shechters, Garanten für große, opulente und gerne mal synchron getanzte Gruppengemälde. Stattdessen ist die Tanzabteilung ein klares Bekenntnis zum zeitgenössischen Tanz, zum Experiment, zum Boden für aufregende Neuentdeckungen.

Eine absolute Größe ist hier der britische Choreograf Michael Clark, der sich erstmals in Hamburg präsentiert. Klassisch ausgebildet an der Royal Ballet School, aber seither konsequent auf den Spuren von Merce Cunningham wandelnd, verbindet Clark mit seiner Company aufregende Bewegungen mit einem starken Interesse an Punk und Popkultur. Sein Tanz ist geprägt von der Musik Marc Bolans und David Bowies, deren Musik er auch vielfach für seine Arbeiten nutzt.

Er steht für große, gerne einer Geometrie huldigenden Tanzabende genauso wie für Modeschauen, die er für den Modedesigner Alexander McQueen entwickelt hat. In den 1980er-Jahren wirkte er in Filmen des Experimentalregisseurs Peter Greenaway mit und übernahm in „Prospero’s Bücher“ auch die Rolle des Caliban. Clark ist bekannt dafür, eine Methode zu verwenden, deren Pädagogik schon Anna Pawlowas und Vaslav Nijinskys Virtuosentum beflügelte. In „Animal/Vegetable/Mineral“ befasst sich der Choreograf mit dem Organischen auf abstrakter Ebene. Zentrales Element ist auch in dieser Arbeit die Musik, diesmal Songs von Scritti Politti, den Sex Pistols und Jarvis Cockers Projekt Relaxed Muscle.

Das klassische Ballett hat Emanuel Gat geprägt. Der gebürtige Israeli mit Wohnsitz im südfranzösischen Istres entwickelt einen musikalischen Zugang zur Bewegung, die seinen Tanzabenden etwas Fließendes, Organisches verleiht. Das mag damit zu tun haben, dass er ursprünglich das Dirigentenfach anstrebte. Tanz steht für ihn immer in einem Spannungsverhältnis mit der Musik. „Ich habe keinen Plan oder eine Vision. Das System entwickelt sich im Arbeitsprozess“, sagt Gat. Jedes Stück von ihm ist eine Momentaufnahme. Mit „Plage Romantique“ hat er ein vermeintlich leichtfüßiges, sommerliches Thema aufgegriffen, das seine Kompanie in ein choreografisches Musical übersetzt. Die in Alltagskleidung auftretenden Tänzerinnen und Tänzer sorgen mithilfe der eigenen Stimme oder sonstiger Geräusche des eigenen Körpers und auch mal mit einer Gitarre gleich mit für ihren eigenen Soundtrack.

Ohne Musik als maßgebliches künstlerisches Mittel ist auch die Arbeit der Choreografin und Tänzerin Eszter Salamon nicht vorstellbar. Die gebürtige Ungarin entwirft exakte Bühnenräume und lädt diese visuell mit Bewegung und Musik auf. In „Monument O: Haunted By Wars (1913–2013)“ präsentiert sie Teil eins einer Serie über das Verhältnis von Choreografie und Geschichte. Salamon reflektiert 100 Jahre globaler Kriegskonflikte und verbindet sie auf der Bühne mit durchaus populären Tanzformen aus fünf Kontinenten. Schon diese Überlegung lässt einiges erwarten, einen großen, düster-surrealen Abend aus Tanz, Licht und Sound.

Natürlich ist beim Internationalen Sommerfestival Kunst aus aller Welt zu Gast, aber auch die lokale Szene zählt dazu. So zeigt die Tanzinitiative Hamburg in „The Bee Treasure“ eine Kinderhorde, die sich in ein Versteck im Unterholz zu Nagetieren, Vögeln und Bienen zurückzieht. Besuchern eröffnet sich eine eigenwillige, märchenhafte Welt. Entwickelt wird sie von der bildenden Künstlerin Isa Melsheimer, den Choreografen Frank Willens und Maria F. Scaroni. Und Richard von der Schulenburg steuert ein paar erlesene musikalische Klänge bei.

Michael Clark Company: „Animal/Vegetable/ Mineral“ 14.8. bis 16.8., jew. 20.15, 36/24/12 EuroEmanuel Gat: „Plage Romantique“ 21.8. bis 23.8., jew. 19.30, 36/24/12 EuroEszter Salamon: „Monument O: Haunted By Wars (1913–2013)“ 8./9.8., jew. 20.30, 10.8. 19.00, 24/12 EuroTanzinitiative Hamburg: „The Bee Treasure“ 20.8. bis 23.8., jew. 18.00, 19.00, Festival Avant-Garten, 8 Euro